3 Objekte

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DOI

10.34663/9783945561140-04

Citation

Rebohm, Simon (2017). Objekte. In: Frühe Mikroskopie: Beobachtung als Forschungspraxis. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

3.1 Pflanzen: Eigenschaften, Strukturen und Funktionen

3.1.1 Von besonderen Eigenschaften zu Analogien

Die Rolle von Ähnlichkeiten, Analogien und einer mit ihnen zusammenhängenden Eigendynamik wurde im Zusammenhang mit der Distanzierung der Beobachtungen von traditionellen Kontexten bereits angedeutet. Hier soll es nun darum gehen nachzuvollziehen, wie sich diese Faktoren im einzelnen auf die Ergebnisse der Beobachtungen und den Verlauf der Forschung an bestimmten Objekten ausgewirkt haben. Hierbei ist insbesondere von Interesse, wie mit Ähnlichkeiten zwischen Strukturen umgegangen wurde und wie diese durch die Übertragung von funktionalen oder anderen Aspekten zu vollwertigen Analogien ausgebildet wurden. Ferner stellt sich die Frage nach der Reichweite dieser Analogien und nach ihrem heuristischen Wert.1 Aber auch andere Formen von Beziehungen und Abhängigkeiten von Beobachtungen untereinander, wie sie beispielsweise durch die Planung von Untersuchungen festgesetzt werden oder durch den spezifischen Umgang der Forscher mit bestimmten Objekten entstehen, sollen hierbei berücksichtigt werden.

Pflanzen gehörten neben Insekten zu den Objekten, die als erste Gegenstand von größer angelegten mikroskopischen Beobachtungen wurden. Frühe Beobachtungen konzentrierten sich darauf, spezifische Eigenschaften von besonderen Pflanzen zu dokumentieren. Im Rahmen späterer Untersuchungen veränderte sich diese Perspektive allerdings: Nun wurden vor allem die inneren Strukturen der Pflanzen erforscht und Überlegungen zu den Prozessen in ihnen angestellt. Parallel dazu wurden die Pflanzen mehr und mehr auch als ein Modell für Lebensprozesse im Allgemeinen verstanden und somit nicht mehr nur als spezifische Einzelobjekte untersucht, sondern auch zu anderen Objekten in Beziehung gesetzt.

Cesis mikroskopische Pflanzen-Beobachtungen waren anscheinend vollständig auf die spezifischen Charakteristika einzelner Pflanzen ausgerichtet: Zwar könnten seine Untersuchungen vermeintlich samenloser Pflanzen auch als ein Versuch verstanden werden, diesen zentralen Unterschied zu anderen Pflanzen aufzuheben, auf begrifflicher Ebene veränderte sich die Trennung jedoch nur geringfügig: Statt des Fehlens von Samen bildete nun deren besonders geringe Größe und spezielle Lage das Kriterium, um diese Pflanzen von anderen zu unterscheiden.2 In seinen Tabulae phytosophicae stellte Cesi hierzu passend fest, dass mit dem Mikroskop die spezifischen Eigenschaften von Pflanzen so gut zu erkennen wären, dass diese auch in zweifelhaften Fällen genau identifiziert werden könnten.3

Bei Kircher und Fontana fanden sich nur sehr kurze Kommentare zu Beobachtungen von Pflanzen, diese wurden aber von Borel aufgegriffen, der einen besonderen Schwerpunkt auf die eigentümlichen Strukturen von Pflanzenblättern legte: Neben den jeweils spezifischen Runzeln, Haaren und Dornen wurde in seinen Beobachtungen und denen, die er von Kircher übernommen hatte, auch geschildert, dass sich auf einigen Blättern Gefäße abzeichneten, die Venen oder Nerven ähnelten. Bemerkenswerterweise wurde dies nicht in Zusammenhang mit einer weiteren Passage gesetzt, die von Fontana übernommen wurde und den Transport von Säften in solchen Gefäßen zum Inhalt hatte. Demzufolge hatte Borel scheinbar also auch diese Strukturen in erster Linie als spezifische, äußerliche Eigenheiten bestimmter Pflanzenarten verstanden.4

Hinsichtlich der Pflanzensamen übernahm Borel hingegen die Beobachtungen von Cesi, ohne diese großartig zu erweitern oder zu verändern.5 Allerdings interessierte er sich darüber hinaus auch für das Innere der Samen und wies darauf hin, dass dort bereits die Anfänge der späteren Pflanzen zu erkennen wären. Statt diese Beobachtung in engeren Bezug zu den anderen Untersuchungen von Samen zu setzen, ließ Borel drei Abschnitte folgen, die sich mit anderen Objekten befassten. Zwei davon galten dem Wachstum in Hühner- und Spinneneiern, stellten also eine lose Verbindung zu Fortpflanzung und Wachstumsprozessen bei tierischen Lebewesen her.6 Die dritte dieser Beobachtungen verwies hingegen auf Bilder von Bäumen, die Kircher auf den Schalen von Kirschen gesehen haben wollte. Trotz Borels leichtem Zweifel könnte hier doch der Ausgangspunkt seiner eigenen Beobachtungen an Samen gelegen haben: Anders als Kircher, der vor allem eine Verbindung zu den bemerkenswerten Formen herstellte, die er auf Rizinusblättern gefunden hatte, suchte Borel scheinbar nach ähnlichen Phänomenen bei anderen Früchten und fand etwas vergleichbares zumindest bei Renetten-Äpfeln.7

Während er also Cesis Beobachtungen mehr oder weniger ohne Erweiterung übernommen hatte, deuten Borels Kommentare zu denen Kirchers und die im gleichen Zusammenhang erwähnten Untersuchungen an Eiern darauf hin, dass Borels Studien zu einem gewissen Teil durch die Möglichkeit motiviert wurden, analogienhafte Verbindungen zwischen Objekten herzustellen. Seine Ausführungen legen, wenn auch nur andeutungsweise, nahe, dass strukturelle Ähnlichkeiten mit funktionalen Übereinstimmungen einhergehen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Borels Äußerungen hinsichtlich des Sameninneren weitaus weniger spezifisch ausfielen als in jenen Abschnitten, in denen er sich auf Cesi berief: Zwar nannte er Bohnen und Mandeln als besonders geeignete Objekte, die Beobachtung wurde aber allgemeingültig für Pflanzen formuliert und darüber hinaus, wie bereits erwähnt, in einen losen Bezug zur Reproduktion anderer Lebewesen gesetzt.8 Während sich also die Beobachtungen der Pflanzen auf deren Eigenarten konzentrierten, entwickelten sich die Untersuchungen der Samen hier in die genau entgegengesetzte Richtung.

3.1.2 Von Besonderheiten zu Ähnlichkeiten und Verbindungen

Borels Neuausrichtung von Teilen der Pflanzen-Beobachtungen blieb zunächst ohne Folgen. So legte Power den Schwerpukt wieder in jeder Hinsicht auf die Besonderheiten und Spezifika einzelner Pflanzenarten: Bei den Samen beschrieb er detailliert die jeweiligen äußeren Formen und Strukturen sowie die unterschiedlichen Positionen, in denen sich die Samen an der Pflanze beziehungsweise den Früchten befanden; hierfür wurden neben Farnen auch Lilien und verschiedene Beeren untersucht. Der Schwerpunkt der Beobachtungen lag also einerseits wieder eher auf der zeugenden Pflanze als auf dem Wachstum des Samens oder dessen innerer Struktur, zumal wie bei Cesi erneut vor allem besonders kleine Samen untersucht wurden.9

Auch Powers Beobachtungen zu den anderen Pflanzenteilen legten den Fokus auf die charakteristischen Eigenarten der jeweiligen Pflanzen: Neben den auffälligen Oberflächen einiger Pflanzen wurden dabei auch die inneren Strukturen der Blätter vom Guten Heinrich beschrieben, Verallgemeinerungen zur Anatomie der Pflanzen oder Überlegungen zu internen Strukturen folgten daraus jedoch nicht.10

Für Hookes Beschäftigung mit Pflanzen und ihren Samen waren hingegen strukturelle Ähnlichkeiten mit anderen Objekten von zentraler Bedeutung: Dass Pflanzen unter dem Mikroskop porös erschienen, wie es auch bei bestimmten Steinen festzustellen war, legte für ihn nahe, dass sowohl in einfachen anorganischen als auch in komplizierteren organischen Strukturen die gleichen mechanischen Prinzipien wirkten. Ferner wurde es ausgehend von dieser Ähnlichkeit leicht zu erklären, wie Stoffe entstanden, welche nicht eindeutig einer der beiden Kategorien zuzuordnen waren, da sie wie Holzkohle und fossiles Holz Eigenschaften aus beiden Bereichen aufwiesen. Schließlich versuchte Hooke, anhand der Fasern von Schwämmen eine ähnliche Entsprechung wie zwischen Steinen und Pflanzen auch für Pflanzen und Tiere aufzuzeigen, von Untersuchungen zu den inneren Prozessen der Pflanzen lenkten derartige Einzelfälle jedoch eher ab.11 Allerdings suchte Hooke, wie aus seinen Beobachtungen zu den leeren Poren oder „Zellen“ von Kork hervorgeht, ursprünglich nach sehr spezifischen Elementen in den pflanzlichen Strukturen wie Klappen oder Gefäßen für den Transport von Flüssigkeiten, wie sie aus der tierischen Anatomie bekannt waren. Und obwohl er bei seinen Untersuchungen nichts derartiges fand, hielt Hooke weiterhin daran fest, dass es entsprechende Vorrichtungen geben müsste.12

Während in einigen Fällen die mikroskopischen Ähnlichkeiten zu anderen Objekten im Mittelpunkt standen, hoben andere Beobachtungen erneut die Besonderheiten und Unterschiede der Strukturen verschiedener Pflanzen hervor. So unterschieden sich die sensitiven Pflanzen, die Hooke in Fortsetzung der Untersuchungen einiger Fellows studierte, deutlich von anderen Pflanzen, an denen Bewegungen zu beobachten waren.13 Und auch die Oberflächen von Seegras, Rosmarin, Salbei, Nessel und Juckbohnen wiesen eher Besonderheiten als Übereinstimmungen mit anderen Pflanzen auf.14

Hinsichtlich des Äußeren der Pflanzensamen betonte Hooke sogar, dass es nicht nur spezifische sondern sogar individuelle Unterschiede zwischen verschiedenen Arten beziehungsweise Exemplaren gäbe.15 Dem wurde jedoch gegenübergestellt, dass das Innere der verschiedenen Samen mehr oder weniger identisch wäre und nur aus einem Brei bestünde, der sich lediglich in der Farbe von dem anderer Samen unterscheide. Und da sich Hooke in der Auswahl der zu untersuchenden Samen ebenfalls auf besonders kleine Sorten konzentriert hatte, beschränkte sich seine Aussage zur Zeugung der Pflanzen darauf, dass im Samen ein nicht näher definiertes materielles Prinzip vorläge, das wie ein Mechanismus durch äußere Umstände in Gang gesetzt würde.16 Eine ähnliche Idee formulierte Hooke auch im Zusammenhang mit der betäubenden Wirkung von Mohn und vermutete sogar eine mögliche Verbindung zwischen ihr, der Form der ausgewachsenen Pflanze und ihrer Reproduktion.17 Ausgehend von dieser Übereinstimmung ist es denkbar, dass die Beobachtungen von Mohn denen anderer Samen vorausgingen und somit auch den Fokus auf besonders kleine Samen mit sich brachten.

Im Gegensatz zu den Beobachtungen seiner Vorgänger waren Hookes Beobachtungen also auch durch ein zunehmendes Interesse daran gekennzeichnet, neben den spezifischen Eigenschaften einzelner Pflanzenarten auch allgemeine Charakteristika zu erschließen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich beide Interessen nun nicht mehr jeweils getrennt voneinander in den Beobachtungen verschiedener Pflanzenteile äußerten, wie es bei Borel der Fall gewesen war, sondern als gegenläufige Tendenzen fast durchgängig erkennbar waren. Darüber hinaus gingen Hookes Verallgemeinerungen soweit, dass sie nicht nur für den pflanzlichen Bereich galten, sondern auch Verbindungen zu anderen Objekten herstellten. Einerseits führte die Feststellung ähnlicher Strukturen zu Analogieschlüssen hinsichtlich der Prozesse in den Objekten, andererseits deutet die explizite Suche nach gemeinsamen Elementen an, dass Analogien in Hookes Fall angestrebt beziehungsweise vorausgesetzt wurden und durch die Beobachtungen bestätigt werden sollten. Sowohl die Frage nach den Universalia und Spezifika pflanzlicher Strukturen als auch die Idee analoger Strukturen bei verschiedenen Lebewesen sollten für zukünftige Beobachtungen eine entscheidende Rolle spielen und dazu beitragen, dass die Forscher, die ihre Untersuchungen nun über längere Zeiträume durchführten, jeweils einen individuellen Umgang mit den Objekten entwickelten.

3.1.3 Langfristige Beobachtungen: Details, Abstraktionen und Analogien

Nehemiah Grew nannte explizit die Suche nach Entsprechungen zwischen pflanzlicher und tierischer Anatomie als Ausgangspunkt und Motivation für seine Beobachtungen, die er nach eigener Aussage schon 1664 begann, und nahm noch 1672 entsprechende Vergleiche in das Programm seiner Idea of a Philosophical History of Plants auf. Dennoch kam es weder in seiner ersten Schrift zu diesem Themenkreis, die er zu diesem Zeitpunkt der Royal Society schon vorgelegt hatte, noch in seinen späteren Abhandlungen zu einer Ausführung dieses Plans, den Grew schließlich 1682 ganz aufgab beziehungsweise anderen Forschern überließ.18 Diese nachträgliche Einschränkung seines Vorhabens war auch eine Folge von Grews Herangehensweise an die Beobachtungen von Pflanzen, die letztlich ein so großes Maß an Aufmerksamkeit und Zeit in Anspruch nahmen, dass weiterführende Untersuchungen vermutlich kaum noch möglich waren: Seinem Bedürfnis nach größerer Detailfülle folgend machte Grew Wiederholungen zu einem wichtigen Bestandteil seiner Untersuchungen und zerlegte die Gewächse zunehmend in kleinere Teile. Während bei seinen Vorgängern lediglich eine grobe Trennung der Beobachtungen von Oberfläche, inneren Strukturen und Samen ausgemacht werden kann, hatte Grew für seine erste Schrift, die Anatomy of Plants Begun, bereits Samen, Wurzeln, Stämme, Knospen, Blätter, Zweige, Blüten und Früchte verschiedener Pflanzen untersucht und als Einzelteile miteinander verglichen: Für jeden dieser Pflanzenteile stellte Grew eine eher abstrakte Struktur vor, welche durch Hinweise auf Besonderheiten und Unterschiede bei spezifischen Pflanzen ergänzt wurde. Die zentrale Annahme war also, dass alle Pflanzen im Grunde genommen über eine identische Grundstruktur verfügten, die jedoch bei einigen Pflanzen deutlicher hervortrat, weswegen der Schwerpunkt der Beobachtungen dann auf diese gelegt wurde. Anders als seine Vorgänger hatte Grew also seine Objekte nicht ausgehend von äußeren Auffälligkeiten oder erklärungswürdigen Eigenschaften ausgewählt, sondern vornehmlich in Hinblick auf ihre „Tauglichkeit“ für Beobachtungen. Oder wie man auch sagen könnte: Diejenigen Pflanzen, bei denen Grew besonders deutliche Strukturen zu erkennen meinte, wurden von ihm zum Modell für alle Pflanzen erklärt.19

Eine derartige Festlegung und Abstraktion der Strukturen erschien jedoch nicht für alle Teile gleichermaßen sinnvoll: Für die Früchte beschrieb Grew keine allgemeine Grundstruktur, sondern verwies darauf, dass ihre Strukturen grundsätzlich denen der bereits beschriebenen Pflanzenteile folgen würden. Im Anschluss führte er detaillierte, aber voneinander unabhängige Beschreibungen von fünf Früchten an, die jedoch nicht aufgrund ihrer Tauglichkeit für Beobachtungen ausgewählt worden waren, sondern wegen ihrer weiten Verbreitung. Die gleiche Herangehensweise fand sich auch in der detaillierteren Ausarbeitung dieses Themas, die Grew 1676 in der Anatomy of Leaves, Flowers, Fruits and Seeds folgen ließ, auch wenn hier zumindest bei einigen Früchten auch Ähnlichkeiten in den Strukturen festgestellt wurden.20 In ähnlicher Weise wurde hinsichtlich der Erzeugung von Samen an der Pflanze einerseits auf die bereits beschriebenen Strukturen an voll ausgebildeten Samen verwiesen, andererseits wurde durch den folgenden Vergleich einzelner Teile der Samen von verschiedenen Pflanzen ihre Diversität hervorgehoben.21

In seinen späteren Abhandlungen zu spezifischen, einzelnen Pflanzenteilen ließ Grew noch stärker als zuvor erkennen, dass die Zerlegung der Objekte ein zentrales Moment seiner Vorgehensweise war. Dabei hielt er zunächst an seinem ursprünglichen Konzept einer abstrakten Grundstruktur fest, verlegte aber ausgehend von der Fokussierung der Beobachtungen und der zunehmende Fülle an Details schließlich die Abstraktion auf eine andere Ebene: Spätestens 1674 gelangte er zur Überzeugung, dass zumindest die Strukturen einiger Pflanzenteile, die er zuvor getrennt voneinander beschrieben hatte, miteinander übereinstimmten und letztlich sogar auf Fasern als ein einzelnes Element der Pflanzen-Anatomie reduziert werden könnten.22 Somit hatte Grew also die Zerlegung und Abstraktion pflanzlicher Strukturen endgültig zum Hautaspekt seiner Beobachtungen gemacht, während Vergleiche mit den Strukturen anderer Objekte und Analogien keine Rolle mehr spielten.

