5 Fokus: Architekturwissen am Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr.

Rosel Pientka-Hinz

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DOI

10.34663/9783945561027-07

Citation

Pientka-Hinz, Rosel (2014). Fokus: Architekturwissen am Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. In: Wissensgeschichte der Architektur: Band I: Vom Neolithikum bis zum Alten Orient. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

Ein liebendes Herz baut Häuser; ein hassendes Herz zerstört Häuser.
(sumerisches Sprichwort)1

Die Tätigkeit und das Wissen des Architekten oder Baumeisters in den schriftlichen Hinterlassenschaften des Alten Orients aus der 1. Hälfte des 2. vorchristlichen Jahrtausends – der sogenannten altbabylonischen Epoche – aufspüren zu wollen, stellt sich aufgrund der besonderen Quellenlage als ein schwieriges Unterfangen dar. So steht etwa einer fast unüberschaubaren Menge an detailreichen Rechts- und Verwaltungstexten verschiedenster Gattungen sowie zahlreicher Briefe sowohl privaten als auch administrativen Inhalts, deren spezifische Aussagekraft sich dem mit einer bestimmten Fragestellung Nähernden erst nach eingehenden, oftmals allein kaum zu bewältigenden Studien erschließt, auf der anderen Seite das gänzliche Fehlen architekturbezogener Abhandlungen in wissenschaftlicher Form gegenüber. Wirft ersteres Textkorpus viele kleine Schlaglichter auf die Praxis des altbabylonischen Bauwesens, bleibt uns die Sicht auf eine bautechnische Theorie schlechthin verwehrt.

Nichtsdestotrotz soll im folgenden versucht werden, die Person und gesellschaftliche Stellung des altbabylonischen Architekten, sein spezielles Wissen und seine herausragenden Fähigkeiten in den Mittelpunkt der Untersuchung zu stellen. Steht doch das besondere Renommee dieses – nach der griechischen Etymologie – als „oberster Handwerker“ oder „Baumeister“ verstandenen Spezialisten auch innerhalb der altorientalischen Kultur außer Frage – zumindest nach dem sumerischen Streitgespräch Hacke und Pflug zu folgern, im Verlaufe dessen sich die einfache Hacke als das für jegliche Kulturtätigkeit schlechthin unentbehrliche Arbeitsinstrument preist2 und somit indirekt das Bauwesen (Wasser-, Haus-, Straßen- und Brunnenbau) als „erstes Handwerk“ noch über die den Menschen ernährende Agrarkultur stellen möchte.3

„He du Hacke, du Hacke, du Hacke, Sehnenumwundene,

Hacke Pappelholz, Kornelkirschenzacke,

Hacke Tamariskenholz, Seebaumzacke,

Hacke Zweizack, Vierzack,

Hacke Armenkind, Körper selbst ohne einen Lappen [d. h. Futteral] –

Die Hacke wollte – heissa! – mit dem Pflug einen Streit beginnen,

Die Hacke, die dem Pflug einen Wettstreit angetragen,

Die Hacke also sprach zum Pflug:

Pflug, ziehst du eine lange (Furche), was soll’s, dein Langes?

(Pflügst) du im Viereck, was soll’s, dein Viereck?

Wenn das Wasser übergeflutet ist, kannst du’s (doch) nicht eindämmen,

Du kannst die Tragkörbe nicht mit Erdreich füllen,

Du mischst keinen Lehm, streichst keine Ziegel,

Legst kein Fundament an, baust keine Häuser,

Du ergänzt nicht den Unterbau einer verfallenen Mauer,

An das Dach des Rechtschaffenen setzt du kein Haus.

Pflug, du legst nicht einmal eine breite Straße schnurgerade an.

Pflug, ziehst du eine lange (Furche), was soll’s, dein Langes?

(Pflügst) du ein Viereck, was soll’s, dein Viereck?

(Entgegnung des Pfluges)

(…) Hacke, die boshaft Löcher macht, Zacke, die böse zerreißt,

Hacke, die bei der Arbeit über den Lehm hinweggestrichen ist,

Hacke, die ihren Kopf ins Feld gesteckt hat,

Hacke, und (nur) in der Ziegelform, im Lehm verbringt sie den Tag, keiner hat

je sie gesäubert.

Grab nur den Brunnen, grab nur Löcher, du mit (deinem) Bauchnabel (ein

Loch in der Klinge für den Schaft), grabe nur! (…)

Da sprach die Hacke zum Pflug:

Pflug, mein Kleiner, was soll’s, mein Ziehsohn, was soll’s, mein …, was soll’s?

Bei (dem obersten Gott) Enlil habe ich Vorrang vor dir,

Im Hause Enlils hat man mich vor dich gesetzt.

Ich mache die Kanäle, ich mache die Bewässerungsgräben,

Ich fülle alle Fluren mit Wasser.

Wenn er in all den Hors das Wasser zum Überlaufen gebracht hat,

Wird der Tragkorb, mein Sohn, es …

Wenn der Fluß, wenn ein Kanal durch (den Deich) gebrochen ist,

Wenn ein riesiger Wasserschwall zum Überfluten herankommt,

Wenn ringsherum ein Sumpf entstanden ist,

Dann ziehe ich, die Hacke, einen Deich herum. (…)

Pflug, du hast mich beleidigt (mit den Worten) ‚grabe, grabe nur ein Loch‘.

In der Steppe, dem trockenen Gelände, wo es kein Wasser gibt,

Habe ich doch ihr Süßwasser hervorgegraben,

So daß der Durstige (sich) über den Rand meines Brunnens [beugt und] sein

Leben rettet. (…)

Da sprach Enlil zur Hacke:

‚Hacke, du darfst nicht so hochfahrend über ihn (den Pflug) zürnen,

Du darfst dich nicht so hochfahrend gegen ihn gehen lassen!

O Hacke, deren Aufseherin doch wohl (die Göttin) Nisaba ist, deren

Inspektorin doch wohl Nisaba ist,

Der Schreiber wird, wie bekannt, dir die Arbeit, ‚erheben‘, dir die Arbeit ‚erhe-

ben‘:

Diese Hacke hier 5 Sekel, jene da 10 Sekel – das wird er dir abrechnen,

Diese Hacke hier 1/3 Mine, jene da 1/2 Mine – das wird er dir abrechnen.

Dienstbeflissen wie eine Sklavin verrichtest du das aufgetragene Pensum‘.

Die Hacke, die dem Pflug einen Wettstreit angetragen hat –

Weil die Hacke dem Pflug überlegen ist,

Sei Nisaba gepriesen!“

Gott Enlil schlichtet den Streit, indem er beide Werkzeuge dem breiten Ressort der Getreide- und Schreibergöttin Nisaba zuweist – somit einer Domäne, die der Wirtschaftsverwaltung am nächsten kommt.4 Es wird sich zeigen, dass Wirtschaft und Bauwesen der altbabylonischen Epoche Hand in Hand gehen.

5.1 Raum, Zeit, Quellen

Mesopotamien, Land zwischen Euphrat und Tigris, sowie die angrenzenden Steppen- und Bergregionen, von jeher Heimat und Durchzugsland verschiedenster Völker, waren in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends Schauplatz einer weitreichenden sozio-kulturellen Umwandlung – hervorgerufen durch die Einwanderung amurritischer Nomadenstämme. Diese vier Jahrhunderte, die sich vom Niedergang der 3. Dynastie von Ur (1938 v. Chr.) bis zum Ende der 1. Dynastie von Babylon (1531 v. Chr.) erstrecken, werden konventionell als die „altbabylonische Zeit“, historisch treffender als „amurritische Periode“ bezeichnet.5 War dabei das politische Bild Babyloniens bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts durch eine Vielzahl lokaler Königtümer geprägt, die teilweise neben- und im Konflikt zueinander standen6, so zeigt sich fortan eine neue Tendenz zur Ausbildung großräumiger politischer Verhältnisse, die im Reich Ḫammu-rapis von Babylon (1728–1686 v. Chr.) gipfelte.7 Gleichzeitig entstand im Norden und Nordwesten ein weiträumiges und machtvolles Reich, begründet durch den ebenso wie Ḫammu-rapi einer amurritischen Dynastie entstammenden Samsī-Addu von Assyrien (Obermesopotamien).

Sich heute dem Wissenshorizont der Menschen dieser Zeit nähern zu wollen, bedeutet, sich insbesondere des Neben- und Miteinanders verschiedener Völker mit teils divergierendem kulturellen Hintergrund bewusst zu sein. Dementsprechend wird die altbabylonische Epoche in drei Phasen unterschiedlicher politisch-kultureller Prägung eingeteilt. Zu Beginn steht die sogenannte frühaltbabylonische Periode der Isin-Larsa-Zeit, die noch ganz in der Tradition des sumerischen Staates der 3. Dynastie von Ur verharrte und dessen kulturelles Erbe in vielerlei Hinsicht fortführte. Die klassische altbabylonische Epoche, Regierungszeit der amurritischen Könige Ḫammu-rapi und Samsu-iluna von Babylon, anfänglich zeitgleich mit dem großen Herrscher eines geeinten Süd- und Mittelbabylonien namens Rīm-Sîn I. von Larsa8 sowie Zimrī-Līm, dem Herrscher des euphrataufwärts gelegenen Reiches von Mari9, war geprägt durch staatlich autorisierte Neuerungen („Reformen“), die Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig veränderten. Schließlich fanden in der ausgehenden altbabylonischen Epoche, der spätaltbabylonischen Zeit, durch den dauerhaften Verlust Süd- und später auch Mittelbabyloniens kulturelle Verschiebungen statt, die nicht zuletzt einen Wissenstransfer sumerischer Artung in den vorwiegend semitisch geprägten Norden des Landes mit sich gebracht haben werden.10 Zudem bleibt darauf hinzuweisen, dass vielleicht bisher überwiegend mündlich tradierte Kompositionen gerade in dieser unruhigen, vom kulturellen Umbruch bedrohten Periode verstärkt Eingang in die schriftliche Überlieferung gefunden haben.11

Ein neues Staatswesen mit einer ausgeprägten Privatwirtschaft neben der schon länger bestehenden Palast- und Tempelwirtschaft brachte entsprechend vielseitige Urkunden des Privatrechts sowie neben den Königs- und Beamtenbriefen auch private Korrespondenz jeder Art hervor. Dabei ist das altbabylonische Rechts- und Verwaltungssystem besonders gut dokumentiert. Tausende von Rechtsurkunden sowie Gesetzestexte, dazu die Aussagen von mehr als 5000 Briefen, zahlreichen Wirtschaftsurkunden und schließlich mathematischen sowie literarischen Texten geben differenzierte Einblicke in das kultur-historische Geschehen Mesopotamiens in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Der Großteil der schriftlichen Hinterlassenschaften stammt dabei aus dem nordbabylonischen Sippar, in Mittel- und Südbabylonien aus Nippur, Ur und Larsa. Weniger Texte sind aus Uruk, Kiš, Dilbat, Kisurra, Isin, Kutalla sowie im Dijāla-Gebiet aus Ešnunna und Nērebtum überliefert. Schließlich bilden die Palastarchive aus dem am oberen Euphratlauf gelegenen Mari eine besonders reichhaltige eigene Gruppe altbabylonischer Überlieferung. Bezüglich der zeitlichen Verteilung konzentrieren sich die Urkunden hauptsächlich auf die mittlere altbabylonische Zeit, beginnend mit Rīm-Sîn von Larsa und Sîn-muballiṭ von Babylon bis hin zu Ḫammu-rapi und Samsu-iluna von Babylon, in deren aufwändiger Regierungszeit die meisten Dokumente entstanden sind.

Das intellektuelle Wissen der altbabylonischen Zeit wird zudem aus folgenden Quellen gespeist: zum einen dem traditionell in den Schulen bzw. privatem Schulunterricht überlieferten Wissen, welches mittlerweile auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken und als eine Symbiose aus sumerischem sowie akkadischem Kulturgut aufgefasst werden kann, zum anderen aber auch den weniger verschriftlichten als vielmehr mündlich weitergegebenen Erfahrungswerten akkadischer, nun auch amurritischer Landesbewohner.

Kein anderer als Ḫammu-rapi selbst musste sich der schwierigen Aufgabe stellen, unterschiedliche Kulturbereiche miteinander in Einklang zu bringen. Denn mit der Eroberung des südbabylonischen Reiches von Larsa in seinem 30. Regierungsjahr erweiterte er als „König von Sumer und Akkad“ nicht nur sein Herrschaftsgebiet in politischer Hinsicht, sondern übernahm gleichzeitig auch die Verantwortung für die Pflege neuer Kulte und der damit einhergehenden religiösen Vorstellungen, fand direkten Zugang zu althergebrachtem Wissen südbabylonischer Schreiberschulen. Durch die Annektierung des bis dato sumerisch geprägten Südens fand sich der neue Herrscher als Mittler zwischen zwei Kulturen. Auf der einen Seite stand der König ganz in seiner amurritischen Herrschaftslinie, pflegte und ehrte das Gedächtnis seiner Vorfahren und damit seine eigene Stammeszugehörigkeit wie kein anderer, auf der anderen Seite betonte er seine südbabylonischen Vorstellungen entsprechende göttliche Erwählung als neuer Herrscher über das Reich von Larsa samt dessen sumerischer kultureller Leistungen.12

Wurden die fremden Bevölkerungsgruppen der Nomaden, zu denen auch die Amurriter (sumerisch Martu) zählten, in sumerischen literarischen Texten mit dem ihr Nomadentum charakterisierenden Vermerk beschrieben als solche, „die keine Städte und keine Häuser kennen“, „die keine Gerste kennen“, „die Trüffel am Rande des Berglandes ausgraben, (aber die für den Ackerbau typische Arbeitshaltung des) Knie Beugens nicht kennen“, „die ungekochtes Fleisch essen“, „die zeitlebens kein Haus haben (und) wenn sie gestorben sind, nicht (darunter) bestattet werden können“13 – so hatte sich Ḫammu-rapi nach einer nunmehr rund hundertjährigen Familiengeschichte in der Regierungsführung Babylons von solchen Klischeevorstellungen,14 die der Sesshafte von dem unsteten Nomaden hatte, sicherlich längst gelöst.15 Dennoch zeigt sich deutlich das Selbstbewusstsein des mesopotamischen Stadtbewohners am Ende des 3. zum Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Die Architektur zählte demnach neben einer fortschrittlichen Agrar- und Küchenkultur sowie den angemessenen religiösen Riten, die insbesondere einen im Wohnhaus angesiedelten Ahnenkult vorsahen, zu den konstituierenden Elementen städtischer Kultur.

5.2 Sesshafte und Nomaden

Da der Fuchs sein eigenes Haus nicht bauen konnte, stand er beim Haus seines Freundes Mörtel anrührend zur Verfügung.“
(sumerisches Sprichwort)16

Mit dem Eindringen amurritischer Nomadenstämme aus den westlichen Wüstensteppen in die bis dato primär von Sumerern und Akkadern bewohnten Gebiete des Vorderen Orients mischte sich die seit langem bestehende „urbane“ Kulturlandschaft Babyloniens bis zur Region des Mittleren Euphrat nach und nach mit neuen Bevölkerungsgruppen, die sich insbesondere aufgrund ihrer zumindest periodisch umherziehenden Lebensweise (Halbnomadentum neben Transhumanz)17 vom Naturell der Sesshaften mehr oder weniger stark unterschieden haben müssen.18 Obwohl amurritische Führungspersönlichkeiten zu Beginn des 2. Jahrtausends zuerst in Babylonien, in der Folge auch am Mittleren Euphrat politische Schlüsselfunktionen übernehmen konnten (s. u.), bleiben die Ausmaße einer eventuellen Einflussnahme auf besondere urbane Domänen wie etwa das in diesem Beitrag diskutierte Handwerk weitgehend im Dunkeln.19 Die vielversprechenden Keilschriftarchive aus Mari, ansonsten aufschlussreichste Quelle zu Lebensweise, Sitten und Wanderungen der Nomaden im Bereich des Mittleren Euphrat, geben wenig Hinweise, welche auf einen Wissenstransfer aus den Stammesgesellschaften der Amurriter in die Städte des Vorderen Orients schließen lassen könnten. Vielmehr lassen sich die Beziehungen zwischen den beiden Parteien als solche rein ökonomischer Art auf der Basis eines regen Tauschhandels definieren, wobei die Nomaden Überschussprodukte aus Kleinviehzucht, Jagd und Sammeltätigkeit (Trüffel), aber auch aus eigener Weberei gegen in den Städten hergestellte Luxus- und Bedarfsgüter tauschten. Nomadische Dienstleistungen beschränkten sich auf Hüte-, Boten- und Führertätigkeiten sowie Militär- und Frondienst.20

Betrachtet man das leider nur rudimentär überlieferte amurritische Vokabular, welches in die akkadische Überlieferung in Form von Lehnwörtern Eingang gefunden hat, sorgfältig, finden sich tatsächlich wenige Begriffe, die auf ein eigenes Architekturwissen schließen lassen könnten, im Gegenteil wird die amurritische „Leichtbauweise“ (Zeltlager) hervorgehoben.21

Interessanterweise hat sich im Akkadischen für die Tätigkeit des „Wohnens“ selbst ein eigenes amurritisches Verbum (sakānu „sich niederlassen, wohnen“) mit mehreren Ableitungen (maskanu „Wohnung“, maskanû „Einwohner“, sakkanum „Residenz“, saknum „(Feld-) Lager“, sikkanum „Stele“)22 bewahrt und steht somit im Kontrast zum genuin akkadischen Basisverbum wašābum „wohnen“. Offenbar werden zwei unterschiedliche Qualitäten des Wohnens, die in verschiedenen Milieus stattfanden, nebeneinandergestellt.23 Zudem ist es besonders bezeichnend, dass das amurritische Wort für den „Nomaden“ per se einen „Zeltbewohner“ (ḫanû)24 beschreibt (man vergleiche die aus dem Arabischen entlehnte Bezeichnung „Beduine“ [„Wüstenbewohner“]). Ergänzend findet sich ein weiterer Begriff für den schnell aufgestellten Unterschlupf: maškabu „(Nacht-)Lager, Unterstand“.25 Selbst die für die Kleinviehherden geschaffenen „Hürden“ (ḫaṣiru, Pl. ḫaṣirātu)26 waren weniger stabil als diejenigen der Sesshaften.27 Eigene amurritische Fachtermini aus dem Bereich der Weberei (nasāku „weben“, hūnatu „eine Weberin“)28 zeugen zudem von einem speziellen Wissen, welches ebenfalls in die Gestaltung nomadischen Wohnraums eingeflossen sein könnte.

