Vorwort

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DOI

10.34663/9783945561607-01

Citation

Høyrup, Jens (2021). Vorwort. In: Algebra in Keilschrift: Einführung in eine altbabylonische geometrische Technik. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

Dieses Buch präsentiert einen wichtigen Bestandteil der babylonischen Mathematik, nämlich die Technik der sogenannten „Babylonischen Algebra“. Diese „Algebra“ ist das älteste Beispiel fortgeschrittener Mathematik, das uns erhalten ist, und deswegen wird es in den meisten Büchern über die Geschichte der Mathematik angesprochen. Die meisten dieser Darstellungen verlassen sich allerdings auf Übersetzungen und Interpretationen, die teilweise auf die 1930er Jahre zurückgehen. Das vorliegende Buch dagegen baut auf jüngeren Forschungen auf.

Die traditionelle Interpretation erlaubte es, eine Liste der von den Babyloniern erzielten Resultate zu erstellen, von den Rechnungen, die sie ausführen konnten und von den „Formeln“, die sie kannten. Weil man dabei aber von der heutigen Mathematik ausgegangen ist, war es nicht möglich, die ganz anderen Gedanken hinter den babylonischen Resultaten zu rekonstruieren. Das Ziel dieses Buchs ist es, diesen Unterschied zu beleuchten und damit zu zeigen, dass Mathematik auf verschiedene Arten gedacht werden kann.

Eine erste Version dieses Buchs wurde 1998 für dänische Gymnasiasten geschrieben1; eine überarbeitete und erweiterte Version erschien 2010 auf Französisch2. Diese Version wendet sich ebenso wie die vorliegende wiederum aktualisierte Version an alle, die sich für die Geschichte der Mathematik interessieren, aber nicht notwendig über mathematische Kenntnisse verfügen, welche über die Schulmathematik hinausgehen. Außerdem wendet es sich an Assyriologen, welche eine Einführung in das moderne Verständnis Babylonischer Mathematik wünschen.

Lehrer können das Buch zusammen mit ihren Schülern auf verschiedenen Niveaus benutzen. Ein erster Zugang (sowohl in der Lehre als auch für ein privates Studium) könnte sich auf die Gleichung ersten Grades TMS XVI #1 konzentrieren, sowie auf die grundlegenden quadratischen Gleichungen, nämlich BM 13901 #1 und #2, YBC 6967, sowie TMS IX #1 und #2. Die Einführung und die Kapitel 68 geben einen allgemeinen Überblick.

Für ein tieferes Verständnis der Sache sollte man die anderen Texte in Kap. 2 und 3 lesen, sowie die Texte TMS IX #3, AO 8862 #2, BM 13901 #23 und YBC 6504 #4 aus Kapitel 4.

Leser, die sich vom babylonischen Virus haben anstecken lassen, können alle Texte aus den Kapiteln 25 lesen und dann versuchen, mit den Texten aus Anhang A zurechtzukommen.

In Anhang B finden Leser, welche die Grundlagen der babylonischen Sprache und Grammatik (oder etwas mehr) verstehen, Transliterationen der meisten Texte aus den Kapiteln 25 und Anhang A.

Ich bin dem Institute for the History of Natural Science of the Chinese Academy of Sciences für die Einladung zu Dank verpflichtet, einen Kurs über das Thema dieses Buches abzuhalten. Dies hat mich zu einer englischen Version dieses Buches angespornt und mir erlaubt, während des Aufenthaltes die letzten Unebenheiten zu glätten.

Ich widme dieses Buch dem Andenken an Peter Damerow, der lange Zeit mein Reisebegleiter in das weite Feld der mesopotamischen Mathematik gewesen ist.

Fußnoten

Algebra på lertavler, Roskilde 1998; siehe http://ruc.dk/~jensh/Publications/1998%7Bc%7D_AlgebraPaaLertavler.pdf, besucht am 2020-08-26.

L'algèbre au temps de Babylone, Paris 2010.