Die Beobachtungen, die in etwa zur gleichen Zeit von Malpighi angestellt wurden, glichen hinsichtlich ihrer Herangehensweise in einigen zentralen Punkten Grews Ansatz: Auch Malpighi nannte in seiner Idea anatomes plantarum die analogienhafte Vorstellung einer Vereinfachung der tierischen Anatomie in den Pflanzen als Ausgangspunkt seiner Untersuchungen, und sah Abstraktion als einen zentralen methodischen Aspekt der Pflanzen-Anatomie, den er der bloßen Beschreibung einer großen Menge von Pflanzen entgegensetzte.23 Dementsprechend hatte er gleichfalls aus seinen Beobachtungen für die einzelnen Teile der Pflanzen Grundstrukturen erarbeitet, denen er Bemerkungen zu spezifischen Besonderheiten bei einigen Pflanzen folgen ließ. Leichte Unterschiede zu Grew zeigen sich jedoch darin, wie Malpighi mit Abweichungen von diesen Strukturen umging: Im Anschluss an die Ausführungen zu Rinde, Holz, Splint und Mark von Stämmen erwähnte er Beobachtungen von einigen Gewächsen mit Stengeln, und unterschied somit grundsätzlich zwei Typen von Pflanzen.24 Derartige Unterscheidungen galten jedoch jeweils nur hinsichtlich eines spezifischen Teils der Pflanzen. So wurde etwa die Rebe, unabhängig davon, dass sie zu den stengelförmigen Pflanzen zählte, als Beispiel für die allgemeinen Strukturen von Knospen und Blättern genannt, hinsichtlich ihrer Blüten hingegen wiederum als einer der Fälle, die von den einfacheren Formen abwichen.25

Auch in der Zergliederung der Pflanzen selbst gingen beide Forscher unterschiedlich vor: Während Grew beispielsweise eine Kontinuität zwischen den Früchten und den anderen Teilen der Pflanzen bemerkt hatte, betonte Malpighi eher den Zusammenhang von Früchten und Samen, indem er beide als unterschiedliche Anordnungen der gleichen Elemente beschrieb.26 Ferner bündelte er unter dem losen Begriff der Gehänge verschiedene Phänomene wie Weidenkätzchen, Pflanzengallen und Moose, also Pflanzenteile, die sich in Struktur und Auftreten stark voneinander unterschieden.27 Schließlich thematisierte Malpighi die Wurzeln, denen Grew eine ganze Detailstudie widmete, in seiner Idea gar nicht als hauptsächlichen Pflanzenteil sondern nur beiläufig gegen Ende der Abhandlung, da sie seiner Ansicht nach lediglich eine Fortsetzung der Strukturen des Stamms darstellten. Im Gegensatz zu den spezifischen Unterschieden zwischen verschiedenen Pflanzen wurden also die Strukturen der Teile einer Pflanze auch in diesem Fall als kontinuierliche Fortsetzung voneinander verstanden.28

Einerseits betonte Malpighi also stärker die Zusammenhänge der Pflanzenteile beziehungsweise stellte solche erst her, das heißt die Teile waren als Objekte weniger stark voneinander getrennt als bei Grew. Andererseits setzte Malpighi ausgehend von seiner Unterteilung der Pflanzen in seinen Untersuchungen deutlichere Schwerpunkte als Grew, weil ihm der Zusammenhang der Teile bestimmte Untersuchungen als entbehrlich erschienen ließ. Beide Punkte werden auch dadurch deutlich, dass Malpighi im Gegensatz zu Grew, der in dieser Hinsicht an seinem ursprünglichen Entwurf festhielt, in den Jahren nach der Idea eine neue Unterteilung der Pflanzen erarbeitete, die er schließlich seiner eigentlichen Anatome plantarum zugrunde legte: Nachdem erneut die Beobachtungen zur Rinde den Ausgangspunkt der Schrift bildeten, folgten nun die Untersuchungen von Holz und Mark nicht mehr getrennt voneinander, sondern immer im Zusammenhang als ganzer Stamm. Dies hatte zufolge, dass die Stengel nun nicht mehr eine alternative Form zu den Stämmen darstellten, sondern eine „einfachere“ Form derselben und dementsprechend den ersten Teil der Beobachtungen bildeten.29 Ferner wurde der Splint, welchem in der Idea noch eine wichtige Rolle beim Wachstum zugewiesen worden war, nun kaum noch beachtet, sondern diesbezüglich auf die Knoten an der Basis neuer Zweige verwiesen.30 Gleichzeitig wurden Fruchtknoten und Samen nun doch getrennt voneinander untersucht, wobei vor allem letztere jetzt in verschiedenen Stadien des Wachstums und hinsichtlich der Wirkungen diverser Flüssigkeiten und Mineralien auf ihre Entwicklung beobachtet wurden.31 Und auch die verschiedenen „Gehänge“ wurden nicht mehr unter einem gemeinsamen Begriff zusammengefasst, sondern jeweils für sich untersucht, dabei aber auf verschiedene Weise mit anderen Pflanzenteilen in Verbindung gesetzt: Einige von ihnen wurden aufgrund ihrer Lage und einer ähnlichen Struktur als unfruchtbare Blüten interpretiert und dementsprechend in Zusammenhang mit letzteren abgehandelt.32 Die Pflanzengallen wurden hingegen in Verbindung mit den Samen gesetzt, da sie im Rahmen einer weitergefassten Analogie für die Insekten die Funktion des Uterus ausübten, so wie die Samen für die neu entstehenden Pflanzen.33 Haare, Dornen und Ranken wurden hingegen als Teile mit einer Funktion für die Pflanze selbst verstanden und dementsprechend mit losem Bezug aufeinander, aber auch im Zusammenhang mit den Pflanzenteilen untersucht, in deren Nähe sie wuchsen.34 Kaum betroffen von derartigen Veränderungen war jedoch die Beschäftigung mit den Wurzeln, die erneut erst am Ende des Textes erfolgte und auf die strukturelle Identität mit dem Stamm hinwies.35

Auch diese neueren Beobachtungen Malpighis waren durch die paradoxe Tendenz geprägt, einerseits die pflanzlichen Strukturen möglichst auf essentielle Bestandteile zu reduzieren, zugleich aber auch die Spezifika einzelner Pflanzen zu berücksichtigen. In vielen Fällen kam er nun diesbezüglich zum Schluss, dass es sich bei bestimmten spezifischen Formen innerhalb der Pflanzen nicht um funktionale Teile sondern um zweitrangige oder zufällige Erzeugnisse handeln würde. Besonders deutlich wird dies bei den würfelförmigen Körpern, die er beispielsweise in der Eichenrinde gefunden hatte und nun als eine nebensächliche Struktur, nämlich als Verfestigungen von Pflanzensäften, interpretierte. Aber auch hinsichtlich der Struktur des Holzes und der Blüten wurden nun einige Strukturelemente als krankhafte oder monströse Bildungen eingestuft.36 Somit beschrieb Malpighi zwar einerseits weiterhin möglichst deutlich die Besonderheiten einzelner Pflanzen, andererseits wurden diese Besonderheiten nun doch dem Streben nach einer Idealstruktur untergeordnet.

Zugleich versuchte Malpighi im Gegensatz zu Grew weiterhin Entsprechungen zwischen pflanzlicher und tierischer Anatomie aufzuzeigen. Dabei ging er auf zwei Ebenen vor: Erstens stellte er Analogien auf, welche sich auf die Fortpflanzung bezogen. Die Zuweisung der Rollen von Uterus, Ei und Foetus konnte dabei jedoch in den unterschiedlichen Kapiteln wechseln, je nachdem welcher Pflanzenteil im Mittelpunkt der Beobachtungen stand.37 Zweitens bemühte sich Malpighi, ausgehend von strukturellen Ähnlichkeiten zu zeigen, dass Pflanzen und Tiere über Organe mit gleicher Funktionsweise verfügten: Die Schläuche im Mark des Holzteiles würden vermutlich Herz und Hirn entsprechen, während der eigentliche Holzteil in verschiedener Hinsicht mit Knochen vergleichbar wäre und vermutlich durch einen analogen Wachstumsprozess entstünde. Zudem schloss Malpighi aus den oft zu beobachtenden Verbindungen von Gefäßen, dass es in den Pflanzen auch einen Prozess geben müsste, der dem Blutkreislauf entspräche.38

Sowohl Grew als auch Malpighi hatten also ausgehend von längerfristig durchgeführten Beobachtungen an Pflanzen, die zumindest zum Teil durch die Idee von Analogien zu anderen Lebewesen motiviert worden waren, Wege finden müssen, um mit der zunehmenden Menge an Details umzugehen. Dabei versuchten beide auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Maße, aus den spezifischen Befunden ihrer Beobachtungen auf abstrakte Strukturen und Prozesse zu schließen. Auffällig ist dabei, dass Analogien in Malpighis Fall eine so wichtige Rolle spielten, dass sie trotz ihrer zum Teil deutlichen Inkohärenz mit in seine Schriften aufgenommen wurden.

3.1.4 Analogien als Leitfaden der Beobachtungen

Die Vorstellung von Entsprechungen in der Anatomie von Tieren und Pflanzen waren auch die Motivation hinter dem Großteil von Leeuwenhoeks Pflanzen-Beobachtungen: Bereits im Juni 1674 behauptete er, dass Pflanzen in gleicher Weise wachsen würden wie die menschliche Haut; eine Analogie, die er noch im April 1686 durch weitere Details ausbaute.39 Noch deutlicher wirkte sich diese Idee allerdings bei denjenigen Untersuchungen von Holz, Rinde und Blättern aus, die auf deren innere Struktur abzielten. Nach einigen Andeutungen sprach Leeuwenhoek ab dem März 1675 ausgehend von Beobachtungen an Eichenblättern explizit davon, dass in den Stämmen und Blättern von Pflanzen eine Zirkulation stattfände wie sie von Medizinern für das Blut angenommen wurde.40 Diese Analogie wurde zunächst der zentrale Bezugspunkt für Leeuwenhoeks Beobachtungen, im Juni 1692 revidierte er jedoch explizit seine Aussagen zur Zirkulation in Blättern, nachdem er bei Untersuchungen von Insektenflügeln festgestellt hatte, dass sich in diesen die Gefäße nicht zu einem Netzwerk miteinander verbanden. Analog dazu gäbe es auch in den Pflanzenblättern nicht, wie zuvor beschrieben, zwei Arten von Gefäßen in Entsprechung von Venen und Arterien, sondern nur eine einzelne.41 Im August desselben Jahres stellte er dann ausgehend von Beobachtungen an Rinderaugen auch seine bisherigen Beobachtungen zur Struktur dieser Pflanzengefäße in Frage und bewertete anschließend ihre Funktionen neu. Die Beobachtungen an verschiedenen anderen Objekten hatten also über einen mittelfristigen Zeitraum einen umfassenden Perspektivwechsel herbeigeführt. Wiederum waren Analogien Ausgangspunkt und (instabiles) Ergebnis der Beobachtungen.42

Ein detaillierteres Programm für Pflanzen-Beobachtungen, wie es Grew und Malpighi an einem bestimmten Punkt jeweils entwarfen, stellte Leeuwenhoek scheinbar nie auf. Vielmehr ging er eher von einzelnen, nur lose miteinander verbundenen Fragestellungen aus, ohne eine umfassende Pflanzen-Anatomie anzustreben. Einerseits wurden die Beobachtungen dementsprechend auch weniger stark durch eine Zergliederung der Pflanzen geprägt als bei Malpighi und Grew.43 Andererseits thematisierten Leeuwenhoeks Beobachtungen die Pflanzen nicht nur in ihrer Form als Gewächse, sondern auch als Stoffe, die als Genussmittel, Medikament oder Baustoff verwendet wurden. Demgemäß zielten diese Studien darauf ab, besondere Eigenschaften der Pflanzen besser zu verstehen: Bereits in einer der ersten Beobachtungen von Holz wurde das auffällig unterschiedliche Gewicht von Kiefer im Vergleich zu Eiche und Esche erwähnt und passend hierzu in einem späteren Brief auf die unterschiedliche Verwendbarkeit verschiedener Hölzer zum Bau von Schiffen und Fässern verwiesen. Und auch bei Muskatholz und der Rinde von Zimt wurde das Interesse an spezifischen Eigenarten als Motivation für ihre Untersuchung angeführt.44 In gleicher Weise wurde auch Moxa, ein wollähnlicher Pflanzenstoff, der als Heilmittel auf Körperteilen verbrannt werden sollte, die von Gicht befallen waren, vornehmlich im Kontext seiner Anwendung untersucht, auch wenn die Beobachtungen Vergleiche mit entsprechenden Stoffen bei anderen Pflanzen enthielten.45

Während diese Beobachtungen weiterhin auf die Strukturen der jeweiligen Pflanzen abzielten, veränderten in anderen Fällen die Umstände, in denen pflanzliche Produkte verwendet wurden, die Perspektive auf die Objekte in größerem Maße: Zwar betonte Leeuwenhoek in seinen ersten Beobachtungen zu Pfeffer 1675 zunächst die Ähnlichkeit zu anderen Pflanzensamen, die er seit dem Vorjahr untersucht hatte, denn er stellte fest, dass auch sie aus Globuli bestünden. Zugleich versuchte er aber auch, durch verschiedene Verfahren besondere Partikel in den Körnern nachzuweisen, um den Geschmack des Pfeffers zu erklären. In gewisser Weise war nun nicht mehr der Samen einer Pflanze das Objekt der Beobachtung, sondern ein Gewürz. Dies wird auch durch die im nächsten Jahr folgenden Beobachtungen deutlich, in denen neben Pfeffer auch Ingwerwurzeln, Nelkenblüten und Nussschalen untersucht wurden.46 Es wurden also letztlich ausgehend von ihrer ähnlichen Verwendung verschiedene Pflanzenteile bezüglich ihrer stofflichen Eigenschaften miteinander verglichen; eine Perspektive, die auch für spätere Beobachtungen bestehen blieb, die Kaffeesamen, Chinarinde, Tee, Tabak sowie einige aus Asien importierte Gifte und Medikamente umfasste, die aus Pflanzen gewonnen wurden.47

Unabhängig von diesen Untersuchungen berichtete Leeuwenhoek auch umfassend über Versuche, das Wachstum und die Fortpflanzung von Pflanzen anhand ihrer Samen zu erforschen. Auch hier prägten Analogien beziehungsweise Untersuchungen von anderen Objekten seine Beobachtungen: Nachdem frühe Beobachtungen zunächst ergeben hatten, dass alle Pflanzensamen aus Globuli bestünden, berichtete Leeuwenhoek im Mai 1677 kurz über Gefäße, die er in den Samen und Früchten verschiedener Pflanzen gefunden hätte. Bemerkenswerterweise beschrieb er nur wenige Monate später in identischer Weise, wie er in der menschlichen Samenflüssigkeit eine Ansammlung von Gefäßen erkannt hätte, aus denen sich der spätere Körper bilden würde.48 Die in den Samen enthaltene Keimpflanze erwähnte Leeuwenhoek erst im Mai 1679, also fünf Jahre nachdem er seine ersten Beobachtungen an Pflanzensamen erläutert hatte und acht Jahre nach den ersten pflanzen-anatomischen Schriften von Malpighi und Grew. Danach nahm er scheinbar zunächst keine weiteren Untersuchungen an Pflanzensamen vor, sondern erwähnte diese nur noch im Kontext von Analogien, mit denen er versuchte die Zeugung von Tieren aus Animalcula zu erklären.49 Als er allerdings 1685 damit begann, die Uteri verschiedener Säugetiere zu untersuchen, nahm er auch seine Beobachtungen an Pflanzen wieder auf, die nun dementsprechend den Schwerpunkt auf die Form der enthaltenen Pflanze und ihre Beziehung zu den Membranen, die sie umgaben, legten. Wiederum war also die Perspektive der Beobachtungen durch Studien an anderen Objekten verändert worden.50

Zudem ist in diesen späteren Beobachtungen deutlich die Intention erkennbar, alle Samen auf eine identische Grundstruktur zurückzuführen und die Reproduktion der Pflanzen als einen einheitlich ablaufenden Prozess darzustellen.51 Wesentliche Unterschiede, die Leeuwenhoek im Aufbau der Samen feststellte, führten dabei in der Regel zu weiteren, spezialisierten Beobachtungen: Laut eigener Aussage hatte sich Leeuwenhoek so intensiv mit der Frage beschäftigt, in welchen Samen ein mehlig-öliger Nährstoff zu finden sei beziehungsweise fehlte, dass er bereits vor dem Öffnen der Samen eine ziemlich sichere Voraussage diesbezüglich habe treffen können.52 Auch die Entdeckung, dass in Orangen- und Zitronensamen jeweils mehrere Samen-Pflanzen zu finden waren, hatte eine größere Anzahl an weiteren Beobachtungen zur Folge.53 Bei den Samen von Muskat und Mispel wurden umfangreichere Untersuchungen hingegen notwendig, weil ihre jeweiligen Spezifika zu erschwerten Beobachtungsbedingungen führten.54 In all diesen Fällen wurde, obwohl die Idee einer einheitlichen Grundstruktur aller Pflanzensamen zuvor durch viele Beispiele untermauert worden war, viel Arbeit darauf verwendet, Abweichungen zu untersuchen, damit diese letztendlich zu Ausnahmen erklärt werden konnten, welche sich auf den Prozess der Fortpflanzung nur in geringem Maße oder überhaupt nicht auswirkten.

Leeuwenhoek glich also Malpighi und Grew insofern, als auch seine Beobachtungen zunächst nach einer Abstraktion pflanzlicher Strukturen beziehungsweise einer Reduktion auf Grundelemente strebten, er stellte jedoch weder ein Programm für seine Forschung auf, noch beschäftigte er sich mit den Zusammenhängen zwischen verschiedenen Pflanzenteilen. Stattdessen folgten seine Untersuchungen situationsabhängigen Einzelfragen, was einerseits dazu führte, dass Pflanzen ausgehend von ihrer Verwendung durch den Menschen zuweilen auch wieder unter dem Gesichtspunkt ihrer stofflichen Eigenschaften studiert wurden. Andererseits wurden die Beobachtungen so wesentlich stärker durch Analogien und die zeitgleich vorgenommenen Untersuchungen an anderen Objekten geprägt. Für Leeuwenhoek waren also Analogien bewusster Ausgangspunkt und Erklärungsmodus. Ihre Ambivalenz betand diesbezüglich aber nicht nur in einer wechselhaften Interpretation hinsichtlich der Funktion von Strukturen, sondern auch darin, dass für Pflanzen mehrere verschiedene Zusammenhänge mit anderen Objekten konstruiert werden konnten.

3.1.5 Zusammenfassung

Insgesamt hatte sich der Umgang mit Pflanzen als Objekten von mikroskopischen Beobachtungen also grundlegend verändert: Während erste Untersuchungen vor allem darauf abzielten, die spezifischen Eigenheiten von einzelnen Pflanzen zu dokumentieren, wurde in späteren Beobachtungen vor allem versucht, Abstraktionen pflanzlicher Strukturen zu erarbeiten und diese über Vergleiche und Analogien mit anderen Objekten zu verbinden. Einerseits waren diese Analogien angestrebtes Ziel und Ergebnis der Beobachtungen, andererseits wiesen sie in vielen Fällen eine auffällige Mehrdeutigkeit auf. Ihre heuristische Stärke lag also eher in der Stimulanz von Beobachtungen und weniger auf der Ebene der Erklärung von Phänomenen. Hier ist vermutlich auch die Ursache dafür zu suchen, dass die Beobachtungen sich zunehmend von traditionellen Kontexten entfernten, und auch die eigens aufgestellten Programme zur Gestaltung der Forschung modifiziert beziehungsweise aufgegeben wurden: Die Analogien, die basierend auf den Beobachtungen aufgestellt wurden, wiesen jeweils auf mehrere, neue und zum Teil unerwartete Richtungen hin, in welche die Forschung weitergeführt werden konnte.

3.2 Insekten: Beziehungen und Ursprung

3.2.1 Umgebungen, Vergleiche und Analogien

Die mikroskopischen Beobachtungen von Insekten fanden von vorneherein unter zwei grundverschiedenen Perspektiven statt, die hier zugunsten einer verständlicheren Darstellung zum großen Teil getrennt voneinander besprochen werden sollen: Wie bereits erwähnt wurde, studierten einige Forscher wie William Harvey ab den 1620er Jahren Insekten ausgehend vom medizinischen Kontext und legten dabei den Schwerpunkt darauf, die anatomische Uniformität aller Lebewesen zu demonstrieren. Diese Beobachtungen waren, ähnlich wie ein Teil der Pflanzen-Beobachtungen, auf Universalia ausgerichtet und sollen aufgrund ihrer Verbindungen zu ähnlichen Untersuchungen an anderen Lebewesen erst im nächsten Abschnitt thematisiert werden. Neben ihnen stellten zahlreiche Forscher aber auch Untersuchungen an, bei denen eher die spezifischen Eigenschaften von Insekten im Vordergrund standen. Im Laufe der Jahre nahm auch hier der zeitliche Rahmen der Beobachtungen zu und es lässt sich feststellen, dass die Forscher sich zunehmend auch mit den Fähigkeiten von Insekten und ihrer Beziehung zu Pflanzen, insbesondere hinsichtlich deren möglicher Beteiligung bei ihrer Zeugung, beschäftigten. Zunächst aber wurden vor allem Vergleiche mit größeren Lebewesen als Mittel der Beschreibung und analogischer Bezugspunkt benutzt und dabei auch schon die natürliche Umgebung der jeweiligen Insekten mit berücksichtigt.