Diese und weitere überlieferte amurritische Begriffe stammen nach Streck (2000, 83ff.) aus dem Bereich der „sprachlichen Bedarfsdeckung“ (in Bezug auf die akkadische Sprache), d. h. sie geben für die Amurriter typische Strukturen, Tätigkeiten und Dinge wider, für welche im Akkadischen Wörter fehlen. So sind Begriffe für Stammesorganisation, Viehzucht und Nomadenlager zu erwarten, daneben finden sich differenzierte topographische Bezeichnungen, typische Berufe und Tätigkeiten (Jagd, Botendienst, Weberei) sowie rechtliche und religiöse Termini. Die geringe Anzahl von Realienbegriffen zeigt hingegen deutlich, welchen Stellenwert die materielle Kultur der Nomaden für die Sesshaften besaß.

Neben der gerade nicht an einen bestimmten Ort gebundenen Lebensweise zeichneten sich die Amurriter insbesondere durch ihren Orientierungssinn und eine große Beweglichkeit im offenen Gelände sowie hervorragende militärische Fähigkeiten aus. Aus diesem Grunde bereits am Ende des 3. Jahrtausends von sumerischen Königen für den Schutz der Städte angeheuert, war es den Amurritern möglich, sich schrittweise in Babylonien niederzulassen und zu akkulturieren, ein Prozeß der nach Zusammenbruch des sumerischen Staates so weit fortgeschritten war, dass die ehemaligen amurritischen Nomaden sogar die politische Macht in zentralen babylonischen sowie syrischen Städten übernehmen konnten. Reminiszenzen an dieses besondere Militärwissen finden sich in hohen altbabylonischen Rangbezeichnungen wie „General“, wörtlich „Chef der Amurriter“ (šāpir Amurrim = UGULA MAR.TU) bzw. „Großer der Amurriter“ (rab Amurrim = GAL MAR.TU), sowie eine Art „Militärschreiber“, wörtlich „Schreiber der Amurriter“ (ṭupšar Amurrim = DUB.SAR MAR.TU).29

War also gerade das kennzeichnende Merkmal städtischer Architektur – die schützenden Mauern – den Nomaden fremd bzw. wurde von diesen aus der den Städtern entgegengesetzten Perspektive, nämlich von außen, wahrgenommen, impliziert eine solche Sichtweise nicht automatisch eine völlige Ignoranz architekturbezogenen Wissens. Wie bereits von den Sumerern im Zuge der vergeblichen Errichtung der sogenannten „Amurritermauer“ – einer massiven Mauer, welche die in das Land Sumer einfallenden Nomadenstämme abwehren sollte30 – schmerzhaft erfahren, ließen sich die Amurriter nicht durch solche Wälle vom weiteren Vordringen in die fruchtbaren Flussebenen aufhalten. Selbst weitaus massivere und militärtechnisch besser zu verteidigende Stadtmauern konnten den Nomadenangriffen oftmals nicht standhalten. Waren es doch gerade die Amurriter, die besonders wirksame Methoden entwickelten, um Mauern zu überwinden oder gar einzureißen. Besondere amurritische Begriffe für Belagerungsgeräte zeugen von diesem speziellen Wissen der Nomaden, insbesondere ḫumūdā/īyu „Belagerungsstege/-leitern“31 und yāšibu „Rammbock, Mauerbrecher“.32 Solches und anderes Kriegsgerät33 – vor allem hölzerne Rammböcke verschiedener Größen mit bronzenen Köpfen und Spitzen sowie bis zu sechs Meter hohe hölzerne Belagerungstürme (dimtum)34 – kam insbesondere im syrischen Raum seit dem 3. Jahrtausend zum Einsatz, verbreitete sich in altbabylonischer Zeit mit dem Aufkommen der Amurriter auch in Babylonien selbst und wurde schließlich von den Assyrern des 1. Jahrtausends zur Perfektion gebracht.35

Der Absender eines Briefes an den Fürsten von Ešnunna (Tell Asmar), der Hauptstadt des Dijāla-Gebietes, weiß von amurritischen Belagerungen aus den Anfängen der altbabylonischen Zeit zu berichten36:

„Zu meinem Herrn sprich: Die Truppen sind wohlauf. Die Stadt ist sicher. Die Besatzung meines Herrn ist stark. Selbst wenn sich die Amurriter 10 Jahre lang feindlich verhalten sollten und 10 Rammböcke, 10 Belagerungstürme und 20 samūkānu-Geräte herbringen sollten, ich werde in meiner Stadt stark bleiben. Mein Herr möge sich nicht sorgen!“

Razzien umherziehender Nomadenstämme verwüsteten dennoch immer wieder Stadt und Umland der Seßhaften, waren in ökonomischen Krisenzeiten, in denen die Nomaden schlechthin zu Übergriffen gezwungen waren, besonders gefürchtet.37 So fand auch das amurritische Fremdwort ḫamāsum „plündern, Bäume fällen“ Eingang in das akkadische Sprachgut.38 In ähnlicher Weise haben sich die Nomaden durch spezielle Jagdtechniken hervorgetan39, u. a. durch den einheimischen Ausdruck für eine „Fanggrube“ (saḫātu)40 bezeugt. Doch abgesehen von Jagd- und Kriegsgerät scheinen – vielleicht unter dem Einfluss amurritischen Lebensgefühls – kreative Neuerungen ganz anderer Art den orientalischen Lebensraum bereichert zu haben: besonders lebendige, naturnahe und variantenreiche Darstellungen in der Wandmalerei41 sowie die völlig neue Kunstgattung der sogenannten Terrakotten, aus Modeln gedrückte plastische Wiedergaben verschiedenster Szenerien mit einer besonderen Vorliebe für Alltagsdetails.42 Nicht nur die Paläste der amurritischen Könige, auch die Wohnräume der einfachen Bevölkerung wurden, womöglich inspiriert durch ehemals naturverbundene nomadische Lebensweisen, detailreicher und bunter.43

5.3 Das Wissen der Gelehrten und Handwerker

Die in altbabylonischer Zeit vollzogene Vereinigung der sumerisch-akkadischen Kultur des 3. Jahrtausends mit derjenigen der Amurriter führte zu interessanten Entwicklungen auf verschiedenen Gebieten, insbesondere der intensiven Verschriftlichung althergebrachter Traditionen neben dem Verfassen neuartiger literarischer Gattungen wie wissenschaftlicher Literatur (in Omenform) sowie mathematischen und geometrischen Texten.44 Vermehrt unterrichteten neben Priestern auch Schreiber zuweilen als Angestellte des Palastes oder eines Tempels, nun aber auch immer häufiger in privater Umgebung kleine Schülergruppen nach einem mehr oder weniger einheitlich gehaltenen Curriculum.45 Die in der vorangegangenen neusumerischen Epoche durch den Bedarf eines riesigen zentralen Verwaltungsapparates entstandenen Ausbildungsstätten zukünftiger Beamter – nämlich die die Ur III-Zeit kennzeichnende Instanz der von einem „Meister“ (UM.MI.A) geleiteten staatlichen „Schule“ (É.DUB.BA.A, wörtlich: „Haus, in dem Tafeln zugeteilt werden“),46 die ganz auf die Bedürfnisse des Palastes ausgerichtet war47 und in der den Kindern nach strengen Regeln Schreiben, Lesen und Rechnen vermittelt wurde – scheint zur altbabylonischen Zeit, einer Zeit also, in der ein privater Wirtschaftssektor verstärkt in den Vordergrund drängt, auszusterben.48 Der pädagogische Anspruch ehemals unter staatlicher Kontrolle geführter Schulen, in denen auch die Weitergabe von Kultur, Religion, Normen, Werten und Interpretationsmustern vorgesehen war und in denen die Kinder somit zu moralisch-ethisch verantwortungsvollen Menschen erzogen werden sollten,49 wurde nun auf gelehrte Privatpersonen der altbabylonischen Gesellschaft übertragen.

Im Zuge des Unterrichtes spielte immer die Mehrsprachigkeit ein große Rolle. So waren die Kinder in den Schulen des ausgehenden 3. und zu Beginn des 2. Jahrtausends unter Androhung von Schlägen dazu angehalten, ausschließlich Sumerisch zu sprechen – die altehrwürdige Sprache des Landes Sumer, die demnach bereits in der sogenannten neusumerischen Zeit nicht mehr von allen Landesbewohnern als ihre Muttersprache angesehen und bereits vom Akkadischen als Umgangssprache abgelöst wurde.50 Waren auch viele Zeitgenossen der anschießenden altbabylonischen Epoche zweisprachig, wobei nun Akkadisch als Schriftsprache neben dem Amurritischen als vielerorts gesprochene Sprache gestanden haben mag,51 so haben sich die schreibenden Eliten weiterhin in den klassischen, sich in vielen Bereichen überlagernden Sprachen Sumerisch und Akkadisch mitgeteilt52, wurde dementsprechend auch weiterhin vornehmlich sumerisches und akkadisches Wissen tradiert.

Ist vielleicht neben ökonomischen Belangen gerade diese den Alten Orient durchdringende Mehrsprachigkeit und Multikulturalität als Auslöser einer intensiven Verschriftlichung des bisher hauptsächlich durch mündliche Überlieferung tradierten altherkömmlichen Wissens zu verstehen und hat die nun vermehrt durch den Schulunterricht organisierte Vermittlung solcher Traditionen effektiv zur Bewahrung und Weiterentwicklung sowohl des kollektiven als auch sehr speziellen Wissens geführt,53 stellt sich hinsichtlich des zu untersuchenden Architekturwissens die Frage nach einem möglichen Zusammenhang des hauptsächlich durch Schreiber durchgeführten Schulunterrichtes und einer Architektenausbildung im 2. Jahrtausends v. Chr. Konnten die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Architekten analog zu anderen handwerklichen Berufen allein vom Vater auf den Sohn weitergegeben worden sein und waren somit nicht Teil des verschulten Wissens? Oder anders ausgedrückt, ist für die Ausbildung zum altbabylonischen Architekten ein höheres akademisches Studium vorauszusetzen?

In der Anfangsphase lernten alle Jungen, seltener Mädchen, Lesen und Schreiben auf dieselbe Art und Weise, unabhängig davon, welcher weiterführenden Ausbildung sie später nachgehen würden. Nach dieser bereits mehrjährigen, genau gestaffelten Grundausbildung folgte eine Phase der Praxisorientierung und Spezialisierung. Diejenigen von ihnen, welche nach Abschluss einer entsprechenden Schulung des Lesens und Schreibens mächtig waren, administrative Texte, Verträge, Briefe und Urkunden verfassen sowie zumindest elementare Mathematikkenntnisse vorweisen konnten, wurden mit dem Titel „Schreiber“ (DUB.SAR = ṭupšarru) bzw. „Schreiberin“ (tDUB.SAR = ṭupšarratu)54 in die Berufswelt entlassen und fanden zumeist durchschnittlich bezahlte Posten in der Verwaltung,55 manche machten Karriere.56

Erst in einer späteren Phase zeigte sich, ob ein Schüler dazu in der Lage war, die „geisteswissenschaftliche“ Laufbahn eines den alten Kultursprachen und deren Überlieferung verschriebenen Gelehrten oder womöglich auch die eines technisch besonders versierten Fachmannes einzuschlagen. In ersterer stand primär das Studium schwieriger lexikalischer Listen sowie literarischer, religiöser oder auch juristischer und historischer Schriftwerke im Mittelpunkt. Ein höheres Studium der Mathematik mit allen Rechenarten, Algebra, Geometrie und Maßsystemen (Metrik) mag von einer anderen Klientel absolviert worden sein. Erstmalig in der altbabylonischen Periode in großer Zahl verfasste mathematische Texte zeugen von einem hohen Sachverstand im Bereich dieser Disziplin.57 Je nach intellektuellen Fähigkeiten58 sowie Anforderungen des gewählten Berufes durchliefen die Schüler also eine mehr oder weniger intensive Schulausbildung, nur wenige studierten das gesamte Wissen eines gewählten Faches und durften sich am Ende „Gelehrter, Meister“ (UM.MI.A = ummiānu) nennen und wiederum Vorstand einer Schule werden.

Altbabylonische Texte, die uns direkten Einblick in die näheren Umstände derartig qualifizierter Berufsausbildungen gewähren könnten, fehlen bisher. Die uns zur Verfügung stehende Fachliteratur bestimmter Spezialisten der magisch-religiösen Sphäre, wie sie die „Wahrsager“ bzw. „Opferschauer“ (MÁŠ.ŠU.GÍD.GÍD = bārû) und „Beschwörungspriester“ bzw. „Exorzisten“ (wāšipu)59 hinterlassen haben und welche die Substanz mesopotamischer Wissenschaft darstellt60, verrät uns jedoch den besonders hohen Ausbildungsgrad zumindest mancher dieser Gelehrten.61 Die aufgefundene private Bibliothek eines Beschwörungspriesters zeigt uns zudem, dass das Interesse einer solchen Persönlichkeit weit über fachinterne Wissensinhalte hinausgehen konnte, deckt vielmehr den intellektuellen Hintergrund eines Universalgelehrten des 2. Jahrtausends v. Chr. auf.62 Neben dieser insbesondere auf die alles umfassende Divination und Kommunikation mit den Göttern ausgerichteten Gelehrsamkeit63, genossen Fachleute mit besonderen technologischen Qualifikationen ein großes Ansehen. Da das Vermessen von Landparzellen selbst in der Königsideologie als eine herausragende Fähigkeit beschrieben wird, mögen zu denjenigen Spezialisten mit dem höchsten mathematischen Wissen „Landvermesser“ verschiedenster Titel wie die hohen „Katasterbeamten“ šassukkum (= SA12.DU5)64 oder der erst ab der altbabylonischen Zeit bekannte zazakku (= DUB.SAR.ZAG.GA)65 gezählt haben.66 Belege für „Astronomen“ wären als weitere Vertreter der „exakten Wissenschaften“, die mathematische Methoden anwandten, schon allein hinsichtlich der spätaltbabylonischen Venusbeobachtungen zu erwarten,67 sind jedoch bisher nicht greifbar.68 Begnadete Handwerker und Künstler wie Schmiede, Lederarbeiter, Siegelschneider oder auch Maler, die wertvolle Materialien in ihrer Form verändern und darin ebenso nach Vollkommenheit trachten konnten, genossen in gleichen Maßen eine große Wertschätzung bei Herrscher sowie Bevölkerung, auch die Besten solcher Handwerkskünste verdienten sich den Titel eines „Meisters“ (UM.MI.A = ummiānu). Im Laufe der Jahrhunderte entstanden dabei regelrechte Dynastien von Spezialisten, in deren Verlauf das jeweilige Metier – sei es das eines gelehrten Geistigen oder das eines versierten Technikers – stets vom Vater auf den Sohn übertragen wurde.69

Weder Architekten noch ihr spezielles Wissen werden in der 1. Hälfte des 2. Jahrtausends jemals im Zusammenhang mit einer Schreiber- bzw. Schulausbildung genannt; dieses Schicksal teilen sie etwa mit dem Ärztestand.70 Bisher kennen wir auch keinen vergleichbaren Fall wie etwa den eines „Opferschauers“ aus Mari71, eines „gudapsû-Priesters“ aus Ur72 oder auch eines „Oberklagepriesters“ (GALA.MAḪ) aus Tell ed-Dēr73, allesamt Spezialisten, die ihr Fachwissen mit integrierter Grundausbildung selbständig an ihre Nachfahren und Schüler weitergaben. Keilschrifttexte architektonischen Inhalts gehörten eindeutig nicht zum wissenschaftlichen Traditionsstrom, der ganz auf die Belange der für das Staatswesen und den Herrscher unentbehrlichen Divination ausgerichtet war. Dennoch lassen einige wenige Hinweise darauf schließen, dass manche besonders gut ausgebildete Baumeister sehr wohl über spezielle Kenntnisse verfügten, welche weit über dem Durchschnittswissen eines gewöhnlichen Bauarbeiters standen und in der Gesellschaft hoch geschätzt wurden.

5.4 Das Bauprogramm

Die Baumotivation, die sicherlich zu Beginn eines jeden Bauprojektes stand, konnte ganz profaner Art sein – sei es zum Schutz des Hausbauers und seiner Familie, zur Aufbewahrung von allerlei Gütern oder zu landwirtschaftlichen Zwecken. Besondere Absichten verfolgte jedoch der altorientalische Herrscher, Absichten, die in seinen Inschriften klangvoll zum Ausdruck kommen.