Bereits Peiresc schilderte in seinen Aufzeichnungen nicht nur detailliert die äußere Erscheinung verschiedener Insekten, sondern machte auch deutlich, dass die Beobachtungen unter künstlichen Rahmenbedingungen stattfanden beziehungsweise nicht in dem natürlichen Kontext, in dem die untersuchten Lebewesen normalerweise zu finden waren. So wurde einerseits detailliert das Papier beschrieben, auf dem ein toter Floh untersucht wurde, und wie sich eine Milbe von dort auf den Körper des Flohs bewegte. Andererseits verwies Peiresc im Laufe seiner Ausführungen auch explizit auf die gewöhnlichen Umgebungen verschiedener Milben und Läuse, die er zum Teil als Ursprung ihres Namens verstand.55

Die zahlreichen Vergleiche, die Peiresc sowohl zwischen verschiedenen Insekten als auch zu größeren Tieren zog, hatten in erster Linie eine illustrative Funktion. Zwar wurde in einigen Fällen der ganze Körper Gegenstand des Vergleiches, und so beispielsweise ein Floh einem Meerestier gegenübergestellt, zumeist aber wurde eine ganze Reihe verschiedener Tiere bemüht, um die Form einzelner Gliedmaßen zu verdeutlichen.56 Schlussfolgerungen, die über das deskriptive Moment derartiger Vergleiche hinausgehen, finden sich hingegen nicht, was besonders in den Beschreibungen verschiedener Milben auffällt, die trotz großer Ähnlichkeit miteinander scheinbar nicht in einen engeren Zusammenhang gestellt wurden.57

Dagegen richteten die Lincei ihre Beschreibungen in erster Linie an den Tätigkeiten der Insekten aus und sparten mit Vergleichen hinsichtlich der Form: Cesi hob im Apiarium die zentrale Rolle hervor, welche der Honig im Leben der Bienen spielte, und verband dementsprechend auch die Beschreibung ihres Körpers mit Erläuterungen darüber, wie sie ihre Gliedmaßen benutzen würden, um diesen aus Blüten zu sammeln.58 Stelluti griff dies für seine eigene Beschreibung der Biene zwar nur beiläufig auf, er charakterisierte jedoch in ganz ähnlicher Weise die Mundwerkzeuge des Kornkäfers. Damit stellte er zugleich wiederum eine Verbindung zur Umgebung der Insekten her, genauer gesagt zu den Pflanzen, von denen ihre Ernährung abhing.59

Tatsächlich war die Ähnlichkeit zu anderen Lebewesen zumindest für Cesi mehr als nur die Möglichkeit einer bildlichen Beschreibung: Die Ähnlichkeit, die er zwischen dem Kopf einer Biene und dem eines Rindes zu erkennen meinte, bekräftigte für ihn die auf Vergil zurückgehende Ansicht, dass Bienen spontan aus verrottenden Rindern gezeugt werden würden. Daneben stellte Cesi allerdings auch Überlegungen an, denenzufolge wiederum der Honig von entscheidender Bedeutung für die Fortpflanzung der Bienen war.60 Sowohl Stelluti als auch Odierna beschränkten sich dagegen darauf, deskriptive Vergleiche zwischen den Augen verschiedener Insekten anzustellen.61

Ähnlichkeiten mit größeren Lebewesen wurden dann wieder von Athanasius Kircher erwähnt, wenn auch nur in sehr allgemeiner Weise.62 Für die Frage nach einer möglicherweise spontanen Zeugung der Insekten spielten sie für ihn dementsprechend auch kaum eine Rolle: Zwar erwähnte er an verschiedenen Stellen ebenfalls den angeblichen Zusammenhang zwischen Rindern und Bienen, in diesem speziellen Fall berief er sich jedoch nicht auf das Mikroskop.63 Lediglich im Falle des Seidenspinners schloss er von einer Ähnlichkeit der Seidenstruktur zur Rinde und zu den Blättern der Maulbeere auf einen Zusammenhang, ging jedoch nicht soweit, von einer direkten Zeugung des Insekts aus der Pflanze zu sprechen. Vielmehr nahm er an, dass der Maulbeerbaum als günstige Umgebung diene, welche sich dadurch an der Zeugung beteilige, dass sie den aus Eiern entstehenden Seidenspinnern bestimmte Eigenschaften mitgäbe.64 Allerdings behauptete Kircher derartige Zusammenhänge auch für Glühwürmchen und Spinnen, ohne dass eine Ähnlichkeit zu den Pflanzen beschrieben wurde, welche ihre Eier beherbergten.65

Mit Ausnahme von Cesi und Kircher hatten also Vergleiche, die bis zu diesem Zeitpunkt als ein zentrales Moment von Insektenbeobachtungen verstanden werden können, vor allem einen deskriptiven Charakter. Zusammenhänge mit anderen Objekten wie Pflanzen erschlossen sich für den Großteil der Forscher in erster Linie aus einer räumlichen Nähe und nicht aus mikroskopischen Beobachtungen. Sie wirkten sich jedoch, wie im Fall des Honigs und der Bienen, zuweilen ebenfalls auf die Perspektive aus, unter welcher die Insekten beobachtet wurden. Ähnlichkeiten zwischen Insekten und anderen Objekten wurden aber zumindest in einigen Fällen als analogiehaftes Zeichen für einen Zusammenhang zwischen beiden interpretiert.

3.2.2 Kritik an Vergleichen - Verlagerung auf Prozesse

Nach Kircher zog auch Fontana illustrative Vergleiche zwischen Insekten und größeren Tieren. Borel äußerte sich hingegen erstmals auch kritisch zu derartigen Beschreibungen, obwohl beide Forscher für seine Beobachtungen, wie erwähnt, so etwas wie Vorbilder gewesen waren. Borels Ansicht nach ähnelte der Floh mit seinem schuppigen Schwanz eher einem Krebs oder einer Krabbe als den Heuschrecken und Zikaden, die Kircher für seine Beschreibung bemüht hatte.66 Dennoch nutzte Borel weiter vor allem Vergleiche mit größeren Tieren für seine Beobachtungen. Ähnlich wie bei Peiresc konnten diese sich einerseits auf den ganzen Körper beziehen, andererseits aber auch nur einzelne Körperteile betreffen: So ähnelten verschiedene Milben dem Stachelschwein, die Ameise einem Krebs, während für Küchenschaben und ein unbekanntes Insekt ein Vergleich mit Schildkröten hergestellt wurde.67 Die Schuppen des Silberfischchens erinnerten Borel hingegen an Fischschuppen, der Schwanz eines unbekannten Insektes an das Hinterteil einer Kaulquappe und die Füße der Fliege an die Krallen einer Katze.68 Vergleiche mit anderen Insekten, sowohl auf die ganze Gestalt wie einzelne Gliedmaßen bezogen, wurden hingegen nur in geringem Maße vorgenommen und scheinen von Borel vor allem für die Beschreibung unbekannter Insekten als sinnvoll erachtet worden zu sein.69

Hinsichtlich der Generatio spontanea von Insekten fällt auf, dass Borel zwar im allgemeinen diesem Modus der Zeugung zustimmte, aber davon absah, explizite Schlussfolgerungen über den materiellen Ursprung dieser Tiere anzustellen: Weder in der Beobachtung der Käsemilben noch in zwei anderen Fällen, in denen Insekten eine auffällige Nähe oder Ähnlichkeit mit Pflanzen gezeigt hatten, äußerte sich Borel zu ihrer Zeugung.70 In einem kleinen grünen Insekt sah er sogar ein mögliches Stadium der Heuschrecke, gerade weil ihm aufgefallen war, dass beide Tiere vor allem auf Pflanzenblättern zu finden waren71 Ähnlichkeiten und räumliche Nähe waren für Borel also keine Anzeichen für eine besonderen Verbindung zwischen Insekten und anderen Objekten. Konkretere Aussagen zur Zeugung der Insekten finden sich hingegen in den Beobachtungen, während deren Eier zum Vorschein kamen oder, wie im Fall der Küchenschaben, das Ablegen von Nachkommen zu erkennen gewesen war.72

Während bei seinen Vorgängern die Zeugung von Insekten primär als die kausale Abhängigkeit zweier Objekte voneinander dargestellt worden war, verstand Borel sie scheinbar vor allem als einen Prozess beziehungsweise als eine ihrer Aktivitäten, die sich mit dem Mikroskop beobachten oder nachvollziehen ließ. Dementsprechend wurden neben der natürlichen Umgebung der Insekten bei ihrer Untersuchung in vielen Fällen auch besondere Verhaltensweisen und Fähigkeiten mit in die Beobachtungen aufgenommen, wenn sie Borel auffielen: Der vermeintliche Schaden an Büchern durch Silberfischchen, die Erzeugung von Seide, Geräusche eines korallenfarbigen Insekts, die Ernährung einer schwarzen Insektenart und von Bienen sowie die Vorratskammern als Heimat der Küchenschaben gehörten ebenso zu seinen Beobachtungen wie spezielle Bewegungen, die er bei einigen Insekten gesehen hatte. Ausgangspunkt für ein Interesse an derartigen Fragen könnte gewesen sein, dass Borel von Auseinandersetzungen zwischen Milben und anderen Insekten gehört hatte; womit er sich möglicherweise auf Peiresc bezog.73

Auch in Powers Beobachtungen lässt sich die Tendenz erkennen, neben der Gestalt das Verhalten von Insekten zu thematisieren: Während er sich bei der Biene noch mit einem Verweis auf bestehende Literatur zu ihrem Sozialleben und ihren Fähigkeiten begnügte, belegen andere Untersuchungen ein reges Interesse an verschiedenen Bewegungen einzelner Insektenarten, nämlich dem Reinigen des Kopfes bei der Fliege und den Mundbewegungen verschiedener Milben, sowie an der Fortbewegung von Insekten im allgemeinen.74 Zusätzlich zu diesen beobachteten Verhaltensweisen der Tiere finden sich auch Spekulationen darüber, wozu verschiedene Körperteile von den jeweiligen Insekten verwendet werden könnten, ohne dass dies während der Beobachtungen selbst gesehen wurde. Diesbezügliche Bemerkungen betrafen vor allem Stacheln, Saugrüssel und weitere Mundwerkzeuge, aber auch die nach Powers Meinung besonders für die Jagd geeignete Augenanordnung bei Spinnen.75 Vergleiche mit anderen Lebewesen, seien es größere Tieren oder andere Insekten, spielten hingegen nur noch seine sehr geringe Rolle.76

Deutlicher als bei Borel wird hier also der Zwiespalt erkennbar, der aus den unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Beobachtungen entstand, die sich aufgrund der Zusammenhänge von Objekten ergaben: In einigen Fällen, wie dem Schlüpfen von Spinnen aus Eiern oder der Metamorphose der Sykomoren-Heuschrecke, war die Fortpflanzung in Form verschiedener Teilprozesse als unabhängiger Vorgang direkt zu beobachten.77 In anderen Fällen schien jedoch eine Verbindung mit anderen Objekten ein zentrales Moment darzustellen: Insbesondere die Zikaden, die aus einem an Spucke erinnernden Schaum an verschiedenen Pflanzen schlüpften, stellten für Power ein Problem dar, das er für sich nicht auflösen konnte.78 Erkennbar wird sein Zwiespalt hinsichtlich dieser Frage auch in seinen Beobachtungen von Milben: Power unterschied zwar die verschiedenen Milbenarten auch anhand der Objekte auf denen sie gefunden wurden, etwa Käse, Getreide, Feigen oder Datteln, ihre Zeugung brachte er jedoch jenseits dessen nicht in expliziten Bezug zu diesen Gegenständen. Bei den Milben, die er auf Spinnen und Hummeln gefunden hatte, vermutete er jedoch im Gegensatz dazu, dass sie aus deren Exkrementen entstanden wären.79

Dieser Widerspruch zwischen Prozessen und scheinbaren Zusammenhängen von Objekten findet sich zu einem gewissen Grad auch bei Hooke: Einerseits wird in seinen Beobachtungen wiederum die Neigung erkennbar, sich auch mit den Fähigkeiten und Verhaltensweisen von Insekten zu beschäftigen. Hierzu zählte etwa das scheinbar rationale Jagdverhalten von Spinnen und ihre Fähigkeit zum Weben von Netzen, sowie die wohlüberlegt erscheinenden Bewegungen von Ameisen. Und auch die Frage der Ernährung wurde zumindest beiläufig in den Beobachtungen von Silberfischchen und Läusen erwähnt.80 Ferner dienten nun sogar die Vergleiche mit größeren Lebewesen in erster Linie dazu, die Funktionsweise einzelner Körperteile anhand von Ähnlichkeiten zu erklären.81 Und hinsichtlich der Frage ihrer Zeugung stellte das Schlüpfen von Seidenspinnern und anderen Insekten aus ihren Eiern eine Beobachtung dar, welche betonte, dass es sich bei der Fortpflanzung dieser Tiere um Prozesse handelte, die unabhängig von anderen Objekten stattfanden.82

Andererseits schienen jedoch die Entstehung zweier Insekten an der Wasseroberfläche sowie das Schlüpfen anderer Inseken aus Schwellungen an Pflanzen und Früchten nahezulegen, dass diese Tiere nicht durch reguläre Fortpflanzung sondern aus diesen Objekten gezeugt werden würden.83 Es gelang Hooke allerdings diesen Widerspruch aufzulösen, indem er ähnlich wie Kircher die nahegelegten materiellen Zusammenhänge relativierte. Die Stoffe, in deren Nähe das Auftauchen bestimmter Insekten zu bemerken war, wurden nun nicht mehr als deren Ursprung verstanden, sondern als eine Umgebung, welche für die dort abgelegten Eier der Insekten besonders geeignet war. Daraus folgte nach Hookes Ansicht aber auch, dass den Insekten von ihrem Schöpfer eine entsprechende Fähigkeit eingepflanzt worden war, solche geeigneten Ablageplätze überhaupt zu erkennen.84 Letztlich stellten also im Zuge dieses Perspektivwechsels auch die materiellen Zusammenhänge einen untergeordneten Teil eines Prozesses dar.

Sowohl bei Borel als auch bei Power und Hooke lässt sich also eine zunehmende Tendenz dazu erkennen, Insekten nicht mehr als statische Objekte zu beobachten, sondern auch ihr Verhalten und ihre Fähigkeiten zu berücksichtigen. Mit dieser Beachtung ihres spezifischen Habitus ging einher, dass auch deskriptive Vergleiche weniger und weniger in den Beobachtungen verwendet wurden. Zudem wurden vermeintliche Zusammenhänge mit anderen Objekten durch diese eher auf Prozesse ausgerichtete Perspektive mehr und mehr gelockert und somit das Konzept der Generatio spontanea größtenteils aufgegeben.

3.2.3 Schwerpunkte: Metamorphose im Detail

Für Malpighis Beobachtungen scheinen weder die Widersprüche, mit denen sich seine Vorgänger im speziellen beschäftigt hatten, noch die Frage der spontanen Zeugung im allgemeinen überhaupt eine Rolle gespielt zu haben, auch wenn er sich mit dem Seidenspinner auf ein Insekt konzentrierte, über dessen Zeugung frühere Beobachtungen stark voneinander abweichende Informationen geliefert hatten: Während Kircher ausgehend von mikroskopischen Ähnlichkeiten auf eine Beteiligung des Maulbeerbaumes geschlossen hatte, waren dieselben Tiere bei Hooke ein Beispiel dafür, dass Insekten sich zum größten Teil unabhängig von anderen Objekten über Eier vermehrten.85 Beide Aspekte wurden bei Malpighi nur kurz gestreift und als eher nebensächliche Teile des Fortpflanzungs- und Wachstumsprozesses beschrieben: An den Eiern registrierte er im Laufe der Reifung lediglich eine Veränderung der Farbe, die er als Zeichen für einen inneren Wandel interpretierte, und die Beziehung zum Maulbeerbaum beschränkte sich seinen Beobachtungen zufolge darauf, dass sich die geschlüpfte Raupe von dessen Blätter ernährte und unter diesem Einfluss erneut ein Wechsel in der Farbe stattfand.86

Der eigentliche Fokus von Malpighis Beobachtungen lag jedoch klar auf der Metamorphose der Raupe zum Falter. Vor allem im Raupenstadium zeigte Malpighi dabei ein verstärktes Interesse am Verhalten des Tieres, insbesondere an seinen Ruhephasen und dem Spinnen des Kokons, weil er hoffte, dadurch die bevorstehende Metamorphose besser verstehen zu können. Dementsprechend beschränkten sich derartige Kommentare für die späteren Stadien auf den Koitus und das Ablegen der Eier und vervollständigten somit die Entwicklungsgeschichte.87 Anders als bei seinen Vorgängern wurden also nicht besonders auffällige Verhaltensweisen dieser Insekten festgehalten, sondern nur diejenigen, die von Interesse für die Frage waren, nach der sich Malpighis Beobachtungen richteten. Verhaltensweisen, die keinen Bezug zur Metamorphose hatten, wie etwa der Flug des Falters, wurden demzufolge nicht weiter beachtet.

Auch Vergleiche mit anderen Lebewesen spielten für Malpighis Beobachtungen eine andere Rolle als zuvor: Anstatt über Ähnlichkeiten mit größeren Tieren bestimmte Formen zu verdeutlichen, beschäftigte er sich intensiv mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden verschiedener Insekten. Dabei beschränkte er sich nicht auf das Äußere oder einzelne Gliedmaßen, sondern bezog sich vor allem auf die inneren Organe wie Tracheen, Herz, Därme und Fortpflanzungsorgane. Als Vergleichsobjekte dienten hierfür unter anderem Zikaden, Hirschkäfer, Heuschrecken, Wespen und Bienen.88 Diese Perspektive war in erster Linie durch Übertragungen aus Malpighis früheren Studien im medizinischen Kontext charakterisiert, und so wie dort wurde auch hier ein spezifisches Objekt in den Mittelpunkt gestellt und alle anderen mehr oder weniger anhand ihrer Unterschiede zu diesem beschrieben.89 Mit den anatomischen Methoden war also auch eine bestimmte Art, Objekte aufeinander zu beziehen, in die Beobachtungen übernommen worden.