Jahresdatenformeln, die ein besonderes Ereignis des vorangegangenen Jahres zur Benennung des aktuellen Jahres dokumentierten, auf verschiedensten Gegenständen angebrachte Gedenkinschriften sowie die Götter oder auch den Herrscher preisende Hymnen – all diese im allgemeinen als „Königsinschriften“ bezeichneten Texte verfolgten insbesondere das ihnen gemeinsame Ziel der Königsverherrlichung und Hervorhebung der königlichen Frömmigkeit sowie die Bewahrung des herrschaftlichen Namens auch für kommende Generationen. Sie sind als Zeugnis „für das Selbstverständnis altorientalischer Herrscher, ihre Legitimation, ihr Verhältnis zu den Göttern, aber auch zu den Untertanen und für das Konzept von Königtum überhaupt“74 zu bewerten. Der Ruhm um die Errungenschaften eines jeden Herrschers erstreckte sich dabei über die von der Königslegitimation geforderten hauptsächlichen Aufgaben, denen sich der König als Stellvertreter der Götter auf Erden widmen sollte. Als erfolgreicher Kriegsherr und Beschützer seines Volkes war ihm die Sicherheit seines Landes ans Herz gelegt, als Bewahrer von Recht und Ordnung sorgte er für ein harmonisches Miteinander, um schließlich als Bauherr und Versorger der Götter die Landwirtschaft und Stadtkultur und damit letztendlich die Lebensqualität im Land verbessern und religiöse Ansprüche befriedigen zu können.

Baumaßnahmen an Tempeln, Stadtmauern und Kanälen waren neben der Stiftung von Weihgaben besonders dazu geeignet, dem Herrscher eine positive und langanhaltende Tradierung seines Namens zu verschaffen. So suchten die altbabylonischen Könige auch intensiv auf diese Weise die Wertschätzung der Götter und des Volkes – deutlich wird der erwünschte Effekt etwa in einer anlässlich des Mauerbaus von Sippar formulierten Bauinschrift Ḫammu-rapis von Babylon:

„Für mein Leben werden sie (die Einwohner Sippars) gewiß beten. Was den Gott Šamaš, meinen Herrn, und die Göttin Aja, meine Herrin, erfreut, habe ich wirklich getan. Meinen guten Namen tagtäglich gleich (dem eines) Gott(es) anzurufen, so daß er auf ewig nicht vergessen werde, habe ich wahrlich in den Mund der Menschen gesetzt.“75

Demnach berichten altbabylonische Inschriften und Jahresdatenformeln in abwechselnder Reihung von Baumaßnahmen an Tempeln, Mauern und Festungen, seltener der Errichtung von Speichern, zudem von Kanalarbeiten und schließlich der Stiftung von Kultgegenständen.

Die Vergabe des eigenen Namens als Bestandteil der Benennung einer erbauten Festung oder eines gegrabenen Kanals war dem Renommee des Herrschers besonders zuträglich. Kanäle namens „Ḫammu-rapi ist die Fülle der Menschen“76 sowie der sicherlich auch apotropäisch aufzufassende Name der Stadtmauer von Sippar „Auf Geheiß des Gottes Šamaš möge Ḫammu-rapi keinen Gegner haben!“77 gedenken der Rolle des Herrschers als Stifter von Zivilisation und Wohlstand.78

Im Gegensatz zum herrschaftlichen Bauprogramm standen private Interessen der Bevölkerung, die sich vor allem im Haus- und Brunnenbau manifestierten. In dieser Hinsicht ist die Bedeutung des Konzeptes „Haus“ (bītum) hervorzuheben, welches neben dem eigentlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude primär die Gemeinschaft der Hausbewohner, die Familie und deren Abkömmlinge darstellte. Die unter dem Fußboden angelegten Grabgewölbe betonten dabei die bestehende Kontinuität zwischen den Lebenden und deren Ahnen in besonderer Weise.79 Gleichermaßen mögen die aufgefundenen Architekturmodelle in einen solchen Hauskult bzw. eine Ahnenverehrung eingebunden gewesen sein.80

Ein kurzer Abriss der Architekturleistungen aus der 2. Hälfte des vorchristlichen Jahrtausends erstreckt sich vom Bau ganzer Stadtanlagen sowie Stadtmauern und Festungen über die Konstruktion von Stadtgräben, Kanälen und Brücken bis hin zur Anlage von Palästen, Tempeln, Privathäusern und Brunnen.

5.4.1 Stadtanlagen

Altbabylonische Städte waren von einer Stadtmauer umgeben, besaßen zumindest in Nordmesopotamien eine Innenstadt (Akropolis/Zitadelle) (kirḫum) mit Außenstadt (Unterstadt) (adaššum)81 sowie Wohnviertel, Paläste, Tempel, Vorstädte und Gärten. Manche Hauptstädte wie Babylon oder Terqa am Mittleren Euphrat kannten eine „Neustadt“. Durch die Stadt laufende Kanäle teilten das Stadtinnere in Viertel mit offenen Plätzen, wobei die wichtigsten Straßen und Plätze Namen trugen. Der religiöse Distrikt lag in der Regel exzentrisch. Da mesopotamische Städte aus Gründen der Wasserversorgung an Flüssen und Kanälen angelegt wurden, wird jede Stadt über einen Hafen verfügt haben. Beispiele für Häfen, die innerhalb einer Stadt angelegt worden waren, finden sich in Ur und Maškan-šapir.82 Am Beispiel von Larsa lässt sich im übrigen die Bedeutung der Stadtviertel (bābtum), die jeweils der Autorität eines Oberhauptes unterstanden, für die soziale Strukturierung einer Stadt gut nachvollziehen, da diese zumeist von einer bestimmten sozio-professionellen Einheit eingenommen wurden. So wohnten etwa die Kaufleute im Handelsszentrum (kārum, wörtlich „Kai“) oder der Klerus in der Nähe der Tempel.83

Nur selten wurden in dieser Zeit ganze Städte im Auftrag des Königs planmäßig entworfen.84 Der von Samsu-iluna beauftragte Wiederaufbau einer kompletten kleinen Festungsstadt stellte in seinen Ausmaßen eine Besonderheit dar. Um seine militärische Präsenz in der Region von Suḫûm am Mittleren Euphrat, 90 km südlich von Mari, verstärken zu können, ließ der König die von dicken Mauern umgebene Stadt Harrādum (Khirbet ed-Diniye) wiederherstellen. Diese Stadt, die nur ein Jahrhundert lang existierte, scheint bewusst angelegt worden zu sein. Ihre Form (1,3 ha) war quadratisch, das religiöse Viertel lag in der Mitte, gerade Straßen verbanden es mit dem einzigen Tor.85

Obwohl wir aus den Texten wissen, dass sich ländliche Behausungen, die oftmals befestigten Höfen gleichkamen, zu verstreuten Siedlungen um die großen Städte herum formiert haben, wurden bis heute keine Dörfer gefunden bzw. ausgegraben. Aufgrund der regelmäßigen Überschwemmungen haben sie wahrscheinlich immer wieder ihren Standort verändert und somit wenig Spuren hinterlassen.86

5.4.2 Stadtmauern und Festungen

Ein wesentliches, wenn nicht sogar das eigentliche, Charakteristikum einer altbabylonischen Stadt stellte die Stadtmauer (BÀD, dūrum) dar87, bestehend aus Ziegeln, versehen mit Zinnen und Türmen sowie gewölbten Toren. Zuweilen glich sie auch eher einem riesigen Erdwall.88 Wachtposten liefen auf dem Gipfel der Wälle Patrouille.89 Der Unterschied zwischen „Mauer“ (BÀD) und „großer Mauer“ (BÀD.GAL) ist schwer zu fassen,90 doch konnte die Umwallung einer großen Stadt wie Mari auch aus mehreren Mauergürteln bestehen, wie einer „mittleren Mauer“ (BÀDki qa-ab-le-e) mit bestimmten Öffnungen (takkapum),91 die sich hier zwischen der „großen Mauer“ und dem „Kühlhaus“ (bīt šurīpim) befand.92 Im allgemeinen stand die Stadtmauer auf einem Abhang bzw. Wall (šulḫûm)93, der neben weiteren Barrieren (kutlum)94 und Palisadenumzäunungen (gupārum)95 zusätzlichen Schutz nicht nur gegen Feinde von außen sondern ebenfalls gegen oftmals verheerende Überschwemmungen bot. Auch konnten weitere Anbauten die Mauer verstärken.96 Die häufiTellg nach Göttern benannten hölzernen Stadttore waren sehr massiv, ihre Herstellung konnte zuweilen einen ganzen Monat in Anspruch nehmen.97 Eines der schönsten Beispiele einer derartigen Befestigungsanlage fand sich im syrischen Qaṭna (Tell Mishrife).98

Zahlreiche Königsinschriften gedenken der Errichtung solcher vor äußeren Feinden schützenden Mauern, die oftmals als „hoch wie ein Berg“ bezeichnet und mit einem apotropäischen Namen versehen wurden.99 So hieß die von Gungunum erbaute Stadtmauer in Larsa Utu-kibale-sadi „Der Gott Utu, der das rebellische Land erobert“.100 Festungsstädte, die nach ihrem Erbauer „Mauer des Königs NN“ hießen, stellten militärische Vorposten an den Grenzen des Reiches dar,101 kleinere Festungen (dannatum) waren über das ganze Land verteilt. Berichte über Belagerungen solcher befestigter Städte sind zahlreich.102 Häufig genügte für die Erstürmung ein Tag, zuweilen waren die Mauern aber auch standhafter. So war etwa Ḫammu-rapi von Babylon erst nach sechs langen Monaten in der Lage, sich der südmesopotamischen Hauptstadt Larsa zu bemächtigen.103 Bei der Einnahme einer solchen Befestigung korrelierte die Höhe der Belagerungstürme mit derjenigen der Stadtmauer – höchste bekannte Ausmaße betrugen 6 m.104 Um derartige Türme auch gegen einen Glacis (šulḫûm) zum Einsatz bringen zu können, wurden zuvor Sturmrampen aufgeschüttet.105

5.4.3 Stadtgräben, Kanäle und Brücken

Im Bereich des Wasserbaus spielten Stadtgräben, Kanäle sowie Brücken eine wichtige Rolle. Ein Graben (ḫirītum) vor der Stadtmauer fand sich etwa in Mari und im südbabylonischen Ur.106 Als Schutz gegen den Feind verstärkte König Samsu-iluna die Stadt Kiš folgendermaßen:

„Damals baute Samsu-iluna, der Starke, mit der Kraft seiner Arbeitstruppe die Stadt Kiš. Er grub ihren Graben, umgab sie von allen Seiten mit einem Sumpf; mit großen Erdmassen machte er ihr Fundament wie einen Berg dauerhaft. Er ließ ihre Ziegel formen, errichtete ihre Mauer. Innerhalb von einem Jahr machte er ihre Spitze höher als je zuvor.“107

Ḫammu-rapi umgab die Mauer von Sippar ebenfalls mit einem Morast (appārum).108 In einem Brief über eine Belagerung wird zudem gemeldet, dass der Feind schon den äußeren Wasserlauf erreicht hätte (miṭirtum kīditum).109 Außerhalb des Tores konnte sich zudem ein Wasserreservoir (abrum) mit einem Zuleitungskanal (amrummum) befinden. In Mari ist ein solches an der Außenseite des Walls angeschlossenes Wasserbecken zudem durch kleine unter der Stadtmauer verlaufende Kanäle mit einem Becken auf der Innenseite verbunden.110

Mindestens ebenso wichtig wie wirksame Schutzmaßnahmen gegen Feinde von außen war ein funktionelles Kanalsystem zur Wasserversorgung des Landes, verbunden mit adäquaten Vorkehrungen gegen die regelmäßig auftretenden Hochwasser. Kanalinspekteure waren für die Instandhaltung der Kanäle verantwortlich.111 Um gleichzeitig die mühevoll errichteten Deiche dauerhaft schützen und Wasserreserven für Trockenzeiten aufbewahren zu können, entwickelten fachkundige Spezialisten Umleitungskanäle, Wasserablässe und Stauseen.112 War jedoch einer der schützenden Deiche gebrochen, musste er, wie der folgende Brief eindringlich beschreibt, möglichst schnell repariert werden.113

„Zu meinem Herrn [dem König] sprich: Folgendermaßen [spricht] Sumû-ḫadû, dein Diener. Man hat Wasser für Dēr genommen. Wegen der Schiffe, die Getreide transportieren, hat man die Bewässerungskanäle (atappum) von flußaufwärts an requisitioniert, und der Wasser(spiegel) ist angeschwollen. Gestern, vor Beginn der Nacht, ist das Wasser oberhalb der Brücke am Balīḫ-Zufluss, am Ort der irdenen Leitungsrohre (mašallum), unterbrochen worden. Sofort, trotz meiner Krankheit, bin ich aufgestanden und habe mich auf meine Trag-esel gesetzt. Ich bin losgegangen und habe das Wasser durch ein Ablußsystem (ša šalalī) abgeschnitten. Und wieder habe ich das Wasser im Balīḫ abgesperrt. Am frühen Morgen werde ich die Verrichtung der (Ausbesserungs-)Arbeit angegangen sein. Ich mache die Leitungsrohre, und danach gehe ich das Anhäufen der Erde an. Dieser Durchbruch hat 2 Rohrlängen nach unten hin zerschlagen, 4 Rohrlängen sind die Breite. Am Abend werde ich diesen Durchbruch abschließen. Die Wasser werde ich in Ordnung bringen! Mein Herr möge sich nicht grämen! Ich habe den verschiedenen Städten geschrieben, daß ich das Wasser unterbrochen habe. Man hat es in Appān, Ḫumsān und Šeḫrum genommen. Das Wasser ist nicht angestiegen. Ich aber habe die Krankheit meines Jahres erwischt!“

Neben hydraulischen Bauarbeiten und der Anlage von Überlaufbecken und Dämmen zum Schutz gegen Überschwemmungen, die insbesondere zur Zeit Ḫammu-rapis und Samsu-ilunas perfektioniert wurden114, mag die Umleitung von Wasserläufen eventuell auch als militärisches Mittel eingesetzt worden sein.115 Brücken (titūrum) aus Holz, Rohr und Palmfibern führten über Flüsse und Kanäle, werden in den Texten jedoch selten erwähnt.116

5.4.4 Paläste

Altbabylonische Paläste wurden in größerem Ausmaß in Isin117, Larsa, Uruk118, Mari, Qaṭna, Alalaḫ (Tell Açana) und Tuttul (Tell Biʽa) ausgegraben, nur sehr bruchstückhaft in Assur, Ešnunna, Šušarrā (Tell Shemshara), Qaṭṭarā (Tell Rimah) und Šubat-Enlil (Tell Leilan).119 Interessanterweise scheint der Palast des Nur-Adad in Larsa niemals fertiggestellt und damit wirklich bewohnt gewesen zu sein. Aus architektonischer Sicht ist dieses Gebäude besonders interessant, da es uns das Bild eines Palastes vermittelt, wie ihn seine Erbauer vorgesehen hatten, ohne die zahlreichen Veränderungen, die diese Gebäudeart während ihrer langen Benutzung normalerweise erfuhr.120 Auffällig ist zudem der in den Palästen von Mari und Ešnunna festzustellende besondere Befund der Integration eines religiösen Sektors. Der Palast von Ešnunna umfasste eine der Stadtgottheit Tišpak geweihte Kapelle, der Palast von Mari ein kleines Heiligtum der Bēlet-ekallim „Herrin des Palastes“.121 Der einzige uns heute wirklich gut bekannte Palast aus altbabylonischer Zeit bleibt aber der Palast aus Mari. Nur hier vereinigen sich die ausgegrabenen architektonischen Funde sowie die Keilschrifttexte zu einem lebendigen Bild altorientalischen Palastgeschehens.122

Königliche Residenzen wurden im allgemeinen von mehreren Herrschern in Folge bewohnt. Die Anlässe zur Errichtung eines neuen Palastes können wir nur erahnen. So schuf Samsu-iluna laut seiner 34. Jahresdatenformel einen neuen „Regierungspalast“ höchstwahrscheinlich in der Hauptstadt Babylon.123 Einer seiner Nachfolger, König Ammi-ditana, gab laut seiner 20. Datenformel den Auftrag, einen „Wohnsitz des Wohlergehens“, einen „Palast der Freude“, somit eher eine Art „Sommerresidenz“, am Ufer des Araḫtum-Kanals zu erbauen.124 Es bleibt ungewiss, ob solche Baumaßnahmen Sanierungsprojekte alter Paläste oder Neubauten darstellten, da die altbabylonische Wortwahl nicht zwischen „Aufbau“ und „Wiederaufbau“ unterscheidet.