Verbindungen zwischen bestimmten Insekten und anderen Objekten beschäftigten Malpighi erst einige Jahre später, und auch hier zeigten sich wiederum Einflüsse aus seinen früheren Beobachtungen an Organen: Im Zuge seiner Pflanzen-Anatomie musste er sich auch mit der Rolle auseinandersetzen, die Pflanzen bei der Zeugung von einigen Insekten spielten, da das Schlüpfen dieser Tiere aus Schwellungen an verschiedenen Gewächsen ein allgemein bekanntes Phänomen darstellte. Da diese Beobachtungen aber von den Pflanzen ausgingen, machte Malpighi nicht wie seine Vorgänger die jeweiligen Insekten, sondern die Pflanzen-Gallen zum hauptsächlichen Gegenstand seiner Beobachtungen. Er kam dabei einerseits zu dem Schluss, dass es sich bei ihnen um eine Form von Erkrankung der Pflanze handeln würde, die durch äußere Faktoren hervorgerufen wurde.90 Die Möglichkeit, dass die Pflanzen somit auf eine prägende Weise am Zeugungsprozess teilnähmen, wie sie etwa von Kircher vorgeschlagen worden war, wurde hingegen nicht eingeräumt. Andererseits vermutete Malpighi wie zuvor Hooke, dass das Innere spezifischer Pflanzen den Bedürfnissen der abgelegten Eier entspräche und die jeweiligen Insekten über einen Sinn zum Aufspüren derartig geeigneter Orte verfügten. Wiederum wurde also ein materieller Zusammenhang als eher untergeordneter Teil des Fortplanzungsprozesses begriffen. Dementsprechend wurde in diesem Fall an den Insekten selbst lediglich das Organ untersucht, mittels dessen sie in das Gefüge der Pflanzen eindrangen und ihre Eier ablegten.91

Malpighi hatte also zunächst einen besonderen Schwerpunkt darauf gelegt, den Prozess der Metamorphose von Insekten zu untersuchen. Damit hatte er zwar die Tendenz einiger seiner Vorgänger fortgesetzt, ihre Beobachtungen stärker an Prozessen auszurichten, unterschied sich aber zuleich auch von ihnen, da er alle weiteren Aspekte seiner Untersuchungen, diesem Hauptthema untergeordnet hatte. Ferner hatte er hierfür eine einzelne Insektenart in den Mittelpunkt seiner Beobachtungen gestellt und andere Arten nur zum Vergleich herangezogen. Dementsprechend wurde der Zusammenhang von Insekten und Pflanzen erst in späteren Beobachtungen thematisiert, die den Schwerpunkt auf letztere legten. Auch hier wurden die Beobachtungen also dadurch geprägt, dass Malpighi sie bewusst auf bestimmte Objekte eingrenzte.

3.2.4 Prozessuale Ähnlichkeiten

Nachdem Malpighi die Frage einer spontanen Zeugung von Insekten mehr oder weniger übergangen hatte, machte sich Swammerdam daran, ausgehend von seinen mikroskopischen Beobachtungen aktiv gegen sie zu argumentieren. Hierzu wies er im allgemeinen für die in Frage stehenden Insektenarten jeweils einen Modus der Fortpflanzung nach, der einer seiner diesbezüglich aufgestellten vier Ordnungen entsprach, in welche das jeweilige Insekt dann eingeordnet werden konnte. In einigen speziellen Fällen setzte sich Swammerdam jedoch zusätzlich mit der vermeintlichen Abhängigkeit der Insekten von bestimmten Objekten auseinander: Wenn die Entstehung der Insekten durch andere Gegenstände bedingt zu werden schien, bemühte er sich, die Beziehung der Tiere zu diesen Objekten neu zu interpretieren beziehungsweise aufzulösen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang besonders Swammerdams Beobachtungen von Milben: Während diese in seiner Historia insectorum generalis nur kurz im Abschnitt über die erste Ordnung erwähnt worden waren, zu der auch Spinnen und Flöhe gehörten, verfasste Swammerdam später eine detailliertere Abhandlung über die Acari, die letztlich zusammen mit Schriften zu ähnlichen Fällen Eingang in die Bybel der natuure fand.92 Hier argumentierte er nicht nur gegen die vermeintlich spontane Zeugung der Käsemilben, indem er beschrieb, wie sie sich auf regulärem Weg fortpflanzten, sondern versuchte auch die Veränderungen zu erklären, die zeitgleich mit dem Schlüpfen der Milben am Käse zu beobachten waren und auf einen Zusammenhang beider Objekte hinzuweisen schienen. Statt ihre Abhängigkeit voneinander zu leugnen, deutete Swammerdam die Kausalitäten innerhalb ihrer Beziehungen um: Nicht der Zerfall des Käses führe zur Entstehung der Milben, sondern die Anwesenheit der Milbeneier und auch das Sterben einiger geschlüpfter Larven würden den Käse angreifen. Ähnliche Erklärungen finden sich schließlich auch hinsichtlich der Veränderungen an Pflanzen, die im Zusammenhang mit der Zeugung von Insekten zu beobachten waren.93

Während also die Beziehungen der Insekten zu anderen Objekten wiederum als nebensächlicher Aspekt ihres Lebenszyklus interpretiert wurden, stellten Swammerdams Beobachtungen im Gegenzug neue Beziehungen zwischen den verschiedenen Insekten her: Statt Strukturen und Formen zu vergleichen, ordnete er die Tiere ausgehend von ihrer Metamorphose je einer von vier Ordnungen zu. Anstelle struktureller wurden nun also prozessuale Ähnlichkeiten zu den entscheidenden Bezugspunkten zwischen Insekten gemacht. Beziehungen außerhalb dieser vollkommen abstrakten Ebene wurden jedoch nicht zum Gegenstand von Swammerdams Überlegungen, und auch Unterschiede im Sinne eines direkten Vergleiches von Repräsentanten der verschiedenen Ordnungen wurden von ihm nur kurz und oberflächlich ausgeführt.94

3.2.5 Beziehungen von Insekten zueinander und zu ihrem Umfeld

Leeuwenhoeks Beobachtungen von Insekten zielten nicht auf eine abstrakte Ordnung von Ähnlichkeiten ab, wie sie von Swammerdam erstellt worden war, sondern stellten wie schon bei den Pflanzen eher eine Auseinandersetzung mit spezifischen Einzelfällen dar. Dementsprechend spielten auch Vergleiche hinsichtlich der Anatomie verschiedener Insekten von vorneherein nur eine sehr geringe Rolle, wie schon die Bemerkungen zu einigen Besonderheiten von Bienen und Läusen im April 1673 belegen.95 Und auch bei späteren Untersuchungen beschränkten sich direkte Vergleiche auf Insekten, die in räumlicher Nähe zueinander zu finden waren beziehungsweise eine große Ähnlichkeit aufwiesen, wie verschiedene Schnaken, Schlupfwespen, Ameisen oder Falter jeweils untereinander.96

Gemeinsame Lebensräume dürften auch den Ausgangspunkt dafür gebildet haben, dass die Untersuchungen zur Fortpflanzung von Flöhen und Läusen, über die Leeuwenhoek im Oktober 1677 berichtete, in engem Bezug aufeinander durchgeführt wurden. Hierbei bemühte sich Leeuwenhoek darum, die Metamorphose möglichst ohne Unterbrechung mitverfolgen zu können, indem er die Insektenlarven in einer Schachtel mit sich herumtrug.97 Allerdings stellte sich für Leeuwenhoek bei seinen Beobachtungen auch die Frage nach den Beziehungen von verschiedenen Insekten zueinander. So ließ ihn schon früh die Häufigkeit, mit der Insekten wie Flöhe oder Kornkäfer von Milben befallen waren, vermuten, dass letztere über einen besonderen Spürsinn verfügen könnten.98

Neben den Insekten selbst berücksichtigte Leeuwenhoek bei seinen Beobachtungen zunehmend ihr spezifisches Umfeld, was unter anderem dadurch nahegelegt wurde, dass Insekten in seinem Leben zuweilen auch außerhalb der Forschung eine wichtige Rolle spielten: Fliegen befielen seine Apfelbäume oder schlüpften aus Galläpfeln und Nüssen, er fand Insektenpuppen an seinen Weinstöcken oder bemerkte Raupen an den Ulmen und Maulbeerbäumen von Delft. Wie seine Vorgänger sah er in erster Linie eine Art Instinkt der Insekten als Ursache dafür an, dass sie ihre Eier an geeigneten Orten wie diesen Pflanzen ablegten. Er erweiterte diese Idee aber insofern, als sie überhaupt erst das Finden von Sexualpartnern ermögliche und die Insekten dazu brächte, im Moment ihres drohenden Todes ihre Eier vorzeitig abzulegen.99

In den Beobachtungen, die Leeuwenhoek ab 1695 an Blattläusen durchführte, wurden sowohl ihr Lebensraum als auch ihre Beziehungen zu anderen Insekten schließlich zu einem wichtigen Thema: Jede Art dieser Läuse schien auf einer spezifischen Pflanzenart heimisch zu sein und ließ sich auch nicht auf andere umsiedeln. Zudem ernährten sie sich direkt vom Saft der Pflanzen.100 Zugleich erkannte Leeuwenhoek aber auch, dass die Blattläuse Teil einer komplexen Interaktion verschiedener Insekten waren: Erstens profitierten auch andere Insekten davon, dass sie für ihre Ernährung Zugänge zum Pflanzensaft schufen, zweitens wurden sie selbst von Ameisen als Futter verzehrt, und drittens wurden sie von Schlupfwespen als Wirte für deren Eier benutzt und waren somit für ihre Fortpflanzung notwendig.101 Außerdem waren die Blattläuse in ihrer eigenen Fortpflanzung aber nicht nur unabhängig von Pflanzen oder anderen Objekten, sondern unterschieden sich auch deutlich von den bisher untersuchten Insekten, da sie ihre Nachkommen lebend gebaren.102

In anderen Fällen erschien Leeuwenhoek eine Bezugnahme auf die Umgebung der Insekten im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Faktoren notwendig: Als er sich im Winter 1686/1687 dem Kornkäfer zuwandte, um dessen angebliche spontane Zeugung zu widerlegen, brachte ihn dies notwendigerweise in Kontakt mit den Betreibern von Kornspeichern. Allerdings zeigten sich diese weder von seinen Vorschlägen, die Speicher auszuräuchern, noch von seinen Beobachtungen zur Fortpflanzung besonders beeindruckt.103 Mehr Interesse an derartiger Forschung gab es dagegen von Seiten der Delfter Kammer der Niederländischen Ostindien-Kompanie, mit der Leeuwenhoek spätestens seit 1687 in Kontakt stand: Nach Anfragen des Direktors untersuchte er 1695 die Muskatbestände auf Milben und im folgenden Jahr den Speicher der Kompanie hinsichtlich der Paarungsbedingungen für Insekten. Ausgehend von diesen Beobachtungen machte er Vorschläge für den Schutz vor Schädlingen und entwickelte zudem ein längerfristiges Interesse an derartigen Problemen.104 Es ist zu vermuten, dass Leeuwenhoek auch zu den Fischern, Imkern, Bauern und weiteren Händlern, mit denen er seiner Korrespondenz zufolge zuweilen Gespräche über ähnliche Themen führte, eine vergleichbare Beziehung unterhielt.105

Die Zusammenhänge, in denen Insekten lebten, waren jedoch nicht nur das Thema von Leeuwenhoeks Beobachtungen, sondern zum Teil auch eine wichtige Bedingung für ihr Gelingen. Dies wird vor allem durch einen Fall deutlich, in dem entsprechende Zusammenhänge zunächst fehlten: 1685 erhielt Leeuwenhoek von Robert Boyle eine Anfrage zur Untersuchung von Cochenille-Körnern, die als Farbstoff aus Amerika importiert wurden, und über deren Ursprung noch bis in die 1730er Jahre Spekulationen angestellt und Diskussionen geführt wurden.106 Nach seinen ersten Beobachtungen hierzu widersprach Leeuwenhoek der Ansicht, dass es sich bei diesen Körnern um die Körper von Insekten handeln könnte und meinte in ihnen Samen einer Pflanze zu erkennen, die über eine gewisse Ähnlichkeit zu Kuranten verfügten. Für diese Einschätzung spielte auch eine Rolle, dass die Körner keinerlei Spuren von Milbenbefall zeigten, wie es bei Insektenkörpern zu erwarten gewesen wäre. Nach weiteren Beobachtungen änderte Leeuwenhoek jedoch seine Interpretation grundlegend und war nun der Ansicht, dass diese Körper zwar von Insekten stammten, jedoch durch einen besonderen Stoff vor Milben geschützt wären.107 Weitere Beobachtungen folgten 1704, nachdem ein Amsterdamer Händler seine Ergebnisse angezweifelt hatte. Bemerkenswerterweise meinte Leeuwenhoek nun, eine gewisse Ähnlichkeit mit den Blattläusen zu erkennen, die er seit einiger Zeit untersuchte und nahm dementsprechend sogar an, dass deren besondere Art der Fortpflanzung auch bei den Cochenille-Läusen zu finden sein müsste. Und nur wenig später dienten die Cochenille-Läuse bereits selbst als Vergleichsobjekt, als Leeuwenhoek bei der Untersuchung von Feigenblättern auf ähnliche Insekten stieß.108 Leeuwenhoeks Perspektive änderte sich also, je nachdem wie stark und in welche Zusammenhänge die Objekte eingebunden wurden.

Nachdem sich seine Vorgänger bemüht hatten, die Bezüge zwischen Insekten, Pflanzen und anderen Objekten in ihren Beobachtungen auf ein Minimum zu reduzieren, waren diese bei Leeuwenhoek also erneut zu einem wichtigen Thema geworden, wenn auch größtenteils unter neuen Perspektiven. Ähnliches lässt sich hinsichtlich der Berücksichtigung von Fähigkeiten und Verhaltensweisen feststellen: Entsprechende Bemerkungen blieben bei Malpighi und Swammerdam auf den Bereich der Fortpflanzung beschränkt, während Leeuwenhoek bei seinen Beobachtungen auf Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Insekten stieß. Allerdings blieben seine Beobachtungen darauf beschränkt, Beziehungen zu beschreiben, die in räumlicher Nähe oder Interaktion bestanden, abstrakte Beziehungen hinsichtlich der Ähnlichkeit von Formen oder Prozessen wurden nicht hergestellt.

3.2.6 Zusammenfassung

Ähnlich wie die Beobachtungen von Pflanzen hatte sich also auch der Umgang mit Insekten innerhalb der mikroskopischen Beobachtungen stark gewandelt: Frühe Beobachtungen hatten vor allem Ähnlichkeiten genutzt, um über Vergleiche die Beschreibungen auszugestalten und mittels Analogien die Zeugung bestimmter Insekten zu erklären. Mit zunehmender Dauer der Untersuchungen verschwanden derartige Bezüge jedoch mehr und mehr aus den Beobachtungen, oder die Forscher versuchten sogar sie mit ihren Studien zu diskreditieren. Stattdessen fokussierten sich die Untersuchungen nun stärker auf das Verhalten der Insekten und thematisierten in Folge auch die Fortpflanzung beziehungsweise die Metamorphose zunehmend als Prozesse, während materielle Zusammenhänge eher als beiläufiger Aspekt derselben verstanden wurden. Lediglich Leeuwenhoek griff derartige Verhältnisse sowie die Beziehungen verschiedener Insekten zueinander wieder auf, was jedoch auf die besonderen Umstände seiner Untersuchungen zurückgeführt werden kann. Anders als bei den Pflanzenbeobachtungen verringerte sich also die Relevanz von Analogien insofern, als verstärkt Zusammenhänge von Objekten auf materieller Ebene untersucht wurden. Die Ursache für diese Entwicklung dürfte gewesen sein, dass sich die Beobachtungen in diesem Fall zunehmend mit Prozessen befassten und die Objekte dementsprechend nicht nur als erklärungsbedürftige Strukturen begriffen wurden, sondern als aktive Lebewesen, die selbst aktiv in Beziehung zu anderen Objekten traten.

3.3 Organe: Strukturen und Prozesse

3.3.1 Organe im Zusammenhang des Körpers und als Einzelobjekte

Wie bereits angedeutet, wurden Insekten auch noch unter einer anderen Perspektive zum Objekt für mikroskopische Beobachtungen und stellten in dieser Form den Ausgangspunkt für eine ganz anders gelagerte Entwicklungslinie dar, als im letzten Abschnitt besprochen wurde: Statt die Insekten als spezifische Lebewesen zu erforschen, versuchten diese Beobachtungen anhand dieser Tiere mehr über allgemeine anatomische Sachverhalte in Erfahrung zu bringen und legten dabei die analogienhafte Idee zugrunde, dass unter den meisten Lebewesen eine gewisse anatomische Uniformität bestünde. Diese Beobachtungen veränderten sich im Laufe der Zeit in mehrfacher Hinsicht: Während die ersten Forscher vor allem das Vorhandensein von Organen im Kontext des Körpers von Insekten untersuchten, verlagerten sich spätere Beobachtungen darauf, die Strukturen einzelner Organe zu studieren und zu vergleichen. Hierzu wurden dann auch vermehrt Körperteile von größeren Tieren herangezogen und abstraktere Bezüge zwischen den einzelnen Organen hergestellt: Um mehr über ihre Funktionsweise herauszufinden, wurden nicht nur diejenigen Organe, die einander bei verschiedenen Lebewesen zu entsprechen schienen, miteinander verglichen, sondern auch die Strukturen verschiedener Organe einander gegenübergestellt.

Das Gesamtgefüge des Körpers stellte zunächst den Ausgangspunkt für die Beobachtungen dar, die William Harvey durchführte, um die Theorie des Blutkreislaufes auf ein breiteres Fundament zu stellen, indem er den Herzschlag bei kleineren Lebewesen nachwies. Hierfür versuchte er zu zeigen, dass auch diese Tiere über ein Herz verfügten, beschrieb aber keine strukturellen Details und stellte auch keine Vergleiche zwischen den verschiedenen Lebewesen an. Selbst der Bezug auf die menschliche Anatomie, auf die Harveys Untersuchungen ja eigentlich abzielte, beschränkte sich auf die Idee, dass der Blutkreislauf ein allgemein vorhandener Körperprozess sei. Dem Ausgangspunkt entsprechend wirkten sich seine Beobachtungen direkt auf die Einschätzung des gesamten Körpers aus, auch wenn nur nach einem einzelnen Organ gesucht wurde: In den Fällen, in denen er kein Herz finden konnte, sprach er den jeweiligen Lebewesen den Status eines vollwertigen Tieres schlichtweg ab.109

Im Gegensatz dazu standen in Odiernas Untersuchungen in erster Linie die Strukturen im Vordergrund, während die Frage nach der universellen Anwesenheit eines Organs, in diesem Fall der Augen, nur kurz gestreift wurde.110 Zudem löste Odierna die Insektenaugen für die Untersuchungen aus dem materiellen Zusammenhang des Körpers heraus und stellte einerseits basierend auf seinen Beobachtungen auch Vergleiche zwischen den Sehorganen verschiedener Tiere her.111 Andererseits bemerkte er eine starke Ähnlichkeit zwischen den Stoffen innerhalb der Augen und denen des Gehirns, was ihn zur Schlussfolgerung brachte, dass das Gehirn bei Fliegen insgesamt innerhalb der Sehorgane säße.112 Während Odierna seine Untersuchungen also ebenfalls bevorzugt an kleineren Lebewesen durchführte, zeugen doch die verschiedenen Vergleiche davon, dass er die Organe nicht mehr nur als Teile des Körpers, sondern auch als Einzelobjekte verstand.113

Diese Perspektive blieb jedoch zunächst eine Ausnahme, was besonders dann auffällt, wenn man bedenkt, dass Odiernas Untersuchungen zwar zum Bezugspunkt für Borel wurden, dieser allerdings einen grundsätzlich anderen Ansatz verfolgte: Obwohl die Augen der Insekten auch in Borels Beobachtungen besonders berücksichtigt wurden, waren doch Vergleiche zwischen verschiedenen Tieren schon dadurch eingeschränkt, dass er den Text seiner Sammlung von Beobachtungen durchgehend nach einzelnen Objekten untergliederte. Infolgedessen relativierte sich auch der Zusammenhang von Auge und Gehirn der Fliege, der von Odierna besonders herausgestellt worden war, da Borel nun beide Organe in einzelnen, voneinander getrennten Abschnitten behandelte.114 Vielmehr deuten auch die Bemerkungen über andere Organe von Insekten daraufhin, dass es Borel eher wie Harvey darum ging, eine Uniformität der Anatomie bei allen Lebewesen nachzuweisen, indem auf die Anwesenheit der wichtigsten Organe verwiesen wurde.115 In den meisten Beobachtungen stand demzufolge wiederum eher der ganze Körper als die Strukturen einzelner Organe im Fokus der Untersuchungen. Zwar findet sich in Borels Beobachtungen auch ein Abschnitt, der sich mit dem mikroskopischen Aufbau einzelner Organe befasste, dieser beschränkte sich allerdings darauf festzustellen, dass die Parenchyme aller Organe grundsätzlich über die gleiche Struktur verfügten. Einerseits wurde also wiederum der Zusammenhang der einzelnen Teile des Körpers betont, andererseits zugleich die anatomische Uniformität auf einer neuen Ebene hervorgehoben.116

Auch in Powers Insektenbeobachtungen war der zentrale Punkt weiterhin, bestimmte Organe und vor allem das Herz nachzuweisen. Zwar wurden auch Untersuchungen zur Struktur der Augen erwähnt, auf Vergleiche wurde hierbei jedoch verzichtet.117 Hooke beschränkte sich in dieser Hinsicht sogar auf die Beschreibung des Fliegenauges, während er sich hinsichtlich der inneren Organe abermals damit begnügte, ihre Existenz zu vermerken.118 In beiden Fällen dominierte also schon wie bei Harvey weiterhin die Einbindung der Organe in das Gesamtgefüge des Körpers die Beobachtungen. Ausgenommen hiervon waren bemerkenswerterweise die Augen, die ja auch für Odierna, der am stärksten von den Tendenzen seiner unmittelbaren Zeitgenossen abwich, das zentrale Thema gewesen waren. Ursache hierfür dürfte gewesen sein, dass die Augen im Gegensatz zu anderen Organen bereits zuvor verstärkt Gegenstand naturphilosophischer Überlegungen und geometrisch-optischer Modelle geworden waren und deshalb für Odierna, Borel, Power und Hooke, die allesamt auch Interessen in diesen Gebieten verfolgten, von besonderem Interesse waren.