Als Regierungssitz aufgegebene Paläste wurden jedoch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. So erwähnt der ans Ende der altbabylonischen Epoche zu datierende briefeinleitende Gruß einer Frau an ihren Vater den alten Palast des Dynastiegründers. Demnach wünschte sie ihrem Vater Gesundheit, Zufriedenheit und eine Schutzgottheit, welche für ihn eine günstige Antwort im Palast des Königs Sumulael bewirken sollte. Ob es sich um die Erhörung eines Gebetes oder gar ein Orakel gehandelt haben mag, ist hierbei nebensächlich; festzuhalten bleibt die zu erkennende Weiterbenutzung eines sehr alten Palastes in sakralem Zusammenhang.125 So war es auch im allgemeinen die Regel, die Paläste annektierter Städte zu bewahren. Die totale Zerstörung des Palastes von Mari kurz nach dessen Eroberung durch Ḫammu-rapi von Babylon erscheint deshalb besonders auffällig.126

5.4.5 Tempel

Im Zentrum des kultischen Geschehens standen die Tempel als Wohnort der sich in ihren Kultbildern manifestierenden Götter sowie als Aufbewahrungsort weiterer heiliger Objekte. Als Abbild der Welt und mythischer Mittelpunkt der jeweiligen Siedlung127 waren die Tempel gewissen architektonischen Normen unterworfen, deren Tradierung selbstverständlich in einer alles umfassenden Königsideologie verankert war. Der Bau und die Instandhaltung der Heiligtümer waren demnach Teil des herrschaftlichen Bauprogramms, konnte der König doch auf diese Weise besonders eindrucksvoll seine Frömmigkeit zur Schau stellen und den Göttern angemessen huldigen.128 Aus Dankbarkeit für ihr göttliches Entgegenkommen beschenkte König Ḫammu-rapi etwa die Hauptgöttin von Zabalam mit einem neuen Tempel:129

„Nachdem ihm die Göttin Inana, um das Land von Sumer und Akkad zu regieren, günstige Vorzeichen zukommen ließ und ihm Dauerhaftigkeit verlieh, hat er der Göttin Inana, seiner Geliebten, in Zabalam, seiner herrschaftlichen Stadt, das Ezikalama, den von ihr geliebten Tempel, erbaut.“

Weniger von Bedeutung war dabei, ob es sich um einen regelrechten Neubau oder vielmehr die Renovierung eines bereits bestehenden Heiligtums gehandelt hat. Vielmehr war laut altorientalischer Terminologie die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“, die „Rückführung des Tempels an seinen alten Ort“ gefordert. Daneben wurden die heiligen Institutionen auch in wirtschaftlicher Hinsicht vom altbabylonischen König kontrolliert.130

5.4.6 Privathäuser

„Der auf dem Dach sitzende Mann wirft Licht auf den im Haus sitzenden Mann.“
(sumerisches Sprichwort)131

Babylonische Häuser waren zumeist aus ungebrannten Ziegeln, nur sehr gepflegte Häuser aus gebrannten Ziegeln gebaut. Die Grundmauern hingegen wurden immer aus gebrannten Ziegeln gefertigt, um so einer frühzeitigen Erosion entgegenzuwirken. Man unterscheidet zwei Haustypen: kleine Häuser mit wenigen Räumen und ohne Innenhof („linear houses“) sowie große rechteckige Häuser mit einem bis zu 12 m breiten Innenhof (kisallum) und Räumen an allen Seiten („rectangular houses“). Abgesehen von reinen Wohnräumen (KI.TUŠ, šubtum) haben manche Räume auch als Werkstatt oder Vorratskammer gedient.132 Neben dem Haus lag der Hof bzw. die Tenne (wörtlich: „Boden unter freiem Himmel“ = KI.UD). Hauskapellen bzw. Familienheiligtümer (aširtum) durften neben dem Familiengrab nicht fehlen. Die Türen (daltum) aus (Palm-)Holz133 bzw. geflochtenen Palmrippen sowie die dazugehörigen Riegel (sikkūrum) waren besonders kostbar, so dass Hauskaufverträge oftmals präzisierten, ob Balken und Türen im Kaufpreis inbegriffen waren. Neben reinen Wohnhäusern gab es auch große Gebäudekomplexe, die etwa eine Schule bzw. Familienbetriebe beherbergten.134 Normalerweise waren die Wohnhäuser, begründet durch den innerhalb der Stadtmauer begrenzten und damit kostspieligen Raum, sehr beengt; in Ur maß das größte Haus 170 m2. Ein in Larsa ausgegrabenes Stadtviertel, in dem sich reiche Kaufleute besonders vornehme Privathäuser – Statussymbole zwischen 500 und 1.000m2 mit Freiräumen wohl für Gärten – errichtet haben, stellt dabei eine Ausnahme dar.135

In den Städten lagen die Häuser eng nebeneinander, so dass sich die Nachbarn eine gemeinsame Mauer teilten. Da dies oftmals Anlass zu Streitigkeiten gab, wurden zusätzlich zum Kaufvertrag Regelungen bezüglich der gemeinsamen Zwischenmauer getroffen.136 Hatte ein unwilliger Nachbar einmal sein Recht an der Benützung der Zwischenmauer verloren, dann durfte er dort weder einen Nagel einschlagen noch einen Balken auflegen.137 Wenige Informationen über die Ausmaße der Mauern selbst lassen auf teils erstaunlich lange Zwischenmauern von bis zu 30 m bei einer Höhe von bis zu 9 m und einer Dicke von ca. 60 cm schließen.138

Mehrstöckige Gebäude139 boten im Erdgeschoss Platz für Vorratsräume und Ställe, im ersten Stock lebte sodann die Familie, das Dachgeschoss (rugbum) wurde gern an Dritte vermietet. Dementsprechend sind hölzerne Treppen (simmiltum) von 3,5 bzw. 5m Höhe belegt. In größeren Gebäuden wurde zudem das sogenannte „Treppenhaus“ als Magazin genutzt. In gleicher Weise konnte das Dachgeschoß, war es wiederum mit Balken überdacht worden (ṣullulum), als Vorratsraum für Landwirtschaftsprodukte dienlich sein.140 Zuweilen konnte es passieren, dass sich ein Löwe dorthin verirrte, was zu größeren Irritationen führte.141

Über die Konstruktion des Daches (ūrum) eines Klosters lesen wir in einem Brief142:

„Verschaffe dir Ziegel für das Kloster (gagûm)! Überdecke das Haus mit einem Dach (ṣullulum). Wenn kein Schilf (urbatum) da ist, soll man dir Palmblätter bester Qualität (ḫarû) besorgen und Taue drehen (pitiltam patālum), dann decke das Dach mit Rohmatten (ina ḫurdātim ṣullil).“

Laut einem anderen Brief mussten zehn Arbeiter (ERÉN, epištam) die Dächer der Speicher sowohl im Kloster als auch draußen mit Lehm „bestreichen“ (sêrum).143 Die flachen Dächer waren demnach bedeckt mit geflochtenen Schilfmatten, die wiederum mit einer Schicht Lehm, vermischt mit Strohhäckseln, bestrichen waren. Jedes Jahr mussten Mauern und Dächer mit einem neuen Lehmverputz versehen werden, um sie so vor den Winterregen schützen zu können. Ebenso waren Regenrinnen (pišannum) von Nöten.144 Aus trapezförmigen Ziegeln erbaute Brunnen werden hauptsächlich in mathematischen Texten erwähnt.145

5.5 Der Bautrupp und die Baufinanzierung

Nach einer Erläuterung des Bauprogramms und einer kurzen Beschreibung der Vielfältigkeit altbabylonischer Bauprojekte, sollen nun die Antriebe und Kräfte, demnach die zur Verfügung stehende Arbeitskraft samt benötigtem Kapital, besprochen werden.

Handel und Handwerk der altbabylonischen Zeit konzentrierten sich in den Städten, welche auch in der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung eine vorrangige Rolle spielten. Insbesondere in den verkehrsgünstig gelegenen Orten, in den Residenzen der Fürsten und den wichtigen Kultzentren etablierten sich entsprechende wirtschaftliche Strukturen, vor allem auf die Bedürfnisse der reicheren Gesellschaftsschichten, des Palastes und der Tempel ausgerichtet.146 Innerhalb einer hierarchischen Organisation, an deren Spitze der Herrscher stand, unterstützt von hohen Funktionären, wörtlich „großen Dienern“ (wardū rabūtum)147, sowie „Provinzgouverneuren“ (šāpirum, šāpiṭum) und „Statthaltern“ (šakkanakkum), die seine Autorität in vielen Orten sicherten,148 nahmen die Handwerker erst nach bestimmten Gremien der städtischen Verwaltung149 sowie diversen Kontrolleuren am Ort des Geschehens ihren Platz ein; einfache Arbeiter und schließlich Sklaven standen auf der untersten Stufe.

Daneben verfügte jeder König über mehr oder weniger große Armeen, deren Hierarchie und Organisation gut bekannt sind.150 Arbeiter und Soldaten (ERÉN, ṣābum, rēdûm), die im Auftrag des Königs militärische Unternehmungen aber auch Arbeiten unterschiedlicher Art zu bewältigen hatten, wurden vom „Lieutenant“ (NU.BÀNDA, laputtûm)151 rekrutiert und mithilfe bestimmter Landvergaben, die sich im sogenannten ilkum-System ausdrückten, oder auch Rationen entlohnt. Diese „Soldaten-Bauern“ bestellten königliche Ländereien, halfen bei Kanalarbeiten und der Ernte, um schließlich oftmals in militärischen Kampagnen gemeinsam mit Söldnern ihrem Schicksal entgegen zu treten. Jeder Bürger war zum Staatsdienst und damit einer konkreten Arbeit verpflichtet (ilkum), von der er sich jedoch durch Silberzahlungen oder die Stellung eines Ersatzmannes befreien konnte. Saisonarbeiter, die insbesondere zur Erntezeit eingestellt wurden, aber auch sogenannte „Fronarbeiter“, die als Ersatz für einen sich vom Lehensdienst freigekauften Bürger „Frondienst“ (ḫarrānum, tupšikkum, dekûtum) ausführten,152 bekamen Nahrungs- und Kleidungsrationen. Das Kapital des Herrschers setzte sich somit zum einen aus Verpflichtungen seiner Untertanen dem Staat gegenüber, sei es in Form von Lehensdienst (ilkum) oder Abgaben, zusammen. Hinzu kamen durch sogenannte „Palastgeschäfte“ erwirtschaftete Überschüsse sowie Tributeinnahmen und schließlich die durch Beutezüge gemachten Gewinne.

„Gouverneure“ (šāpirum, šāpiṭum) trugen im Auftrag des Königs Verantwortung für Administration, Politik, Rechtssprechung und Kult in den Provinzen; es gab eigene Gouverneure, die für die Wasserwege/-wirtschaft verantwortlich waren (šāpir nārim). Sie wurden von „Hausmeistern“ (abu bītim) und „Landverwaltern“ (ša sikkatim) unterstützt. „Katasterbeamte“ (šassukkum) verwalteten die königlichen Domänen.153 Ebenso waren die „Tempelverwalter“ (SANGA) als „Diener des Königs“ selbigem unterstellt.154 Da freie Bürger dem Staat gegenüber zu Lehensdienst (ilkum) verpflichtet waren, konnte der König neben seinen Beamten über ein breites Angebot an Arbeitskräften verfügen. Fest angestellte „Palastarbeiter“ (ERÉN KÁ É.GAL) unterstanden dem „Chef“ derselben (GAL.UKKIN.NA ERÉN KÁ É.GAL) in höchster Instanz.155

Daneben war eine Stadt organisatorisch in Viertel mit eigener Gerichtsbarkeit eingeteilt. Das „Oberhaupt des Viertels“ (UGULA bābtim), das gemeinsam mit Katasterbeamten, Verwaltern königlicher Ländereien sowie dem Nachtwächter genannt wird, war für die Rekrutierung von Fronarbeitern verantwortlich.156 Der örtliche Bürgermeister war zudem dazu verpflichtet, seine Untergebenen zum Frondienst zur Verfügung zu stellen. Bei Bedarf wurde eine bestimmte Arbeitsaufgabe (iškarum) in der Regel für einen Monat ausgeführt, oft in Gruppen von zehn Personen.157 Der bekannteste „Frondienst“ (tupšikkum) stellte das Tragen eines Korbes mit Baumaterialien dar – unabhängig davon, welches größere Bauprojekt im Auftrag der Regierung in Angriff genommen werden sollte.158

Stets war die Instandhaltung der großen Kanäle und damit der Lebensadern der babylonischen Landwirtschaft von ausgesprochener Wichtigkeit und mobilisierte immer wieder viele Arbeiter. Ein Brief des Königs Abiešuḫ an die Behörden der nordbabylonischen Stadt Sippar zeigt, in welchem Maße sich die Stadtverwaltung und der Palast solch aufwendige Arbeiten und deren Unkosten teilten.159

„Zu Sîn-iddinam, dem Handelsamt von Sippar und den Richtern von Sippar sprich – folgendermaßen (sagt) Abiešuḫ: Was das betrifft, weswegen ihr mir folgendes geschrieben habt: ‚Am Kai (KAR) des Irnina-Kanals hält der Palast jährlich (eine Strecke) von 120 UŠ instand. Jetzt ist das Hochwasser gekommen, und der Irnina-Kanal reicht bis an die Kaimauer (BÀD.KAR).‘ (Das ist es), was ihr mir geschrieben habt. An die verantwortlichen Personen (LÚmeš šūt pīḫātim), die in Sippar wohnen, wurde (bereits) geschrieben. Gemeinsam mit der Festungsbesatzung (ERÉN birtim), die in Sippar stationiert ist, werden sie alle zur Verfügung stehenden Arbeiter (ERÉN ša šakānim) einsetzen und, nachdem (das Wasser) gesunken ist, die Kaimauer des Irnina-Kanals verstärken (udannanū). [Zusätzlich werden sie] die Kaimauer des [Euphrat mit Er]de [aufschütten lassen (ušašpakū)] (…) [Sobald] sie bei [euch] eingetroffen sein werden, biete [all]e Feldbesitzer (ṣabit eqlim) auf, und [gemeinsam mit] der Festungsbesatzung sollen sie [die K]aimauer des Euphrat [mit Erde auf]schütten!“

Eine Arbeitsteilung zwischen Stadt und Palast lässt sich auch in einem Text aus Mari belegen, nach dem ein Ableitungskanal verbessert werden musste. Die Schreiber berechneten im Voraus das Arbeitspensum (adûm), wonach selbst 2000 Mann nicht ausreichen würden. Es wurde beklagt, dass die Arbeit in Angriff genommen wurde, „der Distrikt, der Palast und die Stadt Mari ihren Teil (zittum) aber nicht ‚angepackt‘ hätten“.160

Ebenso mussten die kleineren Kanäle zur direkten Versorgung der Felder gepflegt werden. Dabei waren vor allem die Anrainer der Gemeinschaft gegenüber verpflichtet – der Fachterminus für diese wichtigste Bürgerpflicht lautete „Erde ausheben“ (epēri nasāḫum).161 Ein Archiv über Kanalarbeiten zeigt, dass die Feldinhaber 1800 Mietarbeiter für die stattliche Summe von 10 Minen Silber „für das Aufgebot“ (dekûtum) eines Kanals anwerben mussten.162

Zuweilen finden sich auch Hinweise auf private Bauunternehmen und kleinere Immobiliengesellschaften. So kennen wir Lipit-Ištar aus Sippar als Vermieter von Dachgeschossen (rugbum) in einer großräumigen sogenannten šikittum-Anlage.163 Seine ältere Schwester, die nadītum-Priesterin Lamassi, kaufte Felder und Häuser, um diese weiterzuvermieten. Sie betrieb gemeinsam mit einer weiteren nadītum-Priesterin Baugeschäfte. So besaßen die beiden ein Gelände am Flussufer und ließen dort Backsteine brennen.164 In dem nahe bei Larsa gelegenen Kutalla lebte zur Zeit Rim-Sins ein Spekulant namens Ṣilli-Ištar, der häufig Häuser oder auch unbebauten Hausgrund aufkaufte und in diese investierte.165 Einige Jahre lang mietete er ein verfallenes Haus und besserte es aus, vermutlich in der Hoffnung, aufgrund einer eventuell eintretenden finanziellen Notlage des Eigentümers, das Haus ganz übernehmen zu können.166

5.6 Bauarbeiter und Architekten

Im Rahmen von Bau- und Renovierungsarbeiten spielte das Zusammenwirken verschiedener Handwerkszweige und Gewerbe eine wichtige Rolle.167 An erster Stelle stand der „Baumeister“, gefolgt von Zimmerleuten, Lederverarbeitern,168 Rohrmattenflechtern und schließlich Ziegelstreichern sowie Trägern. Der Beruf des „Baumeisters“ ((lú)ŠIDIM, itinnu)169 – in Gesetzestexten dem eines „Arztes“ oder „Schiffbauers“ gleichgestellt – erforderte besondere berufspraktische Fähigkeiten und Kenntnisse, die während einer langjährigen Ausbildungszeit erworben werden mussten170 und in dieser Hinsicht sicherlich vom Vater auf den Sohn weitergegeben wurden (s. o.).171 Von unterschiedlichen Qualifikationsniveaus innerhalb dieser Berufsgruppe ausgehend, sollte zwischen einem planenden und leitenden Baumeister – dem „Architekten“ bzw. „Bauleiter“ – und dem zwar erfahrenen, jedoch in untergeordneter Stellung bei den Bauarbeiten anwesenden, in gewisser Weise als Mittler zwischen Bauleiter und Bauarbeitern vor Ort fungierenden „Baufachmann“ bzw. „Polier“ unterschieden werden, wobei der Übergang ein fließender gewesen sein wird.172 Die altbabylonischen Urkunden und Briefe differenzieren dementsprechend zwischen einem für Tempel und Paläste zuständigen „Meisterarchitekten“ (UM.MI.A ŠIDIM)173 bzw. einem „Großbaumeister“ (ŠIDIM.GAL)174, einem einfachen „Baumeister“, vielleicht eher als „Maurer“ zu bezeichnen ((lú)ŠIDIM175, selten lúDIN)176 – zur Gruppe derer sich gelegentlich ein „Aufseher über die Maurer“ (UGULA ŠIDIM(meš))177 gesellt – sowie einem „Baumeister-Lehrling“ (DUMU ŠIDIM).178 Zudem werden gelegentlich Spezialisten wie der Baumeister „Hausbaumeister“ (lúŠIDIM.É)179 und der „Festungsbaumeister“ (ŠIDIM.BÀD, eppēšum)180 erwähnt.181

Baumeister waren immer dann gefordert, wenn die Arbeiten über simple Ausführungen von Erdanhäufungen, das Formen von Lehmmauern (pitiqtam patāqum) und das Streichen (labānum) von Ziegeln in Massenanfertigung bzw. einfache Ausbesserungsarbeiten182 hinausgingen – so etwa bei der Instandsetzung bzw. dem Neubau von Stadtmauern183, Palästen, Tempeln oder sogar einem Eishaus.184 Daneben waren manche Baumeister bestimmten größeren Haushalten wie etwa Tempeln zumindest zeitweise, eventuell sogar dauerhaft zugehörig. So führen z. B. zwei mehrkolumnige Rationenlisten aus Dilbat Getreide- und Bierrationen für die Verpflegung des Tempels (É) auf. U. a. nennen sie des öfteren einen nicht weiter gekennzeichneten „Baumeister“ gemeinsam mit einem „Rohrmattenflechter“ und einem „Zimmermann“, zudem eine qadištu-Dame (NU.GIG), einen „Tempeldiener“ (ÌR.É), „Weberinnen“, einen „Koch“, einen „Barbier“, einen „Hirten“, einen „General“, „Jünglinge“, „Erntearbeiter“, „Leute aus Dilbat“ (ÉREN Dil-batki), „Kornträger“ (lúba-ab-bi-lu), einen „Hausverwalter“ (AGRIG), einen „Wäscher“ (lúÁZLAG), einen „Opferschauer“ (MÁŠ.ŠU.GÍD.GÍD), einen „Verwalter“ (ŠÀ.TAM), „Rinderhirten“, „Gräber“ (ḫe-ru-ú) sowie „Fischer“ (ŠU.KU6).185 Eine Getreideabrechnung aus Sippar verbucht zudem Getreideposten für den „Tempelverwalter des Gottes Šamaš“ (SANGA dUTU), für den „Barbier“, die „Richter“, den „Verwalter des Gottes Šamaš“ (ŠÀ.TAM dUTU), mehrere „Leuteväter“ (PA.PAmeš) und „Handwerkermeister“ (UM.MI.Ameš), gesondert für den „Festungsbaumeister“ (ŠIDIM.BÀD), die „Einnehmer“ (ENKUmeš), den „Silberschmied“ (KÙ.DÍM), den „Schiffer“ (MÁ.LAḪ5) und schließlich mehrere „Schreiber“ (DUMU.É.DUB.BA.A).186

Eine ebenfalls aufwendige Getreideabrechnung entstammt wahrscheinlich dem Gut der Prinzessin Iltani. Danach empfängt ein Hochgestellter namens Anatum Getreide für den „Brauer“ (LÚ.KÚRUN.NA), zum Kauf eines Gespanns für den „General“ (UGULA MAR.TU), als Versorgung für das Haus der Iltani, für den „Barbier des Königs“ (ŠU.I LUGAL), zum Mahlen (ana samādi), für den „Baumeister“ (lúDIN), für die „Klumpeneinsammler des Deiches“ (LAG.RI.RI.GA e-si-ip Eḫi.a) und die „Sesam-Bewässerer“ (da-lu-ú ša ŠE.GIŠ.Ì), außerdem für den „Aufseher über die Baumeister bzw. Maurer“ (UGULA ŠIDIM), für Bierrationen, für den „Schmied“ (SIMUG) und für Saatgut.187

Arbeitsrechtliche Regelungen, die sowohl die Interessen des Handwerkers als auch der Kunden wahren sollten, sind im Kodex Ḫammu-rapi verankert. So war das Honorar des „Baumeisters“ neben dem weiterer Handwerker per Gesetz festgelegt.188 Hatte er auf der anderen Seite schlecht gearbeitet, so dass das Haus einstürzte und dabei ein Bewohner getötet wurde, galt das Talionsrecht „Auge um Auge, Zahn um Zahn“.

„Wenn ein Baumeister einem Bürger ein Haus baut, aber seine Arbeit nicht auf solide Weise ausführt, so dass das Haus, das er gebaut hat, einstürzt und er den Tod des Eigentümers des Hauses herbeiführt, so wird dieser Baumeister getötet. Wenn er den Tod eines Sohnes des Eigentümers des Hauses herbeiführt, so soll man einen Sohn dieses Baumeisters töten. Wenn er den Tod eines Sklaven des Eigentümers des Hauses herbeiführt, so soll er dem Eigentümer des Hauses Sklaven um Sklaven geben.“189

Die hier ausgeführte Härte des Strafmaßes sollte den Baumeister dazu ermahnen, keinesfalls leichtsinnig verursachte Baumängel entstehen zu lassen, um somit die Sicherheit der Hausbewohner zu gewährleisten.190 Eine vergleichbare Eigenverantwortlichkeit bezüglich des ausgeführten Metiers vermitteln diejenigen Sanktionen, die dem tödlichen Eingriff eines Chirurgen folgen konnten.191 In beiden Fällen musste sich der Kunde auf Sachverstand und Sorgfalt des von ihm beauftragten Spezialisten verlassen können. Für eine unsachgerecht ausgeführte Arbeit war der „Baumeister“ also stets selbst haftbar.192

„Wenn er Besitz vernichtet, so soll er alles, was er vernichtet hat, ersetzen, und weil er das Haus, das er gebaut hat, nicht auf solide Weise hergestellt hat, so daß es einfiel, soll er auf eigene Kosten das eingefallene Haus (wieder)aufbauen.“193

Ebenso konnte er für selbst verschuldetes Versäumnis belangt werden.

„Wenn ein Baumeister für einen Bürger ein Haus baut, aber seine Arbeit nicht planmäßig ausführt, so daß eine Wand baufällig wird, so soll dieser Baumeister aus eigenen Mitteln diese Wand befestigen.“194

Neben den in der Privatwirtschaft tätigen Handwerkern standen Spezialisten wie der „Baumeister“, die für die Ausführung bestimmter Arbeiten benötigt wurden, oftmals auch als „Diener des Palastes“ (ÌR É.GAL)195 im Dienste des Königs, wurden von diesem nach Belieben eingesetzt, wie der folgende Brief deutlich macht:196

„Durch den Brief des Königs wurde ich dazu beauftragt, die Baumeister (ŠIDIMmeš) Mannum-balum-ilišu und Warad-Kubi, die bei Euch sind, nach Babylon zu schicken. Ein Hauptsoldat (AGA.UŠ.SAG) und ein ‚Sachverständiger‘ (mukallimum) sind (als Ersatz?) zu Euch losgegangen. Sendet mir die beiden Baumeister Mannum-balum-ilišu und Warad-Kubi, damit ich sie nach Babylon schicken kann!“

Fehlte es demnach zuweilen an ausgebildeten Spezialisten vor Ort, so verliefen die von hohen Beamten autorisierten Zuweisungen dennoch nicht immer reibungslos – wurden hin und wieder sogar abgelehnt.197

„Was den Baumeister Sin-imguranni angeht, den mein Herr hergeschickt hat – wie mein Herr weiß, trägt (nur) ein Mann (das) Eisen (parzillum). Ich habe ihn zurückgeschickt. Nun, wo die Arbeit auf dem Feld beendet ist, haben sie ihn (…) und die Ziegel für die Mauer werden hoch kommen.198 Deinen Besitztümern auf dem Land und in der Stadt geht es gut.“

Verantwortung und Initiative zeigt sich auch in offiziellen Briefen des nördlichen Mesopotamien. So erklärt der Gouverneur von Terqa dem Zimri-Lim, König von Mari, dass er die beauftragten Bauarbeiten am Stadttor nicht angehen könne, da die Bevölkerung derzeit mit anderen Arbeiten beschäftigt sei.199

Arbeitskräfte, auf die ein Baumeister selbst zurückgreifen konnte, waren ihm unterstellte Arbeiter200 oder auch eigene Bedienstete bzw. Sklaven (ŠÀ lúŠIDIM).201 So erwähnt eine Quittung über Ausgaben, die während des Baus einer Scheune entstanden waren, neben der Verköstigung von Baumeistern bzw. Maurern Getreidezahlungen an Mietlinge, die Ziegel gestrichen sowie an solche, die Ziegel getragen (zabālum) haben.202

Eine besonders lange Liste von Personennamen aus Mari summiert die stattliche Anzahl von 955 Sklaven (SAG.ÌR.MEŠ), die in Arbeitstrupps mit einzelnen Anführern (pi-qí-ti PN) hauptsächlich Erdarbeiten im Garten des Königs durchgeführt haben. Gegen Ende des Textes werden 19 Baumeister„Großbaumeister“ (ŠIDIM.GAL) genannt, danach 11 Lehrlinge (ṣuḫāru ta-la-me-du) – alle zusammen unterstanden einem sehr hohen Funktionär namens Išar-Lim.203

5.7 Das Baumaterial

Der Ziegel dient ihnen als Stein und der Bitumen als Mörtel.“ (Gen 11: 3)

Das Baumaterial altorientalischer Bauweise ist schnell aufgelistet, wurde doch primär aus den vor Ort vorhandenen Materialien, demnach „Lehm“ (ṭīdum)204 bzw. „Erde“ (SAḪAR(ḫi.a), eperum)205 und „Rohr“ (GI(ḫi.a), qanûm) bzw. „Schilf“ (urbatum) gebaut. Die Erde wurde zu Fundamenten und Wällen aufgeschichtet, der Lehm zu Ziegeln gestrichen und als Verputz weiterverarbeitet. Den Großteil der verbauten Ziegel stellten luftgetrocknete Ziegel, nur in besonderen Fällen wurden diese zu Backsteinen (libittum) gebrannt.206 Das Rohr wurde zu Bündeln (GI.SA, kiššum) und Matten (burûm) zusammengefasst.207 Bitumen, welcher insbesondere aus Zentralmesopotamien geliefert wurde,208 diente mit Rohr vermischt als Ersatz für seltene Materialien wie Holz und Stein, vor allem aber auch als Klebstoff bzw. wasserundurchlässige Dichtungsmasse.209

Genormte Ziegelmaße erlaubten eine exakte Planung in der Ziegelherstellung und Logistik. Sie werden vor allem in mathematischen Texten aufgelistet – hier finden sich folgende Bezeichnungen: „Ziegel“ (SIG4, libittum), „luftgetrockneter Ziegel“ (SIG4.ḪA5.RÁ), „gebrannter Ziegel, Backstein“ (SIG4.AL.ÙR.RA, agurrum; SIG4 ṣariptum), „halber Ziegel“ (SIG4.ÁB), „halber gebrannter Ziegel“ (SIG4.ÁB ṣariptum), „halber luftgetrockneter Ziegel“ (SIG4.ÁB.ḪA5.RÁ), „halber luftgetrockneter (und) gebrannter Ziegel“ (SIG4.AL.ÙR.RA ḪA5.RÁ), „trapezförmiger Ziegel“, „Erdklumpen“ (kirbānum) und „Tonklumpen“ (IM.DUGUD). Sieben verschiedene Ziegelmaße werden genannt: 25x17x8 cm, 30x20x8 cm sowie 33x33x10 cm für „(luftgetrocknete) Ziegel“, 33x33x8 und 50x50x8 cm für „gebrannte Ziegel“ sowie 33x17x8 cm für „halbe Ziegel“. Hinzu kommen „trapezförmige Ziegel“ für Brunnen sowie „Tonklumpen“ (vielleicht 20x15x10 oder 15x15x14 cm).210 Die Ziegel wurden in Gruppen von 720 Stück (= 1 SAR) gezählt. Aus mathematischen Tabellen lässt sich ablesen, dass Ziegel durch das Trocknen an der Sonne ihres Gewichts verloren, durch Brennen sogar .211

Mathematische Problemtexte, die das Arbeitspensum für die Ziegelherstellung bzw. das Tragen verschiedener Baumaterialien, aber auch das Graben von Kanälen und das Bauen unterschiedlicher Mauern thematisieren bis hin zur Anwendung eines raffinierten Systems, um standardisierte Ziegel abzählen und die für ein Bauprojekt benötigte Menge abschätzen zu können, demonstrieren hochentwickelte Planungsfähigkeiten von leitender Stelle.212 In diesem Zusammenhang soll auch der nach den vier Himmelsrichtungen ausgelegte Plan einer Festungsanlage aus Mari213, ein für die Palastarchive dieser Stadt absolut atypisches Dokument, nicht unerwähnt bleiben. Es vermerkt am Rande zweier quadratischer Zeichnungen die Gesamtmasse an Erde (3350,25 SAR = ca. 60.304,5 m3), die in täglichen Arbeitspensen gemessen (26810 x ca. 2,25m3) bewegt werden soll. Es handelt sich um die Darstellung einer bereits bestehenden Zitadelle (kirḫum) sowie die noch daran anzuschließende Errichtung eines Erdwalles zur Abgrenzung einer Unterstadt (adaššum).

Die Arbeit (allum) bei der Herstellung von Backsteinen bestand aus Treten (ḫabātum), Streichen (labānum) und Mischen (balālum).214 Dabei wurden Ziegel in Ziegelformen (nalbattum) am Fluss hergestellt. Aussagen zur Baustellenlogistik werden in Briefen bezeichnenderweise insbesondere dann, wenn es an Nachschub fehlte oder es kritische Situationen zu bewältigen gab, lebendig vermittelt. So schreibt etwa Marduk-mušallim aus Babylon:215

„Ich brauche 5 SAR gebrannte Ziegel (SIG4.AL.ÙR.RA). Wenn gebrannte Ziegel (4.AL.ÙR.RA ṣariptum) vorhanden sind, sende mir deinen Bescheid, so daß ich dir die Boote schicken und man die gebrannten Ziegel (SIG4.AL.ÙR.RA) aufladen kann! Wenn keine gebrannten Ziegel (SIG4.AL.ÙR.RA ṣariptum) vorhanden sind, dann brenne schnell 5 SAR gebrannte Ziegel (SIG4.AL.ÙR.RA) und sende mir Deinen Bescheid, so daß ich dir die Boote schicken kann!“

Pî-Šamaš, der Geschäftspartner (wörtlich: „Bruder“) einer Gruppe nicht näher spezifizierter Geschäftsleute (Baumeister?), ermahnt diese:216

„Warum verschwindet (halāqum) das Ziegelwerk (SIG4) (und) fertigt Ihr unsere Abrechnung nicht an? Es gibt kein […]. Kauft gefälligts 2 Kor Stroh, damit das ziegelwerk nicht verschwindet. Ich selbst will Euch den Kaufpreis für die 2 Kor Stroh geben! Wenn Ihr (wirklcih) meine brüder seid, stellt (es) zur Verfügung, so daß die W[and(?)] nicht verloren ist! Bitte!“

Zuweilen lassen sich aber auch interessante Einzelheiten zu bestimmten Arbeitsmethoden erfahren. So schreibt Jasîm-Surnû an seinen Herrn:217

„Wegen des Deiches(?) (i-gi-im), weswegen mein Herr mir geschrieben hat, gemäß der Nachricht meines Herrn ist er von unten bis oben (ištu šaplānu adi eliš) mit halbtrockenem Bitumen (ESIR.UD.DU.A) beschichtet (kapir, wörtlich „abgewischt“). Über dem halbtrockenen Bitumen ist er mit (trockenem) Bitumen (ESIR) beschichtet. Und (ganz) oben wird man ihn mit schlammigem Lehm (ṭiddum qadūtum) bestreichen.“

Seltenere und kostbarere Materialien lieferten Bäume218 in Form von Hölzern, Balken oder auch Palmfibern. Aus Letzteren wurden z. B. Brücken gebaut.219 Alternativ zu Rohr oder Schilf wurden die Dächer zuweilen auch mit Matten (ḫurdātum) aus Palmblättern (ḫarû) und mit Stricken (pitiltum) befestigt gedeckt.220 Holz (GIŠ, iṣum) für größere Gebäude wurde meist importiert, für ein Tor in Mari z. B. Zedern (gišEREN, erēnu) aus Karkemisch oder auch Balken aus den Wäldern bei Tuttul.221 Einheimische Hölzer waren weder besonders widerstandsfähig noch in hinreichender Länge vorhanden. So hat bereits Samsī-Addu versucht, fremde Bäume wie Buchsbaum, Zeder und Zypresse heimisch werden zu lassen. Somit waren Palmholztüren und hölzerne Treppen besonders kostspielig.222 Die Zahl der Dachbalken (gišÙR, gušūru) variierte je nach Gebäudegröße; wurden für ein stattliches Haus etwa 10 Balken benötigt, so konnte die Zahl für einen Tempel auch auf das Sechsfache ansteigen.223

Bezüglich der Organisation einer Baustelle sind Anwesenheits- und Rationenlisten, die die Versorgung der Arbeiter, aber auch der Zug- bzw. Tragtiere dokumentieren, sowie Quittungen, die die Ausgabe von Gerätschaften (unātum) verzeichnen, besonders aussagekräftig. Eine wahrscheinlich einen Hausbau betreffende Liste nennt z. B. Ausgaben in Gerste für Tierfutter, als Lohn für Mietlinge, „welche Backsteine gestrichen haben (labānum)“ und andere „welche Lehmmauern geformt haben (pitiqtam patāqum)“ sowie als Verköstigung für Burschen bzw. als Lohn für den Zimmermann und die Töpfer.224 Schlechtes Werkzeug gab allemal Anlass zur Klage – zeitgemäß und begehrt waren Utensilien aus Kupfer.225

„12 kupferne Spaten (uruduMAR), 6 kupferne Gartenhacken (uruduḪA.BU.DA) mögen eiligst herkommen! (Von) Apil-Šamaš und Apilša habe ich kupferne Gartenhacken verlangt, (aber abgesehen von) solchen, die nicht aus Kupfer gefertigt sind (ša lā šipir werîm), konnte ich keine erhalten, so daß die Mietarbeiter sich beschweren werden. Ein Graben (PA5) ist eine Arbeit für kupferne Spaten sowie kupferne Gartenhacken! (…)“