3.3.2 Neue Objekte

Auch wenn sich Odiernas Perspektive von der seiner Zeitgenossen so deutlich unterschied, schlugen spätere Beobachter, allen voran Marcello Malpighi, einen ähnlichen Weg ein.119 Über mehrere Jahre hinweg stellte Malpighi Untersuchungen an, die sich mit einzelnen, vom Körper losgelösten Organen und ihren Strukturen beschäftigten. Dabei ging es weniger darum, Übereinstimmungen im Aufbau der verschiedenen Körper im Großen herauszustellen, sondern die Funktionen der jeweiligen Körperteile zu erschließen. Ein weiterer wichtiger Unterschied zu seinen Vorgängern bestand darin, dass die Beobachtungen von vorneherein nicht auf bestimmte Arten von Lebewesen eingeschränkt wurden: Bereits für seine Untersuchungen der Lunge bediente sich Malpighi verschiedener gesunder und kranker Säugetiere.120 Den entscheidenden Schritt stellte jedoch der Einbezug von Fröschen und Schildkröten in die Beobachtungen dar, denn nur bei diesen waren die postulierten Verbindungen der Blutgefäße sichtbar, die eine Zirkulation ermöglichten. Trotz des unterschiedlichen Vorgehens glich Malpighi den anderen Forschern aber insofern, als er diese Struktur nun im Sinne anatomischer Uniformität auch auf alle anderen Lebewesen übertrug.121 Einerseits hatten also die Beobachtungen die Organe aus dem Zusammenhang des Körpers entfernt, ohne die Idee der Gleichfömigkeit zu berücksichtigen, andererseits war dieselbe aber auf der Ebene mikroskopischer Strukturen und Funktionsweisen weiterhin wirksam.

Während bei diesen frühen Beobachtungen die Lungen der Frösche und Schildkröten noch gewissermaßen als ein Idealtypus der Lungen aller Tiere verstanden wurden, bewegten sich spätere Untersuchungen stets in einem Spannungsfeld zwischen individuellen Charakteristika der Organe und verallgemeinerbaren Eigenschaften: So war bei der Untersuchung des Gehirns 1665 vor allem der Vergleich zwischen Rindern und Fischen aufschlussreich, bei späteren Beobachtungen hingegen der zwischen Fischen und Vögeln.122 Die Beobachtungen der Zunge bezogen sich hingegen ausschließlich auf Säugetiere, bei denen sich keine größeren Unterschiede in der Struktur zeigten.123 Bezüglich der Haut als Tastorgan wurden vor allem Füße und Lippen von Schweinen und Rindern einem engeren Vergleich unterzogen, letztlich zeigte sich aber, dass die Haut von letzteren am besten für Beobachtungen geeignet war.124 Für die Fetthaut stellte Malpighi hingegen zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass ihre Struktur sowohl bei Menschen als auch Hunden, Wild, Schweinen und Fischen deutlich zu erkennen sei. Trotzdem ließ er Studien an einer vergleichsweise großen Anzahl verschiedener Säugetiere folgen, vermutlich weil entgegen aller Bemühungen die Funktion dieses Körperteiles nicht ersichtlich wurde.125 Die Ausführungen zur Leber schritten hingegen von kleineren Lebewesen wie Schnecken, Eidechsen und Mäusen über Rinder und Katzen zum Menschen fort, bei dem sich letztlich die aus Malpighis Sicht grundlegende Struktur finden sollte, von der Fische und Katzen jedoch abwichen.126 Ebenso fanden sich bezüglich der Niere Besonderheiten bei Hunden, Vögeln und Ziegen, während Malpighi meinte, dass neben Menschen und Rindern vor allem Schildkröten und Katzen die reguläre Struktur gut zu erkennen gaben.127 Dahingegen zeigte sich die Struktur der Milz besonders deutlich bei Schafen und Rindern, es wurden aber auch Hunde, Pferde, Ziegen, Schweine, Fische und Eidechsen untersucht, wobei die beiden letzten eine deutlich abweichende Struktur aufwiesen.128 In allen Fällen führte also die Auseinandersetzung mit einer zunehmenden Anzahl an Objekten zu einer gewissen Vorsicht vor Verallgemeinerungen, ohne dass allerdings die Idee anatomischer Uniförmität an sich dadurch angezweifelt worden wäre. Es ist im Gegenteil auffällig, wie problemlos scheinbar für jede Organstruktur ein anderes Lebewesen zum Idealtypus erklärt werden konnte. Erst diese Festlegung machte überhaupt erst Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen möglich, da nur durch sie ein Bezugsrahmen entstand.

Auch Vergleiche zwischen verschiedenen Organen wurden mehrfach zu einem konstruktiven Faktor innerhalb von Malpighis Beobachtungen: Der Verweis auf eine der Lunge entsprechende Verzweigung von Blutgefäßen in der Harnblase von Fröschen beziehungsweise von Gefäßen in Pflanzenblättern diente noch in erster Linie illustrativen Zwecken, ebenso der Vergleich der faserigen Strukturen von Gehirn und Hoden.129 Die Ähnlichkeit zwischen den Strukturen von Lunge und Placenta schien für Malpighi hingegen darauf hinzudeuten, dass beide eine ähnliche Funktion erfüllen müssten, nämlich die Aufbereitung des Blutes durch Beimischung eines von außen kommenden Stoffes.130 Und in der Untersuchung der Zunge erwies sich der Vergleich mit ähnlichen Strukturen sogar als nützlich um zwischen verschiedenen Nervenwarzen zu differenzieren: Malpighi unterschied hier zunächst drei Arten, von denen jedoch letztlich zwei in ihrem Stoff und ihrer Form darin übereinstimmten, dass sie Malpighi an Schneckenaugen erinnerten, während die andere Art eher den mikroskopischen Warzen ähnelte, die sich auf den Wurzeln von Zähnen finden ließen.131 Diese Feststellung bildete wiederum den Ausgangspunkt für eine vergleichende Untersuchung zum Tastsinn, wo gezielt nach ähnlichen Strukturen an verschiedenen Stellen von Körpern gesucht wurde und Vergleiche zwischen diesen das Kernstück der Überlegungen bildeten.132

Auch wenn derartige Vergleiche in den meisten Fällen die Beobachtungen zunächst voranzubringen schienen, wurde Malpighi mit der Zeit doch vorsichtiger, was Schlussfolgerungen aus solchen Ähnlichkeiten von Mikrostrukturen anging: Nachdem er in den Fetthäuten eine Struktur gefunden hatte, die der Hülsenstruktur der Lunge ähnelte, vermutete Malpighi, dass einige Formen hier als Fettgefäße verstanden werden könnten; analog zu den verbundenen Blutgefäßen in der Lunge. Es gab jedoch keinen Weg diese Annahme zu bestätigen, und deswegen stufte Malpighi sie zunächst als eine „Wahrnehmungsvermutung“ ein, beschäftigte sich aber mit dieser Frage scheinbar noch bis ins hohe Alter.133 Nach diesen problematischen Untersuchungen an der Fetthaut wurden zwar Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Organen generell mit einem größeren Maß an Skepsis festgestellt, dennoch blieb der Vergleich zwischen gleichen Organen weiterhin ein zentraler Aspekt von Malpighis Beobachtungen. Letztlich entstand so ein Geflecht aus Vergleichen, dessen implizite Aussage war, dass alle Organe mehr oder weniger über die gleiche Struktur verfügten.134

Anders als derartige strukturelle Vergleiche wurden funktionale Beziehungen zwischen verschiedenen Organen eines Körpers in Malpighis Beobachtungen nur in speziellen Einzelfällen thematisiert: Wie bei Odierna wurde der Zusammenhang von Gehirn und Augen beziehungsweise Sehnerven untersucht, und bei späteren Beobachtungen wurden auch die Verbindungen zu anderen Nerven und zum Rückenmark vermerkt.135 In ähnlicher Weise wurde auch das Studium der Fetthaut auf umliegende Strukturen, insbesondere die Verbindung zu den inneren Organen ausgedehnt.136 In beiden Fällen hatte Malpighi die Beobachtungen scheinbar deswegen ausgeweitet, weil es ihm nicht gelang, allein von der Struktur des primären Objektes auf seine Funktionsweise zu schließen. Denn während er sich diesbezüglich hinsichtlich des Hirns auffälligerweise gar nicht erst äußerte, bekannte er auf die Fetthaut bezogen sogar explizit sein Unverständnis.137

Nachdem also die Beobachtungen seiner Vorgänger mit Ausnahme von Odierna den Zusammenhang von Organen und Körper betont hatten, und das Mikroskop in diesem Kontext nur benutzt worden war, um auch die Anatomie kleinerer Lebewesen hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit größeren Lebewesen untersuchen zu können, machte Malpighi innerhalb seiner Beobachtungen, die über einen beträchtlich längeren Zeitraum durchgeführt wurden, die einzelnen Organe verschiedener Lebewesen zu Objekten. Dabei wurde nicht nur der Zusammenhang mit dem Körper zum großen Teil aufgelöst, sondern auch die Organe ausgehend von ihren Strukturen miteinander verglichen. Die bisher dominierende Idee der Uniformität wurde dabei schließlich auf die Ebene mikroskopischer Strukturen ausgeweitet. Analogieschlüsse ausgehend von den Vergleichen innerhalb des engen Bezugsfeldes der inneren Organe schienen Malpighi allerdings problematisch zu sein. Dies ist ein bemerkenswerter Gegensatz zu seinen weiterreichenden Analogien zwischen Pflanzen und tierischen Lebewesen und den zahlreichen Fällen, in denen Analogien ein zentraler Aspekt der Heuristik gewesen waren. Je enger der Rahmen von Analogien wurde, desto schwieriger waren sie also scheinbar aufrecht zu halten.

3.3.3 Reduktion auf Elemente

Leeuwenhoek ging bei seinen Beobachtungen in diesem Bereich abermals zu einem großen Teil unabhängig von den bisher geschilderten Entwicklungen vor: Der Teil seiner frühen Insekten-Beobachtungen, der auf anatomische Strukturen abzielte, war letztlich vollkommen anders ausgerichtet als die Untersuchungen, die er an den Organen von Säugetieren durchführte: Die Beobachtungen an Läusen und Bienen vom April 1673, die bereits im vorigen Abschnitt erwähnt wurden, beschränkten sich auf einige äußere Gliedmaßen dieser Tiere und beinhalteten keinerlei Vergleiche.138 Anders war es, als Leeuwenhoek im folgenden Jahr über Untersuchungen an Leber, Hirn, Rückenmark und Fett von Kühen und Schafen berichtete: Diese Beobachtungen waren wiederum in engem Zusammenhang miteinander durchgeführt worden und stimmten auch darin überein, dass Leeuwenhoek in allen Fällen feststellte, dass die Organe aus den gleichen Globuli bestünden, die er zuvor auch im Blut gefunden hatte. Die Organe wurden hier also nicht als funktionale Gebilde untersucht, sondern wie zuvor die Körperflüssigkeiten als Stoffe aus bestimmten Bestandteilen; eine Tendenz, die sich auch in einer ganzen Reihe von Beobachtungen fortsetzte, die Leeuwenhoek in den nächsten Jahren anstellte.139

Allerdings sah sich Leeuwenhoek später genötigt, diese unter dem Mikroskop sichtbar werdende Übereinstimmung aller Organe hinsichtlich ihrer Strukturelemente zu revidieren: Ab Mai 1678 musste er zuerst bei den Zähnen, dann aber auch bei Augen und Muskeln feststellen, dass die zuvor gefundenen Globuli hier nicht die eigentlichen Strukturen darstellten.140 Die bisherigen Beobachtungen an anderen Organen wurden daraufhin jedoch nicht wiederholt: Einerseits blieben die Globuli weiterhin die grundlegenden Strukturelemente der anderen, bereits untersuchten Organe, wenn zu späteren Zeitpunkten auf die entsprechenden Beobachtungen verwiesen wurde.141 Andererseits versuchte Leeuwenhoek auch in anderen Fällen die Strukturen auf anatomische Grundelemente zu reduzieren: Seine Überlegungen zum Wachstum der Haut basierten, auch wenn er sie schließlich modifizieren musste, auf der Idee von Schuppen als grundlegenden Teilen, die sich zu Schichten verbinden würden.142 Bei den Muskeln wurden hingegen die Fäden der Muskelfasern zum neuen Grundelement erklärt, nachdem die Globuli ausgehend von Beobachtungen an Ochsenzungen zum Artefakt erklärt worden waren.143

Die Globuli spielten jedoch in anderer Hinsicht weiterhin eine wichtige Rolle für Leeuwenhoeks Beobachtungen: Erst durch diese Partikel wurde es möglich, die Flussrichtung des Blutes genau zu erfassen, und somit den Blutkreislauf als Prozess zu beobachten.144 Nachdem er bereits 1675 in einer Randbemerkung auf die Theorie des Blutkreislaufes eingegangen war, konnte Leeuwenhoek nach einigen erfolglosen Beobachtungen auf diese Weise ab 1688 für eine zunehmende Menge an Lebewesen direkt nachweisen, dass in ihren Körpern das Blut zirkulierte. Hierbei erwiesen sich nun Insekten als eine besondere Herausforderung: Nachdem es ihm zunächst nicht gelungen war bei Fliegen, Kakerlaken und Flöhen die Zirkulation des Blutes zu erkennen, verlagerte Leeuwenhoek seine Beobachtungen hauptsächlich auf Frösche und Fische, bei denen er tatsächlich mehr Erfolg hatte.145 Im Folgenden versuchte er sich auch an Säugetieren und Vögeln, erlitt dabei aber einen Rückschlag.146 Und als er sich dann 1692 ein weiteres Mal den Insekten zuwandte, schlugen auch die Beobachtungen an Grashüpfern, Eulenfaltern, Flöhen und Läusen fehl. Infolge dieses erneuten Scheiterns an den Insekten sah sich Leeuwenhoek nun dazu gezwungen, von der Idee Abstand zu nehmen, dass der Blutkreislauf einen universellen Lebensprozess darstellte und blieb auch bei späteren Beobachtungen skeptisch, wenn er meinte, etwas entsprechendes zu sehen.147 In diesem Zusammenhang wird auch verständlich, warum Leeuwenhoek sich in seinen Beobachtungen zwar ausgiebig über die mikroskopischen Strukturen äußerte, aber nur in seltenen Fällen dazu bereit war, auch etwas zu den in ihnen stattfindenden Prozessen oder gar zu den Funktionen der Organe zu sagen: Leeuwenhoek sah es nur als möglich an, diejenigen Prozesse durch Beobachtungen zu erschließen, die in ihrem ungestörten Ablauf direkt zu erkennen waren.148

Leeuwenhoeks Beobachtungen von Organen waren also vor allem durch die Tendenz geprägt, die Objekte auf Ansammlungen von Strukturelementen zu reduzieren. Dadurch wurde zwar in gewisser Weise eine enge Verbindungen zwischen ihnen hergestellt, in anderer Hinsicht wurden sie jedoch noch stärker als zuvor unabhängig vom Gesamtgefüge des Körpers betrachtet. Dies trug vielleicht auch dazu bei, dass über die Prozesse, die innerhalb dieser Objekte abliefen, nur in Ausnahmefällen etwas ausgesagt wurde. Wie Malpighi hatte Leeuwenhoek also innerhalb eines engen Bezugsrahmens von Analogieschlüssen absehen müssen. Während sich die Feststellung von Strukturelementen bei Malpighi als alternatives Ergebnis der Beobachtungen anstelle von Analogien bereits angedeutet hatte, wurden sie bei Leeuwenhoek zum zentralen Aspekt, der allerdings eine ähnliche Unsicherheit mit sich brachte. Schließlich wurde sogar die Idee der anatomischen Uniformität, welche beide Tendenzen zunächst begünstigt hatte, in Zweifel gezogen.

3.3.4 Zusammenfassung

Auch der Umgang mit Organen von Lebewesen hatte sich also im Kontext von mikroskopischen Beobachtungen mit zunehmender Dauer der Untersuchungen stark verändert: Erste kurze Beobachtungen hatten die Organe in erster Linie als Teile des Körpers begriffen, anhand deren Präsenz die Gleichförmigkeit der Anatomie verschiedener Lebewesen gezeigt werden konnte. Spätere Forscher begriffen sie hingegen als Einzelobjekte, deren Struktur untersucht werden sollte, um ihre Funktionsweise besser zu verstehen. Dabei wurde die anatomische Uniformität vom Aufbau des ganzen Körpers auf die Mikrostrukturen verlagert und betraf nicht mehr nur einander entsprechende, sondern auch verschiedene Organe. Mit diesem Perspektivwechsel ging allerdings auch eine Veränderung in der Wahl der Objekte einher: Statt Insekten wurden nun vor allem die Organe größerer Tiere untersucht. Zudem zeichnete sich mehr und mehr die Tendenz ab, die Strukturen als Anordnungen von Grundelementen zu verstehen. Nach und nach ergaben sich aus dieser neuen Perspektive aber auch Probleme: Die Übereinstimmungen von Strukturen erschienen mitunter fraglich beziehungsweise ließen sie sich nicht nachweisen. Dies führte schließlich zu einer Abnahme von Analogieschlüssen und zu Einschränkungen des Konzepts der anatomischen Gleichförmigkeit sowie zu zunehmender Zurückhaltung in Bezug auf die Funktionen der Organe.

3.4 Animalcula: Ursprung und Funktionen

3.4.1 Generatio spontanea und Contagium vivum

Die Beobachtungen mikroskopischer Lebewesen unterschieden sich insofern von den bisher thematisierten Untersuchungen, dass diese Animalcula in der Regel im Zusammenhang mit Studien an anderen Objekten überhaupt erst entdeckt wurden. Dementsprechend stand wie bei einigen Insekten-Beobachtungen zunächst die Beziehung zwischen den Animalcula und dem jeweiligen Stoff, in dem sie zu finden waren, im Zentrum der Untersuchungen. Hierbei dominierte zuerst wiederum die Ansicht, dass diese Lebewesen das Ergebnis einer spontanen Zeugung waren, während sich bei einem Auftreten innerhalb größerer Organismen die Frage stellte, ob es sich bei ihnen um lebendige Krankheitserreger handeln könnte. In späteren Beobachtungen wurde dann die Beziehung zwischen den Animalcula und ihrer jeweiligen Umgebung konkret untersucht, indem direkt in letztere eingegriffen wurde. Dadurch emanzipierten sich die Animalcula einerseits zu eigenständigen Objekten, andererseits stellte sich nun die Frage, inwiefern sie größeren Lebewesen entsprachen und mit ihnen in Interaktion standen.

Dass in Essig zuweilen Würmer an der Grenze der natürlichen Sichtbarkeit zu beobachten wären, war bereits seit der Antike bekannt und wurde mit Rückgriff auf Aristoteles und Plinius noch Anfang des 17. Jahrhunderts unverändert als ein Fall von vielen verstanden, in denen Lebewesen als spontane Zeugung aus einem Stoff hervorgingen, in dessen unmittelbarer Nähe sie gefunden wurden.149 Bereits vor der Verwendung des Mikroskops bestanden also über das Konzept der Generatio spontanea verschiedene Verbindungen zwischen gewissen Objekten: Einerseits schienen die Animalcula insofern vom Essig abzuhängen, als dieser sie erzeugte, andererseits glich der Essig anderen Stoffen darin, dass er über das Potential zu verfügen schien, Lebensformen hervorzubringen.

Beide Verbindungen wurden im Rahmen der mikroskopischen Beobachtungen von Athanasius Kircher leicht verändert: Anhand von Essig, Milch und den Würmern, die sich in ihnen finden ließen, wurde weiterhin ein enger Bezug zwischen bestimmten Stoffen und scheinbar spontan entstehenden Animalcula hergestellt. Allerdings nutzte Kircher den Verweis auf das Mikroskop als modernen, technisierten Beobachtungsrahmen dazu, um diesen im Grunde genommen bekannten Sachverhalt als eine Neuheit zu präsentieren.150 Damit wurde zugleich auch das Vermögen der Stoffe zu derartigen Zeugungen zu einer Eigenschaft gemacht, die erst im Zuge der Beobachtungen festgestellt werden konnte, da sie sich auf einer Ebene manifestierte, die mit dem bloßen Auge nicht zu erfassen war. Das gleiche galt hinsichtlich der Verbindung verschiedener Stoffe durch diese Gemeinsamkeit: In Kirchers Ars magna lucis (1646) finden sich zunächst willkürlich erscheinende Paarungen verschiedener Objekte wie Essig und Milch sowie Pflanzen und Blut, denen jedoch verallgemeinernd die Aussage folgt, Würmer würden generell in verwesenden Stoffen entstehen.151

In seinem Scrutinium pestis (1658) griff Kircher diese Gedanken auf und erklärte die Zeugung derartiger Lebewesen zur Ursache für sämtliche Krankheiten. Allerdings wurde zugunsten dieses Contagium vivum die Idee einer spontanen Zeugung der Animalcula relativiert: Zwar stellte die Fäulnis von Stoffen weiterhin eine wichtige Bedingung für die Entstehung dieser Tiere dar, ihr eigentlicher Ursprung bestand jedoch in mikroskopischen Samen, die mit der Nahrung aufgenommen wurden. Die Verbindung zwischen den Animalcula und bestimmten Stoffen wurde in diesem Zusammenhang also deutlich geschwächt, was auch daran zu sehen ist, dass die Kausalitäten hier zu einem großen Teil in umgekehrter Form verstanden wurden: Nicht nur Veränderungen in der Materie konnten zur Zeugung von mikroskopischen Lebewesen führen, auch deren Anwesenheit führte dazu, dass die Stoffe in ihrer Umgebung verfielen.152

Kirchers Ansichten in ihrer ersten Form bildeten auch in diesem Fall die Basis für die Beobachtungen von Pierre Borel, der den Zusammenhang zwischen Animalcula und bestimmten Stoffen betonte: Auch wenn seine Observationum microcospicarum centuria (1656) sonst nur in seltenen Fällen einer erkennbaren Ordnung folgte, sind die Textabschnitte über Essig, Milch und Blut zu einer Reihe von Beobachtungen zusammengestellt, wodurch die gemeinsame Fähigkeit dieser drei Objekte, Würmer erzeugen zu können, hervorgehoben wurde. Zwei weitere Beobachtungen, nämlich von Schweinefleisch und Mastix-Blättern, die ebenfalls von Kircher übernommen worden waren, folgten zwar ein wenig später wiederum im Zusammenhang zueinander, lediglich eine Bemerkung zu Würmern in faulenden Früchten stand etwas abseits.153

Neben der spontanen Zeugung interessierte sich Borel auch für die mögliche Rolle von Animalcula bei der Entstehung von Krankheiten. In den meisten Fällen wurde auch hier ein direkter Zusammenhang zwischen ihrer Anwesenheit und bestimmten Krankheiten hergestellt: In einer Serie von drei Abschnitten über Hautkrankheiten wurden spontan erzeugte Würmer als deren Ursache ausgemacht und diese in einem Fall sogar mit dem Wurmbefall von Früchten verglichen. Und auch die Animalcula, die in der menschlichen Samenflüssigkeit gefunden wurden, interpretierte Borel als Verursacher der Gonorrhoe, unter welcher der Patient litt.154 Hinsichtlich der Animalcula im Blut brachte Borel allerdings zwei verschiedene Ansichten vor: Zum einen erwähnte er Kirchers Interpretation , dass die Animalcula im Zusammenhang mit dem Auftreten von Krankheiten stünden, zum anderen erläuterte er aber auch, dass sie seinen eigenen Überlegungen zufolge ein regulärer Teil des Blutes wären und zum Funktionieren des Körpers beitrügen.155 Auch in diesem Fall wurde jedoch weiterhin die Bindung der Animalcula an andere Objekte betont.

Auffällig ist, dass Borel in seinen zahlreichen Beobachtungen kaum versuchte, die Animalcula detaillierter zu beschreiben, wie er es etwa mit den zuvor unbekannten Insekten getan hatte: Lediglich die Würmer in der Samenflüssigkeit wurden mit der Form von Schnecken verglichen, während die Animalcula in der Nase Ähnlichkeiten mit Eidechsen und Spinnen haben sollten.156 Im Gegensatz zu anderen Autoren vermied er es ferner, die mikroskopischen Würmer als Insekten zu bezeichnen.157 Somit wurden die Animalcula einerseits untereinander nur dadurch in Bezug gesetzt, dass sie Ergebnis der gleichen Prozesse waren, wenn auch in unterschiedlichen Stoffen. Andererseits bestand ihre einzige Verbindung zu größeren Lebewesen darin, dass sie zu deren Gesundheit oder Krankheit beitrugen.

Sowohl Kircher als auch Borel hatten also mikroskopische Lebewesen in ihren Beobachtungen als Objekte charakterisiert, die nur im Zusammenhang mit anderen Objekten und den Prozessen, die an diesen stattfinden, von Relevanz waren. Zum einen hing die Existenz der Animalcula fast ausschließlich von Verfallsprozessen ab, zum anderen bezogen sich alle weiterführenden Aussagen über sie auf die Wirkungen, die sie in Bezug auf andere Körper hatten. Dementsprechend war auch darauf verzichtet worden, sie detailliert zu beschreiben.

3.4.2 Emanzipation zu eigenständigen Lebewesen

Kirchers Beobachtungen des Blutes konnten von Hooke nicht bestätigt werden, und die Frage nach der Rolle mikroskopischer Lebensformen bei Krankheiten spielte keine Rolle mehr für seine Beobachtungen und die Powers.158 Stattdessen konzentrierten sich beide darauf, die vermeintlich spontane Zeugung von Essigaalen zu hinterfragen. Beide sahen sich in diesem Zusammenhang dazu verleitet, zunächst die Unterschiede zu anderen Lebewesen hervorzuheben: Power stellte seine diesbezüglichen Bemerkungen zwischen seine Untersuchungen von Insekten und größeren Lebewesen, zog jedoch weder zur einen, noch zur anderen Seite eine Verbindung.159 Zudem machten seine Ausführungen deutlich, dass sich die Bedingungen, unter denen diese Tiere lebten grundsätzlich von denen anderer Lebewesen unterschieden, und der enge Zusammenhang zwischen den Essigaalen und der sie umgebenden Flüssigkeit selbst der Untersuchung bedurfte. Hierzu veränderte er versuchsweise diese Umgebung, indem er den Essig erhitzte, einfror oder andere Stoffe hinzu mischte. Letztlich wurde als Ergebnis der Beobachtungen ausgeschlossen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Fäulnis eines Essigs und der Entstehung von Tieren in ihm gäbe.160

Hooke verstand seine eigenen Bemerkungen zumindest in diesem Fall als bloße Ergänzungen zu denen Powers.161 Auch er grenzte die Essigaale insofern von anderen Lebewesen ab, dass er sie als letzte mikroskopische Beobachtung seiner Micrographia abseits der Insekten stellte, die er zuvor beschrieben hatte. Zugleich wurden sie an anderer Stelle aber auch als Teil einer Gruppe von Lebensformen erwähnt, die jeweils als mikroskopische Varianten größerer Pflanzen und Tiere verstanden werden könnten und existierten, weil die Natur neugierig in verschiedene Richtungen wirke.162 Auch wenn sie somit stärker als bei den anderen Forschern als eigenständige Lebewesen präsentiert wurden, war für Hooke weiterhin vor allem ihr Verhältnis zum Essig von Interesse. Bei seinen Beobachtungen in dieser Richtung bemerkte er, dass ein luftdichter Abschluss des Gefäßes den Tod der Tiere zur Folge hatte und demzufolge nicht allein der Stoff des Essigs die Existenz dieser Animalcula bedingte.163

Sowohl Hooke als auch Power entfernten darüber hinaus die Essigaale aus ihrer natürlichen Umgebung und versetzten sie zwecks besserer Beobachtungsbedingungen in ein künstliches Umfeld aus Glasplatten und Luft. Power beschrieb in diesem Zusammenhang vor allem die Auswirkungen dieser veränderten Umgebung, deren letzte Konsequenz wiederum der Tod der Animalcula war.164 Hooke abstrahierte dagegen von den Beobachtungsbedingungen und bemühte sich, die anatomischen Details zu beschreiben, die für ihn nun erst erkennbar wurden. Diesen Beobachtungen zufolge schien es sich bei diesen Animalcula einerseits klar um vollwertige Lebewesen zu handeln, andererseits aber blieb die Frage bestehen, mit welcher größeren Tierart diese Würmer am ehesten zu vergleichen wären.165

Die Verbindung zwischen Essigaalen und Essig war also im Zuge der Beobachtungen von Power und Hooke hinterfragt und relativiert worden. Anders als bei Kircher und Borel wurden die Animalcula nun nicht mehr nur hinsichtlich ihrer Beziehung zu anderen Objekten charakterisiert, sondern als vollwertige Lebewesen detailliert beschrieben. Die dadurch aufkommende Frage, inwiefern diese Tiere größeren Lebewesen entsprächen, wurde jedoch von Power und Hooke nicht wirklich beantwortet: Beide betonten vor allem die Unterschiede und trennten ihre entsprechenden Beobachtungen eher von denen anderer Tiere.

3.4.3 Eigenständigkeit und Abhängigkeit

Interessanterweise scheint sich Leeuwenhoek im Gegensatz zu seinen Vorgängern für die Essigaale kaum interessiert zu haben. Denn obwohl aus späteren Bemerkungen ersichtlich ist, dass er mit diesen Tieren schon länger vertraut war, wandte er sich Beobachtungen an derartigen Animalcula erst aus besonderen Anlässen zu: Im Sommer 1674 untersuchte er die jährliche Verfärbung eines nahegelegenen Sees und stieß dabei im Wasser auf Lebewesen, die erst mit dem Mikroskop zu erkennen waren. Diese Beobachtungen fielen jedoch vergleichsweise kurz aus, und eine genauere Beschäftigung mit diesen Lebewesen blieb zunächst aus, weil in diesem wie in anderen Fällen, die bald folgten, andere Objekte im Vordergrund der Beobachtungen standen.166

Als Leeuwenhoek dann doch damit begann, sich detaillierter mit den Animalcula zu befassen, fiel dies bemerkenswerterweise mit Beobachtungen zusammen, deren Fragestellungen von vorneherein auch einen Eingriff in die materiellen Zusammenhänge der Objekte mit sich brachte: Für eine Untersuchung von Regenwasser auf möglicherweise darin enthaltene Luft verwendete Leeuwenhoek eine Luftpumpe und versuchte dann mit einem Mikroskop zu sehen, ob kleinste Luftblasen aus dem Wasser extrahiert wurden. Als er in diesem Zusammenhang wieder Animalcula entdeckte, beließ Leeuwenhoek es nicht mehr bei einem kurzen Bericht, sondern führte im Anschluss ausführliche Beobachtungen durch, die auch Wasser aus Flüssen, Brunnen und dem Meer umfassten.167 Erneut stellte sich dabei die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den Lebewesen und den Flüssigkeiten, in denen sie zu beobachten waren, umso mehr da es sich hierbei um Stoffe handelte, die anders als etwa Essig, keiner erkennbaren Veränderung unterlagen. Da die Animalcula in den meisten Fällen aber erst nach kurzen Zeiträumen und trotz aller Vorkehrungen erkennbar wurden, schienen Leeuwenhoeks Beobachtungen zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Tiere spontan erzeugt würden. Er vermied allerdings, dies direkt anzusprechen.168

In einem anderen Fall war die Vermischung von Wasser mit anderen Stoffen der Ausgangspunkt der Beobachtungen: Bei seinen Untersuchungen von Gewürzen, die zu diesem Zweck eingeweicht wurden, entdeckte Leeuwenhoek wiederum eine Vielzahl von Animalcula, über die er im Oktober 1676 ausführlich berichtete. Da es sich bei diesen Lebewesen zumindest teilweise um Arten zu handeln schien, welche nicht in Leeuwenhoeks vorigen Beobachtungen aufgetaucht waren, stellte sich wiederum die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen den Gewürzen und der Entstehung dieser Animalcula.169 Zumindest anfänglich scheint Leeuwenhoek eine spontane Zeugung nicht für vollkommen unmöglich gehalten zu haben, zumal die Anzahl der Animalcula zwar zunahm, aber keine Veränderungen in der Größe erkennbar waren, wie er sie von größeren Lebewesen kannte.170 Nachdem er weitere Beobachtungen angestellt hatte, meinte er jedoch, dies ausschließen zu können: Da es auch Teil der ursprünglichen Untersuchung gewesen war, die Wirkung von Essig auf den Geschmack von Pfeffer zu erforschen, lag es nach der Entdeckung von Lebewesen im Pfefferwasser nahe, die eventuellen Folgen einer derartigen Vermischung auch im Mikroskopischen zu untersuchen. Hierzu setzte Leeuwenhoek die verschiedenen Auswirkungen, die eine solche Vermischung auf Pfeffer-Animalcula und Essigaale hatte, zueinander in Bezug: Das Überleben der Pfeffer-Animalcula hing stärker von den Stoffen ab, die sie umgaben, als das der Essigaale, die eine weitaus größere Toleranz gegenüber Veränderungen in ihrer Umwelt aufwiesen. Tatsächlich lieferte ihre zunehmende Anzahl in einer Mischung, die schließlich nur noch zu einem Elftel aus Essig bestand, einen deutlichen Hinweis darauf, dass sie nicht spontan aus den Partikeln dieser Flüssigkeit erzeugt wurden, da deren Menge im Vergleich zu anderen Partikeln nun deutlich geringer ausfiel.171 Im Anschluss machte sich Leeuwenhoek daran, die Fortpflanzung der Essigaale nachzuweisen, indem er ihre Körper erfolgreich auf Spuren von Nachkommen untersuchte.172

Derartige Untersuchungen waren für kleinere Lebensformen nicht möglich und ihr Resultat wurde auch nicht explizit auf sie übertragen. Stattdessen erwähnte Leeuwenhoek in den letzten Beobachtungen dieses langen Briefes vom Oktober 1676, dass einerseits die in Nussschalenwasser enthaltenen Animalcula denen in Pfefferwasser entsprächen, und andererseits diejenigen, welche mit dem nachgegossenen Brunnenwasser in die Lösung hinzukamen, schnell verschwanden beziehungsweise starben. Somit war einerseits auch in diesem Fall zumindest eine Zeugung der Animalcula aus den jeweiligen Stoffen mehr oder weniger ausgeschlossen.173 Andererseits wurde damit zugleich klar, dass derartige Tiere gewissermaßen überall vorhanden waren. Dementsprechend spielten die Essigaale im Gegensatz zu diesen Animalcula in späteren Beobachtungen kaum noch eine Rolle, obwohl sie wegen ihrer Größe deutlich besser für Untersuchungen geeignet waren. Sie waren zwar hinsichtlich der Fortpflanzung gewissermaßen als Stellvertreter der kleineren Animalcula untersucht worden und hatten so die Formulierung bestimmter Aussagen überhaupt erst ermöglicht, dennoch unterschieden sie sich in anderen Punkten so stark von letzteren, dass sie im Vergleich mit ihnen kein besonders interessantes Beobachtungsobjekt für Leeuwenhoek darstellten.174

Die Frage nach der Anwesenheit von Animalcula in Körperflüssigkeiten und ihrer Rolle dort wurde in Leeuwenhoeks Korrespondenz erst erwähnt, nachdem er bereits einige der erwähnten Beobachtungen an anderen Flüssigkeiten durchgeführt hatte. In den ersten Untersuchungen an der menschlichen Samenflüssigkeit, die er nur mit Unbehagen durchgeführt und deswegen bald aufgegeben hatte, schien ihm diese so wie auch andere Körperflüssigkeiten in erster Linie aus Globuli zu bestehen. Durch die Begegnung mit Craanen und Ham, welche meinten, in der Flüssigkeit Animalcula sehen zu können, wurde er jedoch 1677 zu neuen Beobachtungen angeregt.175 Während die Samenflüssigkeit in den vorigen Beobachtungen noch in erster Linie in Verbindung mit anderen Körperflüssigkeiten untersucht worden war, und dementsprechend die Partikel in ihr nicht als eigenständige Objekte, sondern lediglich als Bestandteile verstanden worden waren, wurde durch diese neue Interpretation eher eine Brücke zu seinen Beobachtungen an Animalcula geschlagen, die er im Sommer des Vorjahres im größeren Umfang durchgeführt hatte. Diese Beobachtungen hatten aber gezeigt, dass sich zwar in einer Vielzahl von Stoffen derartige Lebewesen befanden, zwischen beiden aber kein essentieller Zusammenhang bestand. Dementsprechend verstand Leeuwenhoek auch die Samen-Animalcula zunächst nicht als wichtigen Bestandteil der Samenflüssigkeit und war weit davon entfernt, ihnen eine Rolle im Zeugungsprozess zuzugestehen. Vielmehr vermutete er, dass die ebenfalls zu beobachtenden, festeren, fadenartigen Teile die Gefäße des zukünftigen Körpers und damit das entscheidende Moment der Fortpflanzung darstellten.176