5.8 Der Bauplan

„Die Zylinderinschriften A und B des Stadtfürsten Gudea von Lagaš beschreiben die menschliche Vollendung einer von den Göttern genau geplanten und bestimmten Institution ‚Tempel‘, wo alles bereits per se in die Sphäre des Heiligen gehörte. Die göttlichen Kräfte (me, giš-ḫur, garza) waren transzendent, eigentlich ungreifbar, aber als konkrete Anlage doch real.“226

Der Bauplan, kennzeichnendes Merkmal des Architekten, der auswählend die Materialien ordnen lässt, lässt sich in den altorientalischen Quellen am schwierigsten nachweisen. Die erhaltenen Grundriss- oder Architekturzeichnungen, die seit der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends (Akkade- Zeit) belegt sind, stellen wohl weniger Entwürfe als vielmehr Aufmaße verschiedenster Gebäude dar,227 dennoch sollten sie als Hinweis auf mögliche skizzenhafte Wiedergaben dreidimensionaler Raumvorstellungen auch in der Planungsphase eines Gebäudebaus bewertet werden. Dass es solche Entwürfe gegeben hat, diese zuweilen ad hoc entstanden und in bestimmten Situationen auch unabdingbar waren, zeigt folgender altbabylonischer Brief eines verantwortungsvollen Beamten im Dienste des Königs aus Terqa.228

„Zu meinem Herrn sprich: Folgendermaßen spricht Kibrī-D[agān], dein Diener. Am Tag, da ich diese meine Tafel meinem Herrn bringen ließ, ist das Tor der unteren Stadthälfte, außen, auf der Außenseite, (d. h.) auf der flußseite, zusammengestürzt. Ich habe nachgedacht und mir (gesagt): ‚Bis mein Herr kommt und für diese Arbeit zur Verfügung steht und auch den Plan für dieses Tor gezeichnet hat (uṣurtam eṣērum), werde ich, ohne (Genehmigung) meines Herrn, die Ausführung dieser Arbeit nicht angehen.’ Auch kann diese Arbeit nicht be[wältigt werden]. Es ist na[he] dem Fluß. Eine dauerhafte Arbeit muß [geleistet] werden. Bis mein Herr eintrif[ft und für diese] Ar[beit zur] Verfügung [steht] und auch den Pl[an für dieses Tor gezeichnet hat, werde ich] ohne (Erlaubnis) [meines] Her[rn diese Arbeit] nicht [erledigen]. Wenn […] Stein[e …] Steine […]. Eine dau[erhafte] Arbeit [wird geleistet werden, und sie werden] keine Verfehlung [begehen]. Es ist zu befürchten, daß [mein] He[rr] folgendermaßen [spricht]: ‚[Lasse] die[se] Arbeit durch die Leute, [die zur Verfügung] stehen, verrichten!’ Es ist der rechte Moment, den Bedarf [des Palastes] zu nehmen! Die Leute, die zur Verfügung stehen, reichen nicht aus für (das Schneiden von) Rohr, Binsen und (das Herstellen von) Nägeln, Bedarf des Palastes. Bis mein Herr eintrifft, werde ich das Verrichten dieser Arbeit (i. e. Bauarbeit) nicht angehen. Wie dem auch sei, mein Herr möge mir schreiben, und ich werde gemäß dem Befehl meines Herrn handeln.“

Wie haben wir uns nun eine solche Planungsskizze, die nach Ausweis des vorangehenden Briefes ebenso wie die bereits erwähnten Messtechniken (s. o.) eng mit einem privilegierten Herrschaftswissen zusammenhing229, vorzustellen? Da der ursprüngliche Begriff akk. uṣurtam eṣērum = sum. ĝiš-ḫur „einen Plan/Entwurf zeichnen“ auf eine mit einem Holz (ĝiš) eingeritzte (ḫur) Zeichnung (uṣurtum) hinweist, sich also schon durch die Wortwahl von einem auf Ton eingedrückten Vorgang wie dem des Schreibens (akk. šaṭārum = sum. sar) unterscheidet230, liegt die Vermutung nahe, die Anbringung einer solchen Zeichnung auf einem anderen Medium, etwa Wachstafeln, Leder oder auch einfach im Sand des Bodens zu suchen.231 Für alle drei Möglichkeiten lassen sich Beispiele finden, niemals jedoch in eindeutigem Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauplans. Informationen über Wachstafeln (GIŠ.DA, lē’u), die seit dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. belegt sind, sind äußerst spärlich und unpräzise.232 Skizzen auf Leder für Orthostatenreliefs oder Wandmalereien sind insbesondere für das 1. Jahrtausends v. Chr. bezeugt, aus dem 2. Jahrtausends kennen wir direkt auf der Wand angebrachte Vorzeichnungen, die etwa im Palast von Mari freigelegt worden sind.233 Schließlich lassen sich andersartige Vorzeichnungen wahrscheinlich im Sand für den Bereich der Schule nachweisen, gab es doch solche von Vorzeichnern oder auch dem Meister zu Füßen der Schüler angebrachte Skizzen, die der Schreiberlehrling in Keilschrift auf Tontafeln umzusetzen hatte.234 In welcher Form auch immer der im obigen Brief angesprochene Herrscher in seiner Funktion als oberster Bauherr den geforderten Entwurf für ein neues Stadttor präsentiert haben mag,235 deutlich wird, dass in dermaßen schwierigen Fällen das Wissen und das Können eines ausgebildeten und erfahrenen Architekten von Nöten waren.

Und bleibt es auch sehr schwierig, aufgrund mangelnder Texte, die den „mesopotamischen Blick“ darstellen könnten, altorientalische Vorstellungen von abstrakten künstlerischen Konzepten und Ästhetik oder auch deren Einbindung in größere funktionale Kontexte zu begreifen,236 so ist doch augenfällig, dass bei aller von den Göttern verliehener Weisheit und Expertise die menschliche Komponente nicht verloren ging. War zwar jeder Plan nach der Sonne ausgerichtet, wobei sich der Beobachter nach Osten, zum Sonnenaufgang wandte und dementsprechend Norden zu seiner Linken, Süden zu seiner Rechten und Westen hinter ihm lag, so blieb doch hinsichtlich der Abmessung von Entfernungen der Mensch das Maß aller Dinge mit seinem „Finger“ für kleinere und seiner „Elle“ für größere Maßstäbe sowie der Mobilität eines Läufers, die in „Doppelstunden“ gemessen, die Distanz des sechsten Teils eines Tagesmarsches, demnach eine Doppelmeile (= 10,8 km) darstellte. Um allerdings den göttlichen Plan erkennen und ausführen zu können, bedurfte es des richtigen Blickwinkels verbunden mit einer angemessenen Weitsicht und Planungsfähigkeit – ausgedrückt durch den altorientalischen Begriff ṣubbû „etwas aus der Ferne betrachten“, „wahrgenommen werden“ (N-Stamm), „etwas nach einem Plan ausführen“ (Š-Stamm).237 Nur derjenige Baumeister, der sein Werk „mit einem guten Auge“238 in all seinen Dimensionen, demnach mit dem richtigen Abstand sehen und folglich korrekt erfassen konnte, galt als ein fähiger und weiser Gelehrter.239

Wehe dem, der laut Kodex Ḫammu-rapi das rechte Maß nicht einhalten konnte:

„Wenn ein Baumeister für jemanden ein Haus baut, sein Werk aber nicht planmäßig ausführt (šipiršu la ušteṣbi-ma) und die Wand einstürzt (…).“240

Bibliographie

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Fußnoten

Siehe zu einem die Hacke preisenden Hymnus Edzard 2004, 530 Anm. 172.

Ich richte mich nach der auszugweisen Bearbeitung von Edzard 2004, 525–531.

Michalowski 1998-2001, 575: „N. was the goddess of grain and of the scribal arts in the widest sense of the word, including writing, accounting, and surveying.“ Vgl. auch Edzard 2004, 531: „Sozialer Unterton ist nicht ganz ausgeschlossen, wenn uns das einfache, gleichsam plebeische (vgl. Z. 5) Arbeitsinstrument als dem höchst komplizierten Pflug überlegen dargestellt wird.“

Ich richte mich bei den Datierungen nach der sogenannten „Kurzen Chronologie“. Nach neuesten Untersuchungen sind von den bisher benutzten langen, mittleren, kurzen und ultrakurzen Chronologien nur noch die beiden letztgenannten, die lediglich 32 Jahre auseinanderliegen, diskutabel; vgl. Tanret 2000, aber auch Huber 1999/2000.

Besondere Bedeutung erlangten dabei die drei mächtigen Dynastien von Isin (1955–1730 v. Chr.), Larsa (1961–1699 v. Chr.) und Babylon (1830–1531 v. Chr.). Zuzeiten konnten auch das südbabylonische Uruk sowie Ešnunna im Dijāla-Gebiet hervorragen.

Zur Geschichte der altbabylonischen Zeit, siehe jetzt Charpin 2004; sowie Stol 2004. Zu Ḫammu-rapi von Babylon, siehe Klengel 1991; Charpin 2003; Charpin 2004, bes. 317ff.; van de Mieroop 2005; Pientka-Hinz 2008a.

Siehe zusammenfassend Pientka-Hinz 2006–2008.

Im westlichen Syrien nahmen vor allem die Königreiche von Qatna und Aleppo eine hervorragende Stellung ein.

Zum Fortbestehen südbabylonischer Traditionen im nördlichen Babylonien, siehe Pientka 1998, 177ff.. In welchem Ausmaß insbesondere sumerische Texttraditionen eine solche Verlagerung aus dem Süden in den Norden erfahren haben, entzieht sich noch völlig unserer Kenntnis; siehe Charpin 2004, 345 mit Anm. 1798.

Siehe zuletzt Pientka-Hinz 2008a.

Klischeevorstellungen, die nicht als realistisches Abbild nomadischer Lebensweise aufgefasst werden dürfen; siehe Charpin 2006, 285.

Nach Streck (2000, 75f.), haben weder die politisch-historische noch die sozio-kulturelle Reflexion die altbabylonische Zeit überlebt, somit sei das Ende der Nomadenreflexion ein Zeugnis für die in dieser Zeit erfolgte Integration der Amurriter in die mesopotamische Kultur.

Streck (2002, 182ff.) spricht von einem dimorphen Staat (insbesondere im Bereich des Mittleren Euphrat), welcher nomadische und sesshafte Elemente enthält, dabei treten das Dorf und die Weide als Region der Nomaden, die Stadt und ihr unmittelbares Umland als Region der Sesshaften auf. Bezeichnend für eine solche dimorphe Zone ist eine Verzahnung von Kleinviehzucht und Ackerbau, wobei die beiden Pole nomadischer Ökonomie – das Dorf im Flusstal und das Weidegebiet in der Wüstensteppe – durch die Transhumanz miteinander verbunden sind. Zeitweise nomadisierende (ḫibrum ša nawêm „die Gemeinschaft des Weidegebietes“) und sesshafte Stammesteile (ša ālānī „die der Dörfer“) leben mal im Einklang, mal im Konflikt mit den Städten und vor allem deren Umland samt Landbevölkerung (Streck 2002, bes. 157f. und 168f. mit Anm. 79).

Dabei ist zu beachten, dass selbst im Hinblick auf die Gruppe der Sesshaften in Stadt- und Landbewohner zu differenzieren bleibt. Die babylonische Selbstsicht als eine urbane Zivilisation ist oftmals eher auf einer ideologischen als einer realen Ebene zu bewerten; siehe Charpin 2003, 239f.. Zu einer Übersicht über die altbabylonischen Bevölkerungsanteile, siehe jetzt auch Stol 2004, 645ff..

Allgemein sind amurritische Einflüsse schwer zu bestimmen, da sich die amurritische Sprache in der Schriftkultur nicht durchgesetzt hat. Ebenso bleiben archäologische Untersuchungen im Bereich der Steppengebiete aufgrund der geringen, zudem oftmals unspezifischen Überbleibsel nomadischer Kultur wenig ergiebig. Siehe allgemein Whiting 1995. – Eine Ausnahme mag für den Bereich der Weberei zu postulieren sein, in dem eigene amurritische Fachtermini für spezielles Wissen sprechen (s. u.). Ebenso könnten Neuerungen in der Zeichen- und Maltechnik unter amurritischem Einfluss entstanden sein (s. u.). Ein vermeintlich amurritischer Begriff aus der Glaskunst (zakukūtu „Glasur“) ist nach Streck (2000, 122) eher akkadisch zu deuten; vgl. Charpin 2006, 287.

Eventuell lässt sich spezielles amurritisches Wissen im Bereich des Wasserbaus nachweisen; siehe yābiltu „ein Zubringerkanal“ und maḫappu „Teil eines Dammes(?)“, Streck 2000, 103f. und 121 mit Lit.. Konflikte zwischen Landbevölkerung und Nomaden, ausgelöst durch die gemeinsame Inanspruchnahme von Brunnen und sonstigen Wasserstellen zur Viehtränke, lassen ein auch auf amurritischer Seite begründetes Wissen um den Brunnenbau vermuten. – Problematische, meist nur selten belegte Begriffe wie makānu „Lagerplatz(?)“ und qirsû „ein hölzerner Verschlag(?)“ bedürfen vorerst einer eingehenden Klärung und seien hier nur am Rande erwähnt; siehe Streck 2000, 104 und 110f. mit Literatur.

Dies zeigt sich auch in der Wahl des zugehörigen Subjekts, welches im Umfeld von sakānu zumeist die „Herden der Nomaden“ (nawû) kennzeichnet; siehe Streck 2000, 114 mit Literatur. Vgl. auch noch die amurritischen Begriffe gubburu „Versammlung der Ḫanäer in einem befestigten Lager“ (nach Streck 2000, 90 unsicher) sowie maḫ(a)nû „(bensim’alitisches) Nomadenlager“, siehe Durand 1998, 417; dazu Streck 2000, 103.

Siehe Streck 2002, 168; Streck 2000, 94f.; (ḫaṣāru). Zu einem eventuell weiteren amurritischen Begriff für eine „Umzäunung“ (karkatu), siehe Streck 2000, 101 mit Literatur.

Das von den sumerischen Königen Šulgi und Šu-Sîn in Auftrag gegebene Bollwerk verlief zwischen Euphrat und Tigris nördlich von Baghdad.

Nach Streck (2000, 122) handelt es sich eher um eine akkadische Etymologie. Allerdings finden sich fast alle altbabylonischen Belege in Texten aus Mari; vgl. auch Charpin 2006, 287. Manche der amurritischen Rammböcke waren berüchtigt, fanden sogar religiöse Verehrung, so der ein wildes Tier bezeichnende Ḫaradān; siehe Kupper 1997, 124 mit Anm. 27. Man vergleiche auch die spätere Forderung eines Hethiterkönigs (wahrscheinlich Hattušili I.) nach „einem Rammbock, so wie die Hurriter ihn bauen“ als Zeugnis ethnisch gebundenen Wissens (Kupper 1997, 126).

Dazu gehören auch die beiden unklaren Begriffe kiskisûm und ḫamannu („eine Erdaufschüttung?/ein Stützbalken?“); siehe Kupper 1997, 126ff.. Man beachte auch die samūkānu-Geräte bei Whiting 1987, 14 und 46f. (s. u.)..

Die Höhe der Türme korrelierte mit der Höhe der zu bewältigenden Mauer (Kupper 1997, 127f.).

Siehe Streck 2002, 174. Zu den in spätaltbabylonischen Briefen beschriebenen Szenarien plündernder und mordender Bevölkerungsgruppen und entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen der Stadtbevölkerung, siehe Pientka 1998, 260–262 und Richardson 2005.

Der „leergefegte“ Boden konnte sodann mit einer Siegesstele (ḫumūsum) versehen werden; siehe Charpin 2006, 287.

Zur Löwenjagd und der exponierten Stellung amurritischer Krieger, siehe Pientka-Hinz 2009.

Siehe Nunn 1988, bes. 203f.. Zu besonders qualitätsvollen Zeichen- und Maltechniken, die die Wandmalereien des Palastes von Mari demonstrieren und die von einer Spezialistenmannschaft für künstlerische Belange ausgeführt worden sind, siehe Nunn 1988, 32 mit Anm. 145.

Vgl. auch Nunn 1988, 227f. zur Nachahmung natürlicher Begebenheiten (Palmen) durch Bemalung. Allgemein zu ästhetischen Sichtweisen im Alten Orient, siehe Winter 1995.

Hier vermischt sich das sumerische Sexagesimalsystem (Grundzahl 60) mit dem westsemitischen Dezimalsystem (Grundzahl 10).

Insbesondere in der altbabylonischen Zeit fanden sich Schulräume mit entsprechenden Tafelfunden in Tempeln und Palästen (Uruk) oder weitaus häufiger auch in Privathäusern, u. a. von Priestern (Ur, Nippur, Mari, Ugarit, Tell ed-Dēr); siehe Volk 2000, 6; Wilcke 2000. Zum teilweise sehr individuell gestalteten Schulunterricht, siehe jetzt Robson 2001.

Zu dieser frühen Datierung der É.DUB.BA.A-Kultur, die lange Zeit als eine typische Konstante der altbabylonischen Zeit angesehen wurde, siehe jetzt George 2005.

Nach Knudsen 2004, 318 ist es durchaus möglich, dass im Schulunterricht auch die amurritische Sprache vermittelt wurde – waren die Schüler nicht ohnehin schon zweisprachig aufgewachsen.

„(…) the two languages have lived alongside each other in perfect symbiosis. This close contact over a period of centuries has caused mutual interference. (…) Bilingualism in the sense that two languages are being used concurrently, from rather early on had become a school thing“ (Vanstiphout 1999, 150f.). Im Gegenzug spricht Vanstiphout der amurritischen Einwanderung jegliche linguistische Relevanz ab (146). Siehe zur Problematik der Zweisprachigkeit in altbabylonischer Zeit jetzt auch Charpin 2008, 163.

Es ist bezeichnend, dass in dieser Zeit, in der das Sumerische als gesprochene Sprache ausgestorben war, ordnende Syllabare entstanden sowie die nun schon sehr alten sumerischen lexikalischen Listen mit akkadischen Übersetzungen versehen wurden und somit den Status eines Wörterbuches erhielten; siehe Civil 1974, 127. Den Hauptanteil der in dieser Zeit aufkommenden sumerisch-akkadischen Bilinguen stellten im übrigen magische und rituelle Texte sowie Gebete; siehe Vanstiphout 1999, 148.

Weibliche Vertreter des Schreiberberufes finden sich vor allem in primär femininen Milieus wie dem Harem des Palastes von Mari oder den klosterähnlichen Institutionen der nadītum-Priesterinnen in Sippar; siehe zuletzt Lion 2001 und CAD Ṭ 150f.

Die eigens dem Militär zugewiesenen Schreiber erhielten den Rang eines DUMU.É.DUB.BA.A „Sohn der Schule“; siehe Stol 2004, 780 mit Anm. 961. Zu „Archivaren“ (PISAN.DUB.BA), siehe Stol 2002, bes. 753ff.. – Der Umstand, dass im Laufe der altbabylonischen Epoche die Verschriftlichung von Rechtsdingen immer wichtiger wurde und im Gegenzug Symbole und Riten mehr und mehr verdrängte, mag zu einer neuen Gewichtung der Schreiberausbildung geführt haben (siehe den sehr hohen Beamten „Schreiber der Richter“ [DUMU.É.DUB.BA.A ša DI.KU5[meš]] in TCL 1, 157, 75). Dabei kann die Regierungszeit des Königs Ḫammurapi als Wendepunkt zu einer differenzierteren Professionalisierung u. a. im Recht betrachtet werden. Von nun an finden sich z. B. als „Diener des Königs“ qualifizierte Richter mit unter Umständen besonderen Aufgaben; siehe Charpin 2008, 158f..

Eine besonders ehrenvolle Position nahm sicherlich der sehr selten belegte „Schreiber des Königs“ (DUB.SAR.LUGAL.LA = ṭupšar šarri) ein; siehe Pientka 2002, 204. 208: Rs. 14’’ mit 211: 14’’; s. auch CAD Ṭ 159 b´. Die Bezeichnung des königlichen „Sekretärs“ (ṭupšar sakkakkim, wörtlich: „Schreiber des Geheimnisses“) verrät dessen unbedingte Diskretion und Loyalität; siehe Charpin 2004, 259 mit Anm. 1332.

Zum mathematischen Denken der damaligen Zeit – einer Mischung aus algebraischer und geometrischer Logik – zählten algebraische Gleichungen mit mehreren Unbekannten, quadratische Gleichungen, Wurzelgleichungen, arithmetische Folgen, Flächenberechnungen von Quadraten, Rechtecken, Dreiecken, Trapezen sowie weiteren regelmäßigen Vielecken, Kreisen und Kreisausschnitten, aber auch von diversen Körpern wie Prismen von rechteckiger, dreieckiger oder trapezförmiger Form, Pyramidenstümpfen, Zylindern und Kegelstümpfen; siehe Powell 1995, 1944f..

Zum Schwierigkeitsgrad eines Keilschriftstudiums, siehe jetzt Charpin 2008, 52ff..

Vgl. Biggs 1995, 1920: „Nothing specific is known from ancient texts concerning the training of exorcists. As they had to consult a great many written sources, it is likely that their training included some years in the scribal schools so that they could read the texts themselves as needed or make copies for the use of colleagues. A number of colophons list an exorcist as the scribe, the owner, or both of medical texts. It seems likely, however, that particular practitioners may have committed commonly used texts to memory and that, except in the royal court and in urban centers, many exorcists may not have needed to know how to read or write.“

Vgl. zu den umfangreichen Textfunden aus dem Hause eines Beschwörungspriesters in Meturan (Tell Haddad) Cavigneaux 1999, bes. 257f.: „it could well have been part of the professional library of a ‚Fachmann‘, of a man sensitive in the realms of religion and literature; a man we would like even more to identify and know better, an intellectual with universal and perhaps even historical interests. (…) This library, with its diversity, bringing together popular and utilitary texts with higher literature, shows very concretely how Mesopotamian ‚holism‘ coexisted with the intellectual production of the ‚hegemonic‘, ‚theistic‘ ideology.“

Nach Powell 1995, 1942 bestand die Motivation, die im 2. Jahrtausend v. Chr. zu einer erstmaligen Verschriftlichung wissenschaftlicher Literatur geführt hat, gerade in dem hohen Stellenwert der damaligen Divination.

Siehe ausführlich Pecha 1999. Zu weiteren Beamten, die ebenfalls für die Verwaltung der königlichen Ländereien verantwortlich waren wie der rabi sikkatum und der kakikkum sowie deren schwierige Abgrenzung voneinander, siehe Pientka-Hinz 2006a, bes. 68 mit Literatur.

Siehe AHw. III 1517 zazakku(m) „ein Katasterdirektor“; CAD Z 75f. zazakku „a high administrative official“.

Einem spätaltbabylonischen Brief zufolge ist ein „Katasterbeamter“, der zur Unterstützung bei der Steuereintreibung aus der Schule abberufen worden war, nach vollendeter Arbeit zum Schreibertum (ana ṭupšarrūtim) zurückversetzt worden, siehe AbB 11, 89 und dazu Ellis 1974, 226 mit Anm. 62. Möglicherweise zeigen sich hier die desolaten Verhältnisse der von einer ökonomischen Krise geprägten ausgehenden altbabylonischen Zeit in einem strukturell schwachen Staatswesen, in dem es an Facharbeitern fehlte; siehe auch Pientka 1998, 249ff..

Eventuell fiel die Tätigkeit der Himmelsbeobachtungen in altbabylonischer Zeit mit den Aufgaben des Wahrsagers zusammen. Siehe auch Powell 1995, 1941f.: „(…) about physics we know almost nothing, probably because these sciences were embedded in particular professions and transmitted almost exclusively by oral tradition. The same is true of the technological side of astronomy.“

Siehe Charpin 2003, 227; Charpin 2008, 61, 93 „La fossilisation progressive de la tradition savante en Mésopotamie“); Glassner 1995, 1815: „They designated any possessor of a specialized knowledge or craft, either scribe, surveyor, artist, or artisan.“ Selbst über 1000 Jahre später waren noch besonders berühmte Meister („Weise“) namentlich als Urheber literarischer Kompositionen bekannt und wurden von ihren gelehrten Nachfolgern verehrt (van Dijk 1962, 44ff.).

Die meisten Texte medizinischen Inhalts haben wir vielmehr den Beschwörern zu verdanken, die als mit den Ärzten im Team arbeitende Gelehrte solche Inhalte in ihre eigenen Kompendien mit einflochten; siehe Biggs 1995, bes. 1913f.. „The evidence is too slight to indicate whether asûs normally learned to read and write. It is possible that physicians were organized into a professional group, for the title ‚chief physician‘ is attested; but there is no evidence that they were under the supervision of any particular public authority. By analogy with scribal schools, it may be that the medical school at Isin (whose existence is merely suggested here) may have had some system of examinations to pass before one was entitled to call himself a physician of Isin. If this is true, it would imply that there was a group of master physicians who had some control over curriculum and the list of skills to be acquired“ (Biggs 1995, 1918f.).

Siehe Charpin 1985.

Siehe Tanret 2002, bes. 170f.: „Mais l’apprentissage scribal n’était pas réservé aux seuls scribes. (…) L’exemple d’Ur-Utu montre que cet enseignement scribal élémentaire n’était, pour un certain nombre de profession, qu’une première partie de leur formation, une sorte de base qui devait être complétée par leur formation professionnelle spécialisée. Bēlānum n’était pas destiné à devenir scribe mais gala.maḫ. Cela expliquerait pourquoi la première formation ne devait pas explorer jusqu’aux derniers raffinements de l’art scribal. Une bonne base suffisait. Cette base restait, au demeurant, assez éloignée de la pratique scribal journalière. Le gala.maḫ ne devait pas être capable d’écrire lui-même ses textes, il y avait pour cela des scribes professionnels. A cause de sa haute responsabilité dans le temple et de son important statut social, il devait pouvoir se rendre compte de ce qui était écrit pour lui. L’autre partie, la plus importante, de son ‚capital culturel‘, lui serait fournie par la formation à sa haute fonction religieuse et sociale. Nul doute ne peut exister sur l’identité de la personne responsable de cet enseignement-là. Inanna-mansum a dû former son fils. Cette formation n’était de toute évidence pas écrite mais orale. Bēlānum a dû accompagner et seconder son père jusqu’à ce que ce dernier soit prêt à lui remettre ‚son sceptre‘.“

Vgl. Charpin 2004, 249; Stol 2004, 681. Siehe zu altbabylonischen Familienbegriffen wie auch „Haus des Vaters“ Stol 2004, 694ff..

Vgl. Weygand 2001, 35: „Tous ces éléments nous indiquent que ces maquettes servaient à un culte domestique, des pratiques où dominait le concept de la maison, de l’ancrage de la lignée et, par-delà peut-être de celui de la ville de Mari même, construite dès son origine sur un plan circulaire.“

Hierzu und zu einer anschaulichen Auswertung des sogenannten „Stadtplanes von Nippur“, siehe Stol 2004, 670ff..

Manche Wissenschaftler betrachten den Stadtplan von Nippur als Entwurf; siehe Stol 2004, 671 Anm. 185.

Siehe Charpin 2004, 245f.. In einer Inschrift des Königs Jaḫdun-Lim ist nachzulesen, wie der Herrscher die Stadt Mari samt ihres Umlandes wieder aufbauen ließ; siehe Whiting 1995, 1235.

Siehe Durand 1998, 290: „Fortifier une ville se disait »âlam epêšum«, en m. à m. »faire (qu’un lieu soit) une ville«, comme si les murailles consacraient un lieu en cité.“ Die wenigen Informationen zur Höhe solcher Mauern ergeben einen Rahmen von 3,60 m bis zu 6 m (Kupper 1997, 132). Der komplette Hügel (Tell), auf dem die Festung einer orientalischen Stadt aufliegen konnte, war zuweilen bedeutend höher; Durand (1998, 294) erwähnt eine Anhöhe von 30 m.

Siehe Stol 2004, 665 mit Anm. 128; Sasson 1969, 4f.. Nach Kupper (1997, 132) konnte so ein Wall auch aus zwei Ziegelmauern (igartum), die eine Erdfüllung umschlossen, bestehen.

Vgl. Kupper 1997, 132: „Cependant, quand on parle de faire monter la troupe sur le rempart (ARM XXVI/2 323:7) ou de l’en faire descendre (ARM XXVIII/67:16–17), on ne sait s’il s’agit bien du rempart ou plutôt de la citadelle, le terme bàd désignant l’un comme l’autre.“

Nach Charpin (2004, 328 mit Anm. 1709) könnte die „große Mauer“ von Mari als Synonym für die ganze Stadt oder speziell für den Palast stehen; vgl. auch Ziegler 1994, 20f. mit Anm. 50.

Siehe auch Durand 2000, 209f..

Siehe Ziegler 1994, 12ff. Nr. 1 und 2, sowie 20f.. Stol (2004, 668) deutet die beiden Begriffe für „Innenstadt“ (kirḫum) und „Außenstadt“ (adaššum) ebenfalls als „Innenmauer“ und „Außenmauer“.

Nach Stol (2004, 665 Anm.129) war die Mauer von einem šulḫûm umgeben; ARM 6, 29:16, mit Durand 1998, 256f. („renforcement, glacis“).

Siehe Birot 1993, 203a: Kutlâtum (les »Haies« ou les »Barrières«).

So wurde in Tell Asmar eine Terrasse von außen gegen die Mauer gebaut (Whiting 1987, 39f.: No. 4).

Ein solches Tor aus Mari bestand aus Zedernholz und war etwa 6 m hoch, 6 m breit und 2,15m dick.

Vgl. Charpin 2004, 289ff.. Auch die heute noch zu bewundernde Stadtmauer von Tell Ḥarmal mag als anschauliches Beispiel genannt sein; siehe Charpin 2003, 239ff..

Vgl. die Darstellung auf einer altbabylonischen Terrakotte bei Opificius 1961, 68f. Nr. 192a; dazu Kupper 1997, 133 (Stadtmauer mit Zinnen und gewölbtem Stadttor).

Siehe Stol 2004, 667 mit Anm. 145f.. Vgl. auch den „Stadtplan von Nippur“ sowie eine mathematische Aufgabe, die einen kreisrunden Graben erwähnt; Stol 2004, 667 mit Anm. 148. Zu Belegen in Mari-Texten, siehe Durand 1998, 291. Die befestigte Stadt Ḫirêtum trug den bezeichnenden Beinamen „Die Gräben“.

AbB 6, 186: 10.

Die bis zu zwei Monate dauernden Kanalinstandhaltungsarbeiten wurden nach der Ernte durchgeführt, wenn die kleinen Bewässerungskanäle trocken waren.

Texte aus Mari berichten von Barrieren aus im Wasser eingeschlagenen Pfählen mit davor aufgeschichteten Reisigbündeln und Sträuchern, um so bei Bedarf den Wasserspiegel ansteigen lassen und die Bewässerungsgräben versorgen zu können, aber auch um durch große Sedimente ausgelöste Aufschwemmungen zu vermeiden. Die Hauptkanäle waren mit Schiebern versehen, die aus zwei eine Holzfüllung einrahmenden Pfosten konstruiert waren. Im Falle einer Flut wurden diese Schieber geöffnet und das Wasser in sekundäre Kanäle entlassen. Techniker, die das Wasser verteilten, d. h. die komplexe Aufgabe überwachten, den Wasserstand für die verschiedenen Nebenkanäle anzuheben, benötigten ein perfektes Wissen über die Lokalitäten. Sie mussten den maximalen Druck, dem die jeweiligen Deiche an den Abzweigungsstellen ausgesetzt werden durften, berechnen können. Auch wurde das Wasser im Hauptkanal auf maximaler Höhe gehalten, um ausnahmsweise Schifffahrt zu ermöglichen. Auf der anderen Seite musste Wasser zu Instandhaltungsarbeiten in Auffangbecken zurückgehalten werden können. Vgl. ausführlich Durand 1998, 573ff..

So vielleicht von Ḫammu-rapi im Dijāla-Gebiet durchgeführt; vgl. Charpin 2004, 332f. mit Anm. 1735.

Laut AbB 10, 48, soll eine Brücke aus Palmfibern (GIŠ.ZÚ.GišiMMARḫi.a) und Körben (GI.GUR.SÌLA) gebaut werden.

Durch die hier entdeckten Archive konnte das Gebäude als Palast des Enlil-bani identifiziert werden.

Lediglich die Fundamente des von Sin-kašid erbauten Palastes haben sich erhalten.

Siehe AbB 1,61; dazu Charpin 2004, 362f..

So betont auch Ḫammu-rapi immer wieder, im Auftrag des Sonnengottes Šamaš zu handeln, dessen Weisheit erst die eigentliche Quelle der durch den König verwirklichten Gerechtigkeit darstellte; vgl. Pientka-Hinz 2008a.

Nach Alster 1997, I 70: 2.126; vgl. auch S. 373. Wahrscheinlich wird hier auf einen Gebetsritus angespielt, der für gewöhnlich auf dem Dach des Hauses vollzogen wurde; vgl. Pientka-Hinz 2008b, 31 mit Anm. 38.

Bei dieser „vom Boden nach oben“ bzw. „vom Boden zum Himmel“ errichteten Mauer „verband“ eine der beiden Parteien den Riegel und die Balken sollten zu gleichen Teilen (mitḫāriš) aufgelegt werden (Stol 2004, 685 mit Anm. 291f.).

Verschiedene Beispiele finden sich bei Stol 2004, 685: 1 „Rute“ (GAR, ninda) = 12 „Ellen“ = 6 Meter; 1 „quadratische Rute“ = 1 SAR = 36 m2; 1 „Elle“ = 30 „Finger“ = 50 cm.

Zur Problematik der von einigen Archäologen angezweifelten Existenz einer zweiten Etage, siehe Stol 2004, 686 Anm. 300 mit Literatur.

AbB 10, 145: 22–28.

AbB 12, 17.

Eine allgemeine Darstellung zur Wirtschaft und Gesellschaft der altbabylonischen Zeit bietet Klengel 1991, 76ff.; nun sehr detailliert auch Stol 2004.

Vgl. Charpin 2004, 258ff., und Stol 2002, 735-758. Über zahlreiche hohe Beamte wie „Minister“ (šukkallum) und „Sekretäre“, wörtlich „Schreiber des Geheimnisses“ (ṭupšar sakkakkim), wissen wir nur sehr wenig. Andere Beamtentitel wie der „Barbier“, der „Aufseher über die Köche“ oder der „Große des Pflocks“ werden in den Texten, zumeist als Zeugen, häufig genannt, doch kennen wir kaum ihre Funktion oder Aktivitäten; vgl. Pientka-Hinz 2006a und oben Anm. 64.

Im babylonischen Königreich hatte jede Ortschaft einen „Bürgermeister“ (rabiānum) sowie die „Ältesten“ (šībūtum), somit die wichtigsten Familienoberhäupter, zur Regulierung des Gemeindewesens an dessen Spitze. Im Königreich von Mari nahm diese Rolle der sugāgum unterstützt von einem „Lieutenant“ (laputtûm) ein; vgl. Charpin 2004, 270f., sowie Stol 2004, 677 mit Anm. 234, 752. Weitere Mitglieder der Stadtverwaltung waren die „Richter“ und die „Kaufmannschaft“ (KAR).