Dass Leeuwenhoek diese Ansicht erst 1683 widerrief und nach einigen Zweifeln und Spekulationen schließlich doch die Samen-Animalcula zu den Agenten der Fortpflanzung erklärte, war weniger das Ergebnis theoretischer Überlegungen177 als der langwierigen Auseinandersetzung mit den Beziehungen verschiedener Objekte zueinander: So hatte Leeuwenhoek nach der Entdeckung der Samen-Animalcula auch andere Körperflüssigkeiten erneut untersucht und im Februar 1679 vermeldet, dass er im Gegensatz zu anderen Naturforschern weder in Blut noch in Speichel Lebewesen gefunden hätte. Damit war nun einerseits klar, dass nur in der Samenflüssigkeit Animalcula zu finden waren, andererseits traf dies aber auch für die Fäden beziehungsweise die zukünftigen Gefäße zu.178 Dementsprechend sah Leeuwenhoek zunächst weiterhin diese Fäden als den zentralen Bestandteil der Samenflüssigkeit an. Angesichts ihres Fehlens im Samen von Dorsch vermutete er im März 1678 sogar, dass die entsprechenen Strukturen innerhalb der Globuli vorhanden sein müssten, die er beobachten konnte.179 Als er allerdings seine Beobachtungen im Februar des Folgejahres wiederholte, erschienen ihm diese Globen mehr und mehr als Animalcula, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass Leeuwenhoek sich im Dezember noch einmal ausführlich mit den Formen der Pfefferwasser-Animalcula beschäftigt hatte.180 Im April untersuchte er zusätzlich auch die Samenflüssigkeiten von weiteren Tieren, die er zum Teil mittels Sektionen direkt aus ihren Hoden entnahm. Hierbei waren erneut keine Fäden zu finden, während die Animalcula wiederum in großer Menge erschienen. Leeuwenhoek zögerte jedoch, mehr als nur die prinzipielle Möglichkeit einzuräumen, dass diese Animalcula mit dem Fortpflanzungsprozess verbunden waren.181 Die Ursache hierfür wird aus seinen Berichten über weitere Beobachtungen an den Hoden verschiedener Tiere ersichtlich, die er im Juni desselben Jahres erläuterte: Da die Samen-Animalcula selbst als eigenständige Lebensformen erschienen, wie etwa die kleinen Tiere in Pfefferwasser, war es nur schwer vorstellbar, wie sie an der Vermehrung der Lebewesen teilhaben könnten, in deren Körper sie zu finden waren, zumal ihre große Anzahl nahelegte, dass sie sich untereinander auch selbst fortpflanzten.182

Dennoch erklärte Leeuwenhoek im Januar 1683 schließlich die Samen-Animalcula zum zentralen Moment der Fortpflanzung. Den Ausgangspunkt hierfür bildeten jedoch nicht neue Untersuchungen des Spermas, sondern die Beobachtungen an Pflanzensamen, die er im Frühjahr 1679 zusätzlich wieder aufgenommen hatte. Der bisher zugrunde gelegte Vergleich mit anderen Animalcula wurde also ersetzt durch Analogien: Die verschwindend geringe Größe der Samen-Animalcula beziehungsweise das Fehlen einer Ähnlichkeit mit den später geborenen Lebewesen sowie ihre große Anzahl hatten aus Leeuwenhoeks Sicht allesamt eine Entsprechung bei den Samen von Pflanzen.183 Und selbst das Paradoxon, dass die Samen-Animalcula an der Zeugung anderer Lebewesen teilhatten, sich zugleich aber auch selbst fortzupflanzen schienen, wurde zwei Jahre später ebenfalls durch eine Analogie gelöst, die ihren Ursprung in ausführlichen Beobachtungen zur Metamorphose von Flöhen und Fröschen hatte: So wie sich innerhalb dieser Verwandlungsprozesse ein und dasselbe Lebewesen in verschiedenen Formen zeigte, könnten auch die Samen-Animalcula als eine Form verstanden werden, welche dem voll entwickelten Lebewesen vorgelagert war. In gewisser Weise schlug Leeuwenhoek damit vor, die Metamorphose zum universellen Modell der Fortpflanzung zu machen.184 Und als Untersuchungen von Blattläusen 1699 zeigten, dass sich diese zuweilen ohne Kopulation und Metamorphose fortpflanzen konnten, sah Leeuwenhoek darin schließlich die Lösung für das Problem, dass sich die Anzahl der Samen-Animalcula nie zu erschöpfen schien: Diese könnten sich in den Hoden ebenfalls durch Parthenogenese vermehren.185

Allerdings blieben in anderen Bereichen eine Menge Unstimmigkeiten und offene Fragen hinsichtlich der Animalcula bestehen: Auch wenn Leeuwenhoek während der Beobachtungen seiner eigenen Körperflüssigkeiten keine Animalcula gefunden hatte, so tauchten doch während anderer Untersuchungen immer wieder Animalcula in den Organen, Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen verschiedener Lebewesen auf, deren Anwesenheit in den meisten Fällen ohne Erklärung blieb.186 In einigen Fällen war sogar unklar, ob diese Animalcula das jeweilige Lebewesen als Parasiten befallen hatten, oder ob sie nicht doch ursprünglich aus seinem Samen stammten. Erst 1695 entwickelte Leeuwenhoek ausgehend von Beobachtungen an Muscheln, in denen derartige Unklarheiten ihm zu schaffen machten, die Ansicht, dass die in Gewässern zu findenden Animalcula den größeren Lebewesen dort als Nahrung dienten.187 Diese mikroskopischen Tiere wurden also als Teil eines Komplexes von Lebensformen verstanden, wie ihn Leeuwenhoek auch bei einigen Insekten vorgefunden hatte. In vielen anderen Fällen blieb die Frage nach der Beziehung zwischen den Animalcula und anderen Lebewesen hingegen unbeantwortet.

Leeuwenhoeks Vorgehen glich also insofern dem seiner Vorgänger, als er sich zunächst ebenfalls bemühte, vermeintliche Abhängigkeiten zwischen Animalcula und anderen Objekten im Sinne einer spontanen Zeugung aufzulösen. Allerdings entwickelte er hierfür einerseits ausgehend von seinen Beobachtungen zu anderen Themen spezielle Versuche, die deutlich komplexer waren als die Herangehensweise seiner Vorgänger. Andererseits wurden schließlich neue Beziehungen und Abhängigkeiten in Hinblick auf andere Lebewesen hergestellt, indem die Animalcula in der Samenflüssigkeit zum Agenten der Fortpflanzung und die Animalcula im Wasser zur Nahrungsquelle für größere Tiere gemacht wurden. Vor allem im ersten Fall spielten dabei Analogien zu Beobachtungen an anderen Objekten eine zentrale Rolle. Zu Beginn seiner Beobachtungen war Leeuwenhoek geradezu irritiert davon gewesen, dass die Pfeffer-Animalcula sich scheinbar nicht analog zu größeren Lebewesen entwickelten, sondern sich ohne erkennbares körperliches Wachstum in der Anzahl vermehrten. Später wurde dann eine andere Analogie zur befriedigenden Erklärung, weil diese zahlreiche Aspekte des Zeugungsprozesses mit einbezog, ohne dabei allerdings das ursprüngliche Problem vollständig zu lösen. Analogien konnten also Probleme aufwerfen, aber auch dazu genutzt werden, um diese zu umgehen.

3.4.4 Zusammenfassung

Nachdem die ersten mikroskopischen Beobachtungen von Animalcula also vornehmlich die seit der Antike bestehende Ansicht einer spontanen Zeugung bekräftigt und in eine enge Verbindung mit der Entstehung von Krankheiten gesetzt hatten, wurden derartige Überlegungen später mit zunehmender Skepsis aufgenommen. Die Beobachtungen richteten sich nun darauf aus, die vermeintlichen Zusammenhänge der Animalcula mit den Stoffen, die sie angelblich erzeugten, versuchsweise zu verändern beziehungsweise aufzulösen. Im Zuge dessen wurden die Animalcula mehr und mehr als eigenständige Lebensformen verstanden, die sich allerdings so stark von bisher bekannten Tieren unterschieden, dass es in vielerlei Hinsicht unklar blieb, in welcher Beziehung sie zu diesen standen. Durch Leeuwenhoeks Beobachtungen wurde diese neu gewonnene Unabhängigkeit zugleich gestärkt und relativiert: Die Samen-Animalcula waren sowohl eigenständige Lebewesen als auch Vor-Form größerer Arten, während andere Animalcula unter der Perspektive, dass sie größeren Lebewesen als Nahrung dienten, als vollwertige Organismen verstanden wurden, die allerdings vornehmlich in ihrer Beziehung zu anderen einen Sinn hatten.

Analogien spielten in diesem Forschungsfeld nur eine geringe Rolle, weil sich zunächst scheinbar zu wenig Anknüpfungspunkte boten. Selbst die grundlegende Annahme, dass die Anatomie und Fortpflanzung dieser Animalcula mit denen größerer Lebewesen übereinstimmen mussten, erschien anfangs offenbar eher problematisch. Erst als sich in Leeuwenhoeks Beobachtungen eine ganze Reihe sehr spezifischer Entsprechungen andeutete, konnte eine Analogie aufgestellt werden, welche dann allerdings eine völlig neue Perspektive auf die Beziehungen zu größeren Lebewesen mit sich brachte.

Insgesamt weisen die hier besprochenen vier Objektklassen eine zu weiten Teilen unterschiedliche Entwicklung hinsichtlich der Beziehungen und Analogien zwischen Objekten auf: Pflanzen wurden zunehmend mit dem expliziten Ziel der Analogienbildung in Hinblick auf tierisches Leben studiert, und die damit einhergehende Mehrdeutigkeit war scheinbar ein zentraler Faktor dafür, dass die Forscher sehr unterschiedliche und wandelbare Vorgehensweisen für ihre Beobachtungen entwickelten. Die Beobachtungen von Insekten verlagerten sich mehr und mehr auf Prozesse, womit die Relevanz von Analogien zunächst hinter der Frage nach materiellen und lebensweltlichen Zusammenhängen zurück trat. Die Strukturen von Organen konfrontierten die Forscher dagegen mit einer gewissen Erklärungsnot. Analogien blieben in diesem Fall vermutlich wegen des engen Bezugsrahmens, innerhalb dessen sie aufgestellt wurden, zweifelhaft und es entwickelte sich schließlich eine alternative Tendenz, nämlich die Reduktion der Strukturen auf Elemente ohne Aussagen über Funktionen. In den Animalcula-Beobachtungen hatten schließlich Analogien aufgrund der wenigen Anknüpfungspunkte zuerst nur eine geringe Rolle gespielt, später dann führten sie allerdings zu einem grundlegenden, wenn auch nicht unproblematischen Perspektivwechsel.

Allgemein lässt sich also festhalten, dass die Relevanz von Analogien einerseits durch die Perspektive auf die jeweiligen Objekte bedingt wurde. Andererseits konnten Analogien aber auch die Art und Weise, in der Objekte beobachtet wurden, selbst grundlegend verändern. Hierfür erwiesen sich Analogien von mittlerer Reichweite als deutlich produktiver als solche, die innerhalb eines engen Bezugsrahmens aufgestellt wurden. Weiterhin waren Analogien insofern ein wichtiger Faktor für die Diversität der mikroskopischen Forschung, da sie als mehrdeutiges Ergebnis von Beobachtungen zugleich die Basis für die Durchführung neuer Untersuchungen bildeten.

Eine gemeinsame „Reihenfolge des Erkennens“, welche für einen Beobachtungsstil charakteristisch wäre, lässt sich also nicht feststellen. Gerade die Gemeinsamkeit vieler Forscher hinsichtlich des hohen Stellenwertes von Analogien in ihren Untersuchungen hatte paradoxerweise zur Folge, dass sich ihre Beobachtungen, wenn sie sich auch zu großen Teilen mit den gleichen Objekten beschäftigten, signifikant voneinander unterschieden. Und tatsächlich führten diese Unterschiede letztlich sogar dazu, dass einige Forscher hinsichtlich fremder Beobachtungen vor allem das Bedürfnis hatten, sie entsprechend den Ergebnissen ihrer eigenen Studien zu „korrigieren.“

Fußnoten

Zum hier zugrunde gelegten Verständniss von Analogien siehe Hentschel (2010). Zentral ist für die folgenden Ausführungen vor allem die Unterscheidung von Ähnlichkeiten und Analogien, die im Anschluss an Hentschels Ausführungen daran festzumachen ist, dass im Zuge einer Analogie „weitreichende Netze von Beziehungen zwischen zwei Gegenstandsbereichen oder -objekten behauptet“ werden (ebd. 24), d.h. dass sowohl behauptet wird, dass die Objekte über gleiche Eigenschaften verfügen, als auch dass diese Eigenschaften jeweils in ähnlichen Beziehungen zueinander stehen. Verkürzt heißt das in diesem Fall: Prozesse in mikroskopischen Strukturen und ihre Funktion werden ausgehend von einer Ähnlichkeit der Form als einander entsprechend angesetzt.

Johannes Faber berichtete in seinen Anmerkungen zu Francisco Hernández' Naturgeschichte Amerikas kurz über Cesis diesbezügliche Beobachtungen: „Hoc oculoru[m] praesidio Princeps Caesius noster plurimas plantas hactenus à Botanicis sine semine creditas, distinctissimis seminibus luculenter turgentes per Pictorem suum ad hoc operis designatum in cartis delineari curavit. Mirareris in Polypodio minutissimos eos pulvisculos foliorum dorso adhaerentes piperis grani magnitudine spectabiles, existimatos hactenus à Natura tantùm co[n]cessos esse in herbulae ornatum, quos Princeps quidem ante Microscopij usum iamdiu in libris suis seminis nomine donari debere ce[n]suit, & ita huius generis plantas Tergifoetas meritò nuncupavit“ (Hernández 1651, 757). Vgl. auch die detaillierten Zeichnungen, die Freedberg (2002, 225–228) diesen Beobachtungen zuordnet.

So heißt es in Tafel 19, welche im Anhang der Naturgeschichte von Hernández publiziert wurde: „In Phytonomiae certitudinem prescriptae copulationis nominis scilicet & rei obfirmatio. In vocibus quidem, & litteris, in libris, notisq[ue] omnibus defecta quida[m], aut mutationes edacis praesertim iniuria temporis, vel scribentium ac pingentium aut ineptè dice[n]tium incuria co[n]tingere sole[n]t, qui nos in controversiá deducant, & laxata copula studiosus in dubio relinquant: succurendum propterea sedula pensitatione, & discussione, ut veru[m] plantis nomen reddi possit: quod si spurium fuerit, vel dubium, & minus cognitum. [...] confirmetur, ne quid supersit dubij [...] mediante rei ipsius, sive subiecti [...] Absolutissimis in posteritatis beneficium requisitis authographis, compilatis libris, & commentarijs editis, quibus singula, vel minutissima adnotentur: quod & assequi erit facilius singulatim microscopio nostro adhibito, quod in pluribus nos etiam exequuti sumus“ (Hernández 1651, 948).

Die meisten Beobachtungen widmeten sich jeweils einer einzelnen Pflanze und den charakteristischen Runzeln oder Haaren ihrer Blätter (Borel 1656a), andere wiederum stellten Ähnlichkeiten in den Vordergrund (ebd. V, VI, XLVI). Die unterschiedlich farbigen „Venen“ in den Blättern von Geißblatt, Lorbeer und Thymian wurden hingegen gegeneinander und von den Löchern in Blättern von Haselwurz abgegrenzt: „Chelidonium, asarum &c. folia perforata habent, aliae plantae venas foliorum habent rubescentes ut Caprifolium, aliae virescentes, ut Laurus, tymus, juxta succum quo nutriuntur: caulis musci ruber est, matricaria maculata apparet, mori nigra folia plexum mirum, seu rete mirabile ostendunt“ (ebd. LXIII). Ausführungen zu saftführenden Gefäßen, die von Fontana übernommen wurden stehen abseits davon (ebd. XXVI), die von Kircher übernommenen Beobachtungen konzentrierten sich hingegen ebenfalls auf die Oberfläche der Pflanzen (ebd. XV, XIX, XXII, XXV).

Aufgelistet wurden neben Farn noch verschiedene andere vermeintlich samenlose Pflanzen, die Borel in expliziter Übereinstimmung mit Cesi ebenfalls Tergifotae nannte (Borel 1656a).

Siehe Borel (1656a). Ein derartiger thematischer Zusammenhang findet sich in der Centuria eher selten, aber eben auch bei den o.g. Beobachtungen von „samenlosen“ Pflanzen.

Kircher schrieb hinsichtlich der Formen an Kirschen und Rizinusblättern: „Ricini folia per haec inspecta innumerabili stellatarum figurarum coacervatione contexta summa delectione intueberis. Corticem Cerasi per totum immensa arbusculorum copia depictum deprehendes. Verbo, singulas radices, folia, fructus, semina, ut specie distincta, ita diversis figuris constare reperies“ (Kircher 1646, 834). Dieser Abschnitt wurde von Borel zunächst in zwei Beobachtungen aufgeteilt (Borel 1656a). In einer anderen Beobachtung, die sich explizit mit Früchten beschäftigte hieß es dann jedoch ebenfalls: „sunt & quaedam mala renetia in quorum cortice depictae cernuntur stellae & Soles varii: sunt & cerasi in quorum cortice sunt cerasi arbores etiam depictae“ (ebd. XXXIX).

„In gemmis arborum & germinibus seminum plantarum cernes rudimenta, & si semen phaseoli vel amygdalae aquâ calidâ emollias & aperias, acuque optima germinis ejus anatomiam facias, plantae formam in eo reperies“ (Borel 1656a).

Power (1664, 46–50).

„The backside of the Leaf of English Mercury, called bonus Henricus, looks, as if rough-cast with silver, and all the ribs are stuck full of round white transparent Balls like innumerable Grapes , or Oake Apples, or a Bracelet of Crystal; and we could discover little foot-stalks in many of them, by which they were fastened to the ribs and fibers of the Leaf, which is a very pleasant spectacle“ (Power 1664, 50). S.a. die folgenden Beobachtungen zu den Oberflächen verschiedener Pflanzen insbesondere von Nelken, Nesseln und Gurkenkraut (ebd. 50–51).

„It is not my design at present, to examine the use and Mechanisme of these parts of Wood, that being more proper to another Enquiry“ (Hooke 1665, 102). Es folgen die Erklärungen zur Verkohlung und in einer weiteren Beobachtungen die zur Versteinerung (ebd. 102–106, 108–109). Zu den Fasern von Schwämmen und Muskeln siehe ebd. (137–139).

„Now, though, I have with great diligence endeavoured to find whether there may be any such thing in those Microscopical pores of Wood or Piths, as the Valves in the heart, veins, and other passages of Animals, that open and give passage to the contain’d fluid juice one way [...] yet I have not hitherto been able to say anything positive in it; though, me thinks, it seems very probable, that Nature has in these passages, as well as in those of Animal bodies, very many appropriated Instruments and contrivances, whereby to bring her designs and end to pass, which ’tis not improbable, but some diligent Observer, if help’d with better Microscopes may in time detect“ (Hooke 1665, 102).

„I have not yet made so full and satisfactory Observations as I desire on this Plant, which seems to be a Subject that will afford abbundance of information. But as farr as I have had opportunity to examine it, I have discovered with my Microscope very curious structures and contrivances; but designing much more accurate examinations and trials [...] but as farr as I have yet observ’d, I judge the motion of it to proceed from causes very differing from those by which Gut-strings, or Lute-strings, the beard of a wilde Oat and other kinds of Cranes-bill, move themselves“ (Hooke 1665, 120–121).

Hooke (1665, 140–147).