Ein Kanaldistrikt hat einen „Lieutenant des Kanals“ (NU.BÀNDA ÍD.DA); siehe Stol 2004, 676 mit Anm. 230, sowie 752f..

Nachgewiesen für Uruk und Mari; siehe Charpin 2004, 247f..

Siehe z. B. AbB 11, 121.

Vgl. Stol 1995.

ARM 6, 7; dazu Stol 2004, 755 Anm. 795.

AbB 9, 217; dazu Stol 2004, 755.

Im Zusammenhang mit der Ausbesserung(?) von Balken (gušūrū) werden in einem spätaltbabylonischen Brief Lederarbeiter (aškāpū, die auf einer Mauer tätig waren, erwähnt; siehe AbB 11, 95, 27-31.

Siehe zum sumerischen Baumeister ausführlich Neumann 1996.

Zu altbabylonischen Familienberufen wie „Aufseher“, „Kapitän“, „Richter“, „Schreiber“, „Tempelverwalter“, „Hirte“, „Kaufmann“ oder „Tempelhofreiniger“ siehe Stol 2004, 710 mit Anm. 492.

Eine lange Tempelabrechnung aus Sippar nennt die Ehefrau eines solchen „Meisterarchitekten“ (CT 45: 84, 14, undatiert [Samsu-ditana]); Pientka 1998, 646.

Siehe unten und Dossin 1971, bes. 55 (Mari); PBS 8/2, 151, 20; 264, 42(?). Zu Belegen aus Mari vgl. Durand 1997, 285ff..

So verzeichnet etwa ein Arbeitsvertrag aus Sippar neben „Mietarbeitern“ (lúḪUN.GÁ) mehrere „Maurer“ (ŠIDIMmeš), die „am Tag, an dem man sie anfordert (u4-um i-ḫa-aš-še-ḫu!)“ (zum Dienst) gehen werden; OLA 21, 10 (Abiešuḫ). Ebenso weisen Arbeitsbescheinigungen über „Maurer“ auf deren untergeordnete Stellung hin; BBVOT 1, 3 (Abiešuḫ, 3 lúŠIDIM ša? ÌR-ì-lí-šu). Vgl. auch Durand 1997, 287f..

YOS 13, 163, 8 (undatiert, Ammi-ṣaduqa; Pientka 1998, 683).

YOS 13, 163, 12 (undatiert, ca. Aṣ 18); Birot, TÉA 34, 9(?) (Ammi-ṣaduqa).

Eine Abrechnung von Getreide, welches von der Stadtverwaltung von Sippar-amnānum aus dem Speicher des Ortes genommen und neu verteilt wurde, verbucht Getreiderationen für einen „Beobachter-Lehrling“ (DUMU lúIGI.DU8.A), einen „Baumeister-Lehrling“ (DUMU ŠIDIM), einen „Torwächter“ (lúKÁ.GAL), einen „Salbpriester“ (GUDU4) sowie „Leute des Männerhauses“ (lúÉ.UŠmeš); BE 6/1,104 (Ammi-ṣaduqa). In Dilbat erhält ein „Baumeister-Lehrling“ (DUMU ŠIDIM) neben „Versammlungsleiter-Lehrlingen“ (DUMUmeš GAL.UKKIN.NA) und anderen Personen Getreide; 18, 98 (Ammi-ṣaduqa). Eine Rationenliste aus Dilbat verbucht Getreide für den „Baumeister-Lehrling“ (DUMU ŠIDIM), den „General-Lehrling“ (DUMU UGULA MAR.TU) sowie den „Versammlungsleiter-Lehrling“ (DUMU GAL.UKKIN.NA); YOS 13, 181 (Ammi-ṣaduqa; Pientka 1998, 683). Vgl. auch AbB 14, 178; CAD I/J 296, b, 1’.

CTMMA I 57, 7 (Samsu-ditana). Eventuell ist aber auch ein „Baumeister des Hauses“, folglich eines bestimmten Haushaltes gemeint; siehe hier Anm. 185.

OLA 21, 3, 11 (Datum abgebrochen, Ammi-ṣaduqa; Pientka 1998, 658); AbB 5, 157, 5'(?); zu Belegen in Mari-Texten siehe Durand 1998, 290f.. Vgl. auch die nur in Teilen überlieferte Bezeichnung ŠIDIM x-x-si in TJA 76, 20 (Ammi-ṣaduqa).

Vgl. auch die Berufsbezeichnung der „Schleusen- und Dammbauer“ (lúsēkirum); siehe AbB 10, 39.

So ließ König Samsu-iluna die Stadtmauer von Sippar-Amnānum von einfachen „Fronarbeitern“ ausbessern; siehe AbB 2, 77. Nach einem Brief aus Sippar leitete ein „Obmann über Arbeiter“ (šāpir ṣābim) einen Hausbau. Er verfügte über Silber zum Kauf des Grundstücks und verteilte Gerste als Lohn an die Arbeiter; siehe AbB 13, 110; dazu Stol 2004, 682f.. Eine Zehnerschaft von Arbeitern (ERÉN epištam) wurde zum Bestreichen der Dächer (sêrum) abkommandiert; siehe AbB 12, 17.

VS 7, 183 und 187 (undatiert, Ammi-ṣaduqa). – Eine Quittung über Ausgabe von Getreide und Gerste nennt „Haus-Baumeister“ (lúŠIDIM.Éḫi.a) sowie „Haus-Rohrmattenflechter“ (lúAD.KID.Éḫi.a) und „Haus-Wasserträger(?)“ (lúA.BAL?.Éḫi.a), somit Angestellte eines nicht weiter spezifizierten größeren Haushalts, wahrscheinlich eines Tempels. Daneben werden der „Baumeister des ḫarû-Heiligtums“ (ŠIDIM ša É-ḫa-re-e) und das „Haus des Brauers“ aufgelistet; CTMMA I 57 (Samsu-ditana). – Eine lange Tempelabrechnung aus Sippar listet die Abgabe von Broten und Bierbroten an das Tempelpersonal, u. a. auch einen nicht namentlich genannten „Baumeister“ (lúŠIDIM), auf; OLA 21, 4, 42 (Abiešuḫ). – Eine undatierte Abrechnung über Ausgabe von Getreide nennt neben den „Baumeistern bzw. Maurern“ (lúŠIDIMmeš) u. a. den „Mälzer (MUNU4) des Tempels von Sippar“, „Mietarbeiter, die Getreide getragen haben“ sowie den „Rindertreiber“ (lúŠÀ.GU4); MHET 1, 38.

OLA 21, 3 (Datum abgebrochen, Ammi-ṣaduqa; Pientka 1998, 495).

YOS 13, 163 (undatiert, Ammi-ṣaduqa; Pientka 1998, 683).

Kodex Ḫammu-rapi §§ 228, 274; siehe Borger 1982, 70, 74.

Kodex Ḫammu-rapi §§ 229–231; siehe Borger 1982, 70.

Zum nicht leicht zu beschreibenden altorientalischen Konzept von „Schuld“ (arnum) mit all seinen rechtlichen, sozialen, aber auch religiösen Auswirkungen, vgl. etwa Hengstl 1980.

Kodex Ḫammu-rapi §§ 218–219; siehe Borger 1982, 69.

Kodex Ḫammu-rapi § 232; siehe Borger 1982, 70f..

Kodex Ḫammu-rapi § 233; siehe Borger 1982, 71.

Siehe AbB 13, 63. Auch andere Bauarbeiter wurden durch königliche Order zugewiesen, so etwa die Maurer aus Sippar; siehe AbB 8, 50. Vgl. zudem Durand 1997, 285ff..

Siehe AbB 9, 82, 23–34.

Hier ist wahrscheinlich der Transport der an den niedrig gelegenen Feldern am Fluss hergestellten Ziegel angesprochen.

Siehe ARM 3, 11.

YOS 13, 363 (Samsu-ditana).

Bierrationen für den „Baumeister“ Warad-Marduk bzw. ihm unterstellte Arbeiter werden laut einer Quittung für bestimmte Zeiträume des 8. Monats verrechnet; TCL 1, 160, 17 (Ammi-ṣaduqa). Vgl. auch Durand 1997, 287f..

Lehm galt als absolutes Grundelement – selbst bei der Erschaffung des Menschen; siehe Glassner 1995, 1819f..

Nach AbB 14, 199 und 200 war der Adressat verantwortlich für das Aufladen von „guter Erde“ (SAḪARḫi.a dam-qú-tim).

Siehe Stol 2004, 683 mit Anm. 278 (mit Literatur). „Ziegelmauern“ (IZ.ZI, igātum, É.GAR8) bzw. „Mauern aus gebrannten Ziegeln“ (É.GAR8 SIG4.AL.ÙR.RA) werden auch in mathematischen Texten erwähnt; siehe Robson 1999, 67.

Dass es sich dabei um ein sehr kostengünstiges Material gehandelt hat, kann etwa aus einem altbabylonischen Brief geschlossen werden, nach dem 20.460 Rohrbündel, von denen 600 für einen Gartenzaun gedacht waren, sowie 27.300 Rohrbündel für 35 Schekel Silber gehandelt wurden; siehe AbB 14, 209.

Die wichtigsten Bitumenvorkommen befanden sich in der Region von Kirkuk, bei Hît am Mittleren Euphrat sowie in Dilmun (Baḥrain). Zur in Briefen geäußerten Nachfrage nach Bitumen vgl. AbB 10, 41 (ESÍR.ḪA5.RÁ.A) und AbB 11, 141 (A.ESÍR aus Jašum).

Ein differenziertes Vokabular für verschiedene Phasen der Raffinerie („fester/unraffinierter Bitumen“ [ESÍR, iṭṭûm], „trockener/raffinierter Bitumen“ [ESÍR.ḪA5.RÁ(.A), kuprum], „gemischter(?) Bitumen“ [ESÍR.ḪI.A], „flüssiger Bitumen“ [naptu]) bzw. der Farbgebung („schwarzer Bitumen“ und „weißer Bitumen“) lassen auf eine vielfältige Verwendungsweise schließen. Mathematische Texte zeigen z. B. auch, dass „trockener Bitumen“ etwas dünner verstrichen wurde als „unraffinierter Bitumen“; vgl. Robson 1999, 70.

Bei der Bestimmung ihrer Dichte spielte auch der Vergleich mit „Tonscherben“ (ḫaṣbum) eine Rolle; siehe Robson 1999, 62.

Vgl. Robson 1996, 181f. mit Anm. 2 und bes. 188. „Together, the mathematical texts BM 96957 and YBC 9819 are important in several ways. Most significantly for the present discussion, they close the gap between the theory of the mathematical texts and the practice of quantity surveying, by including data from real buildings and providing evidence of a more realistic method of estimating bricks than was previously imagined, namely that the bricks occupy 5/6 of the volume of a wall. Of course, there is still no direct evidence that quantity surveying methods such as these, and the many others found in mathematical texts, were actually used by trained scribes. But if they were not, it is difficult to imagine, on the one hand, why these problems were taught in the Ur III and Old Babylonian scribal schools, and, on the other, how large-scale building projects were executed without them“ (189f.).

Siehe AbB 11, 21. Eine weitere Nachfrage nach Ziegeln findet sich in AbB 12, 193: „1 Rohrcontainer(?) Ziegel“ (1 giGAR SIG4ḫi.a). Laut AbB 4, 157, gibt es einen Engpass an Balken.

Siehe AbB 11, 20.

Siehe ARMT 13, 27: 4–10.

In Babylonien gab es „Dattelpalmen“ (gišGIŠIMMAR, gišimmaru), „Pappeln“ (gišASÁL, ṣarbatu; gišILDÁG, ildakku, adāru), „Tamarisken“ (gišŠINIG, bīnu, ṭarpu’u), in geringerem Maße auch „Weiden“ (gišŠÀ.KAL, šakkullu), „Pinien“ (gišÙ.ŠUḪ5, ašūḫu), „Platanen„ (gišTU.LU.BU.UM, dulbu), „Wacholder“ (gišLI, burāšu; gišDUP.RA.AN, daprānu); in Assyrien auch Obstbäume. Zu Mari vgl. Durand 1997, 319ff.. Nach dem Schneiden mussten Hölzer möglichst schnell per Boot an ihren Bestimmungsort transportiert werden, ansonsten drohte Diebstahl durch Passanten; siehe AbB 12, 194.

Vgl. AbB 10, 48 („Palmfibern“ [GIŠ.ZÚ.GIŠIMMARḫi.a] und „Körbe“ [GI.GUR.SÌLA]); AbB 10, 51 (5 Talente [= 150 kg] „Palmfiber“ und 70 „getrocknete Mittelrispen(?)“ [gišwāṣītum]).

Siehe AbB 10, 145.

Siehe Stol 2004, 683 Anm. 281. „Zedern“ wuchsen vor allem in den Bergen des Libanon und Anti-Libanon. Später wurde auch „Buchsbaum“ (gišTASKARIN, taskarinnu) aus dem Amanus und dem Libanon, aus Obermesopotamien „Ebenholz“ (gišESI, ušū) und „Eiche“ (gišḪA.LU.ÚB, ḫaluppu) importiert. Siehe zur Holzindustrie in Mari Durand 1997, 254ff. und 290ff..

Siehe Stol 2004, 683 und 686 mit Anm. 306. Eventuell wurde auch „Wacholder“ (gišŠE.ḪIḫi.a) als Bauholz verwendet; siehe AbB 12, 21.

Siehe AbB 10, 69.

Siehe Heinrich and Seidl 1957-1971 und jetzt Robson 1996, 181; Charpin 1993, 197 Anm. 16 mit Literatur. Beischriften verweisen auf den Bautyp (meist Wohnhäuser, aber auch Tempel) und beschreiben Raumform, Durchgänge und Raumfunktion. Solche Grundrisszeichnungen sind sicherlich nicht im Schulunterricht zu verorten, stellen vielmehr ein Hilfsmittel eines wie auch immer vorzustellenden Praktikers, womöglich im kultischen Bereich, oder vielleicht auch einen Ausschnitt einer Problemstellung dar. Man vergleiche etwa die Zusammenstellung mathematischer „Problemtexte“, die nach Powell (1995, 1944), dem Prinzip lexikalischer Listen gleichgekommen sein mag. Vgl. aber auch Durand 1997, 286 Anm. e, wonach sich ein Tempelplan aus Šubat-Enlil auf Renovierungsarbeiten beziehen könnte.

ARM 3, 11; nach Ziegler 2006, 48.

Zur Kontrolle über die Spezialisten und ihr Wissen als ein wesentliches Instrument von Herrschaft, siehe Pongratz-Leisten 1999, bes. 286ff.. Vgl. auch Winter 1995, 2571: „Kings are especially likely to be credited with ingenuity, whether indirectly when marshaling the necessary craft to create a work and launch a project or directly when referring to work as the product of their own hands. No matter how the act of creation is presented, skill is always emphasized“.

Insofern sollten die in Ton geritzten Grundrisszeichnungen oder etwa auch „Karten“ der Irrigationsdistrikte eben nicht als „Entwurf“ betrachtet und benannt werden. Altbabylonische Pläne von Landparzellen sind vielmehr im Zusammenhang mit der zunehmenden Säkularisierung des Landes zu sehen.

Zu Wachs, Leder und Papyrus als Schreibmaterial, siehe Pearce 1995, 2269f..

Vgl. Civil 1974, 127 mit Anm. 14: „If waxboards were used, however, and are now lost, this could account for some gaps in the textual transmission of lexical texts during the late Old Babylonian and Middle Babylonian periods.“

Siehe Nunn 1988, 67. Die Mitteilung eines Schreibers an den neuassyrischen König Assurbanipal, dass er „eine Zeichnung der Festung auf Leder angefertigt und sie dem König geschickt habe“, entstammt zwar nicht der Bauphase dieser Fortifikation, zeugt dennoch von den zeichnerischen Fähigkeiten dieses Schreibers; siehe Parpola 1986, 225 Anm. 18.

Zur Problematik von „zerdehnter Kommunikation“ und Schriftlichkeit vgl. Pongratz-Leisten 1999, bes. 266ff..

Zu altorientalischen Modi von Wahrnehmung und Bewertung vgl. Winter 1995: „Three main categories of reference can be distinguished: concerning the making and material treatment of a work; concerning the appearance and visual attributes inherent in a work; and concerning perception and responses to a work“ (2570).

S. CAD Ṣ 226 ṣubbû „1. to look upon something from afar, to obtain a comprehensive view, 2. II/2 to be perceived, 3. to form a concept, to carry out a concept, to complete work according to a preconceived plan, 4. šuteṣbû to execute work according to plan“; und dazu Winter 1995, 2570: „‚to execute according to a plan’ (šuteṣbû), the latter often implying not only a blueprint for construction but the fact of careful thought and planning“. Und Winter 1995, 2571: „In general, Mesopotamians distinguished between moments in which the gods were directly involved in a creative effort and moments when human beings, especially rulers and other elite patrons, were vessels for this creative impulse“.

Vgl. die Klagen über einen unfähigen Baumeister und die Forderung nach einem kompetenten „mit klarem (< hellem) Auge“ bei Durand 1997, 632f. mit Anm. f.

Vgl. auch Glassner 1995, bes. 1818: „(…) there were hidden forces that threatened order and symmetry in the universe, evil forces (…) aiming at the destruction of symmetry.“

Kodex Ḫammu-rapi § 233; siehe Borger 1982, 71.