„Of these there are multitudes [...] For beside those that have various kinds of carv’d surfaces, there are other that have smooth and perfectly polish’d surfaces, others a downy hairy surface; some are cover’d onely with a skin, others with a kind of shell, others with both, as is observable also in greater seeds. Of these seeds I have onely described four sorts which may serve as a Specimen of what the inquisitive observers are likely to find among the rest. The first of these seeds [...] are those of Corn-Violets [...] cover’d with a tough thick and bright reflecting skin irregularly shrunk and pitted, insomuch that it is almost an impossibility to find two of them wrinkled alike, so great a variety may there be even in this little seed“ (Hooke 1665, 152–153). Passend hierzu wurden immer mehrere Samen einer Pflanzenart zusammen dargestellt (ebd. Schemes XVII–XX).

Hooke schrieb über Thymiansamen: „I found their make to be in nothing but bulk of differing from that of Peas, that is, to have a pretty thick coat, and all the rest an indifferent white pulp, which seemed very close; so that it seems Nature does not very much alter her method in the manner of inclosing and preserving the vital Principle in the seed, in these very small grains, from that of Beans, Peas &c. [...] We may perceive even in these small Grains, as well as in greater, how curious and carefull Nature is in preserving the seminal principle of Vegetable bodies, in what delicate, strong and most convenient Cabinets she lays them and cloeses them in a pulp for their safer protection from outward danger, and for the supply of convenient alimental juice, when the heat of the Sun begins to animate and move these little automatons or Engines [...]“ (Hooke 1665, 153–154). In der Beobachtung von Portulak-Samen wurde das Samen-Prinzip erneut erwähnt (ebd. 156), bei Kornveilchen nur der Brei beschrieben (ebd. 153).

„But that which makes it the most considerable of all, is, the medical virtues of it [...] And, methinks, Nature does seem to hint some very notable virtue or excellency in this Plant from the curiosity it has bestow’d upon it. First, in its flower, it is of the highest scarlet-Dye [...] Next it has as much curiosity shew’d also in the husk or case of the seed, as any one Plant I have met withall; and thirdly, the very seeds themselves, the Microscope discovers to be very curiously shap’d bodies; and lastly, Nature has taken such abundant care for the propagation of it, that one single seed grown into a Plant, is capable of bringing some hundred thousands of seeds. It were worthy some able man’s enquiry whether the intention of Nature, as to the secundary end of Animal and Vegetable substances might not be found out by some such characters and notable impressions as these, or from divers other circumstances, as the figure, colour, place, time of flourishing, springing and fading, duration, taste, smell &c.“ (Hooke 1665, 155).

„The first occasion of directing my Thoughts this way, was in the Year 1664, upon reading some, of the many and curious Inventions of Learned Men, in the Bodies of Animals“ (Grew 1682). – „For since the present Design will ingage us, to an accurate and multifarious Observation of Plants; we may hereby be enabled to range and sort them with more certainty, according to the Degrees of their Affinity. [...] Again it may frequently conduct our minds to the consideration of the State of Animals; as whether there are not divers material Agreements betwixt them both; and what those things are which are more essential to their distinguishment. And besides, not only to compare what is already known of both; but also, by what may be observed in the one, to suggest and facilitate the finding out of what may yet be unobserved in the other“ (Grew 1682). – „Having concluded the History of Perfect Plants; I intended to have subjoyned the Description of those which are Imperfect. As also of Parasitical, Marine, and Sensitive Plants. A[n]d lastly a view of the chief Particulars wherein the Mechanisme of a Plant, is different from that of an Animal. But these things I leave to some other Hand“ (Grew 1682). Auch die vorgesehene Untersuchung von Meerespflanzen und parasitären Gewächsen und sensitiven Pflanzen führte Grew nicht mehr durch.

„The Essential Constitutions of the said Parts are in all Plants the same: But for Observation, some are more convenient; in which I shall chiefly instance“ (Grew 1682, 1).

Vgl. die entsprechenden Äußerungen in beiden Schriften: „The general composition of all Fruits is one, that is, their Essential and truly Vital parts, are in all the same, and but the continuation of those which in the other Parts of a Plant, we have already observed. Yet because by the different Constitutions and Tinctures of these Parts, divers considerably different Fruits result; I shall therefore take a particular view of the more known and principal of them [...]“ (Grew 1682, 40). – „I shall conclude this Subject with Fruits [...] And First, I shall describe the Compounding Parts of some, more generally known“ (ebd. 179).

So heißt es in der Anatomy of Trunks: „The Third General Part of a Branch is the Pith. Which though it have a different name from the Parenchyma in the Barque, and the Insertions in the Wood; yet, as to its Substance, it is the very same with them both. Whereof there is a double evidence, sc. their Continuity, and the sameness of their Texture“ (Grew 1682, 119). Und im Anschluss daran: „I say therefore, [...] That as the Vessels of a Plant, sc. the Aer-Vessels and the Lymphaeducts are made up of Fibres [...] so the Pith of a Plant, or the Bladders whereof the Pith consists are likewise made of Fibres. Which is true also of the Parenchyma of the Barque. And also of the Insertions in the Wood. Yea, and of the Fruit, and all other Parenchymous Parts of a Plant. [...] Whence it follows, thet the whole Substance, or all the Parts of a Plant, so far as Organical, they also consist of Fibres“ (ebd. 120–121). Der Vergleich verschiedener Pflanzenteile miteinander war bereits als Projekt in der Idea erwähnt worden (ebd. 10). Man beachte außerdem, dass trotz der oben erläuterten Unterschiede im Vorgehen auch die Früchte in diese Abstraktion miteinbezogen wurden.

„Etenim, servente aetatis calore, Anatomica agressus, licèt circa pecularia fuerim sollicitus, in perfectibus tamen haec rimari sum ausus. Verùm, cùm haec propriis involuta tenebris obscura jaceant, simplicium analogismo egent; unde Insectorum indago illico arrisit; quae cùm & ipsa suas habeat difficultates, ad Plantarum perquisitionem animum postremò adjeci, ut diu hoc lustrato mundo, gressu retroacto, Vegetantis Naturae gradu, ad prima studia iter mihi aperirem. [...] Nec, Viri Doctissimi, exactam & generalem in universum plantarum notionem sub assignatis generibus, propriísque speciebus retexere, & singulorum partes recensere est animus, (monebat enim Theophrastus, Plantam rem variam esse, inque universum de ea referre difficile:) Sed notiones Vegetantium apud nos partes, anatomicâ resolutione detectas, historicè, prout licebit, exponam, & quasdam circa ipsarum Oeconomicum usum cogitationes addam“ (Malpighi 1687, 1.1, 2).

„Licèt perpetuam Natura non servet in compangendis Vegetantibus normam, quaedam tamen conveniunt, vel saltem analogismo parùm distare videntur; quare in Fructibus plures trunci, in Herbis ipsis multiplices caules, interdum unus, vel saltem vicarius, deprehenditur. In Vite igitur, rubo, vite alba, & similibus, parum absimilis observatur structura [...] Parùm dispar occurrit in apio rustico partium compages [...]“ (Malpighi 1687, 1.4–5).

Flores igitur non longè à gemmarum situ eminent prope folii pediolum [...] Anticipata ipsorum productio in moro, caepis, &c. delineabitur [...] Etenim in quibusdam simplicioribus primò surculi substantia, ubi semen conditur, in ovale corpus extenditur, cujus tamen caro, seu pericarpium, in prima productione non patet, sed sensim augetur [...] In aliis foliorum & staminum exortus infra ovale corpus, semen condens, observatur, ità ut flos seminis capsulam regat, ut in vite & simil[ibus]“ (Malpighi 1687, 1.7). Zu den Knospen und Blättern siehe ebd. (1.5–6).

„Subjectum seu contentum semen diversis capsulis seu involucris fovetur, quae uteri munus explent. In pluribus in fructum esui aptum excrescit, cujus partes exarabo, & primò pericarpii structuram, exordio sumpto à ficu, qui exterius cortice tectus reticulares fibrarum plexus unà cum contentis tracheis continet [...] In fragaria oppositus servatur situs, pericarpium enim interiora tenet, & semina exteriùs exhibet. In nuce, amygdalis, & similibus, pericarpii parum excrescit, quod adaucto semine contabescit [...] In pluribus leguminibus & herbaceis loco pericarpii siliqua extenditur [...]“ (Malpighi 1687, 1.8).

„Praeter Semina, alia insuper observantur, ab arboribus & quibusdam plantis pendentia, ut amentum, gallae, spongiola, & villosi tuberculi, quorum peculiarem instituam sermonem“ (Malpighi 1687, 1.10).

„Plantas reliquáque vegetantia consimilia, Naturam radicibus, quibus alimonia trahitur, & illa firmantur, donâsse, omnibus patet. Sunt autem radices in arboribus portio caudicis, qui divisus in ramulos, tandem in capillamente, solvitur; ità ut arbores nil aliud sint, quàm fistulae exiguae disparatae, & per solum productae, quae sensim in fasciculos colliguntur, qui & ipsi ulteriùs aliis insignioribus uniti, tandem omnes sub uno, utplurimùm, cylindro collecti, truncum efformant, qui oppositâ extremitate, factâ iterum fistularum separatione, brachia promit, & sensim subdivisis manipulis ex majoribus in minores, ultimo in folia extensione factâ, postremum sortitur terminum“ (Malpighi 1687, 1.11). In Übereinstimmung damit heißt es nur wenig später: „Reliquarum Plantarum non dispar structura manifestabitur, expositis primò leguminum praecipuè radicibus, utpote simplicioribus [...]“ (ebd. 1.12).

„Avulso lustratóque cortice, caudicis seu caulis corpus occurrit, quo arboribus & herbis firmitas conciliatur. [...] Simplicior igitur contextura in tenellis caulibus herbarum occurrit, & praecipuè in Portulaca majori [...]“ (Malpighi 1687, 1.24).

Malpighi (1687, 1.35–40).

Zu den Fruchtknoten siehe Malpighi (1687, 1.77–85), zu den verschiedenen Stadien der Samen ebd. (1.71–75, 87–91, 97–106) und hinsichtlich der Wirkung verschiedener Stoffe auf das Wachstum ebd. (1.106–109).

„Faecundos flores hucusque scrutati sumus: Naturae tamen mos est, velut animalibus quibusdam accidit, subventaneos & infoecundos edere. Et sicut in exaratis floribus, partes in gratiam inclusi uteri (foecundi tamen) circumlocantur; ita in quibusdam herbis & arboribus, justo divortio, florem longè ab utero non solum pendere voluit Natura, quasi subventaneum ovum, cùm nullum relinquat post semen; sed ulteriùs distinctâ plantarum specie, quasdam infoecundas reddidit, his tantum contentas floribus, reliquas verò utero ditavit. In mori pluribus individuis [...] flores omnes amentacei sunt [...]“ (Malpighi 1687, 1.66).

„Nec solis perfectis animalibus hoc ipsa [i.e. Natura] indixit, ut vicissim scilicet in mutuam sibi cadant alimoniam; sed insectis, immundísque animalculis, parato ipsis quasi optimo plantarum patrimonio, talem elargita est solertiam; ut non solùm ab ipsis quotidianum exigant victum; sed expositis propriis foetibus vicarios uteros, indéque altrices quasi mammas, plantas ipsas praebere cogant“ (Malpighi 1687, 1.112).

Malpighi (1687, 1.136–140).

Malpighi (1687, 1.145).

In der Idea waren diese Würfel als Teil der Struktur von Eiche erwähnt worden: „In quercu, alba populo, & castaneis, observantur multiplicia quaedam corpora, tesserarum instar, oblongioris tamen figurae, cum obtusis angulis, quorum moles pluribus sacculorum ordinibus horizontaliter locatis coagmentatur, & dum arctè lignis fibris haerent, ipsarum areas replent“ (Malpighi 1687, 1.2). In der Anatome findet sich dann nach einer ähnlichen Beschreibung (ebd. 1.21) folgende Interpretation: „unde in quibusdam vegetantium utriculis, praeter inutilem transpiratum, debitae succedunt praecipitationes, tartarea praecipuè marteriae, non dispati ritu, ac fit in elicitis quibusdam vegetantium succis, diu in naturam vini fermentatis, à quibus tartarea praecipitatae partes, circa continentis vasis superficiem subsidentes, concrescunt. Hujus itaque concretione continentium utriculorum ordines petrificantur, ut in quercus, populique cortice, tesserarum sub forma, admirati sumus“ (Malpighi 1687, 1.23). Zu ähnlichen Interpretationen in den Strukturen von Holz und Blüten siehe ebd. (1.20–34, 60–61).

Schon die Knospen wurden von Malpighi mit Foeten beziehungsweise Insektenlarven verglichen (Malpighi 1687, 1.39, 46, 55), während die Blätter ihm wie eine besonders fruchtbare Placenta erschienen (ebd. 1.48). Es folgte eine Gleichsetzung der Blüte mit dem Uterus (ebd. 1.59–60) während Kätzchenblüten mit unfruchtbaren Eiern verglichen wurden (ebd. 1.66–68). Schließlich aber sollten die Samenhüllen der Nachgeburt, die Samen-Pflanzen dem Foetus und der Fruchtknoten dem Uterus entsprechen (ebd. 1.71–75, 77, 87–88). Sobald das Wachstum eingepflanzter Samen untersucht wurde erschien hingegen eine Analogie zu ausgebrüteten Hühnereiern passender (ebd. 1.97), wahrscheinlich auch deswegen, weil Malpighi zwischen den beiden Teilen der Anatome plantarum auch Untersuchungen zur Zeugung an Hühnereiern durchgeführt hatte.

„Medullae usus olim insignis, cordi & cerebro analogus credebatur; transversales autem ordines, unâ cum medulla, conspicuo & communi usui inservire necesse est“ (Malpighi 1687, 1.30). – „Adhuc haereo, an Natura in ossium productione primò stamina, filamentorum speciem referentia, ducat, quae in rete implicita plana efforment, haecque tractu temporis solidiora reddantur, disperso ulteriori humore, qui & interstitia repleat, & ossea reddat? [...] Horum & similium indagine probabiliter suspicari possumus, fibris & transversalibus utriculorum ordinibus, quibus lignum contextitur, peculiarem affundi succum [...] cujus corporaturâ & concretione varia firmitas & durities ligno comparatur“ (ebd. 1.37). Zur Zirkulation siehe ebd. (1.29–31, 55).

„De Opperste Huijt van ons lichaem, die ongevoelich is, bestaet uijt ronde deeltgens off schibbetgens [...] en ik heb mijn selven ingebeelt, dat de continuele groijjnge vande opperste huijt aldus toegingh, als bij Exempel, men leijt op een wit pampier een seer klijn droppeltge gomwater, welck water in weijnich tijt sal wegh wasemen, ende sal de gom de superfitie behouden van het droppeltge [...] en diergelijcke manier van Wasdom, heb ick voordesen geseijt, dat inde planten mede plaets heeft alleen met dit onderscheijt, dat als de superfitie van een vochtich clootge, dat uijt de plant wort uijtgestoten, een weijnich stijff is geworden, dat dan uijt de bovenste vande superfitie de vochticheijt wert uijtgedreven, ende dat dil continuel. wert vervolght. Sodanige voortsettinge van Wasdom, inmagineer ick datmen eenichsints can sien, inde pit van het hout, inde kurck, int pit van vlier, alsmede int wit van een schrijffpen [...]“ — „The Cuticula or uppermost Skin of our Body consists of round parts or small scales [...] And I fancy that the continual growth of this Cuticula is made in this manner: If, for example, you let fall upon a white paper a little drop of Gum-water, the water will in a little while steam away, and the Gum will keep the surface of the drop [...] And the like manner of growing I have formerly said to have place in Plants; only with this difference, that, when the superficies of a moist Globul, which is driven out of the Plant, is become somewhat stiff, the moisture is then propelled out of the upper end of the plant, and that by continual succession. Which kind of progress of growing I apprehend may in some manner to be seen in the Pith of Wood, in Cork, in the Pith of the Elder, as also in the White of a Quill [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.112–115). S.a. die vorigen Bemerkungen zum Wachstum von Pflanzen (ebd. 1.50–53).

„in het ribbetge van het bladt siende jmagineerde ick mij, dat niet alleen inde stam, ofte tacken, van den boom, een circulatie was, maer dat nootsaeckelijck, de circulatie in het bladt mede moste sijn [...] Wij connen inde afdrucksels, vande geseijde bladeren seer klaer, met het bloote oogh sien, hoe dat meest doorgaens, de cleijne ribbetgens, aen en in malcanderen responderen, als oock mede de heel kleijne ribbetgens, die niet te kennen sijn, als door en microscope, welcke vereenige vande geseijde ribbetgens, onnodich soude wesen, soo daer geen circulatie en was. en alhoewel eenige medicijns alsnoch halstarrich ontkennen de circulatie van het bloet, om datmen het haer niet ooghschijnl. en kan bewijsen. Ick kan mede niet naerlaten, hoe wel het bij eenige belachelijck sal sijn, de ribbetgens in een bladt, eensdeels bij de aderen in ons lichaem te vergelijcken, Ick stel dan de groote ribben, in het bladt, bij de groote aderen die in ons lichaem sijn, ende de kleijne ribbetgens, vergelijck ick bij de kleijne aderen, die uijt de groote aderen haer begin hebben, ende die eijntelijck in soo kleijne tacxjens verdeelt worden, dat wij die naeuwlijcx met ons oogh, connen bekennen, ende de alderkleijnste ribbetgens, die in het bladt sijn, ende die niet te kennen en sijn, als door een microscope, die stel ick bij de seer kleijne aderkens, die inde seer dunne vliesjens sijn, waer in dat de striemtgens vlees, als in geweven leggen, van dese vliesjens heb ickr veele soo dun van het vlees genomen, dat deselve naeuwl. met het oogh waren te kennen, ende deselvige vliesjens voor mijn microscope brengende, heb ick soo veel aderkens, inde selvige ontdect, als off wij met ons oogh, een gedeelte van een Omentum van een beest aenschoude, ende daer in remarqueerde de striemen ende aderen [...]“ — „Seeing those two kinds of pores I came to believe that there is not only a circulation in the trunk and branches, which I put before my microscope and caused to be drawn, but that in the leaves also a circulation must take place. [...] In the impressions we can see very clearly with the naked eye how the small ribs of the leaves are intertwined and also the very small ribs that are only visible through a microscope. This interlacing of ribs would be unnecessary if there were no circulation, albeit some physicians deny obstinately the circulation of the blood because it cannot be proved visibly. I cannot obmit comparing the ribs of a leaf with the veins or our body, though perhaps it may appear ridiculous to some people. The small ribs I compare with the small veins that spring from the larger veins and that are divided into branches so small, that we can hardly see them with the eye, and the smallest ribs of the leaves that can only be seen through a microscope can be compared with the very small veins that are in very subtle membranes in which the flesh appears as if it had been woven. I have taken membranes from the flesh so thin as to be hardly visible to the eye and putting these membranes under my microscope I discovered as many veins in the same as if we looked with the naked eye at a part of the omentum of a cow and saw therein the veins and straps“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.286–289). Für frühere, weniger explizite Bemerkungen siehe ebd. (1.272–275).

„Vorders heb ik in gedagten genomen, of de bloet-vaaten, die inde geseijde wieken sijn, niet en bestonden uijt arterien en venae. Dog ik heb niet konnen sien, datter meer dan eenderleij vaaten, door de wieken liepen [...] Wijders stelde ik vast, datter geen circulatie van het bloet inde wieken was, en dat dese bloet-vaaten, dat sekerlijk Arterien waren, alleen waren gemaakt, om de wiek met alle desselfs menigvuldige veeren, tot de volmaaktheijt te brengen, en vorders, om et bloet seer langsaam door de vaaten te voeren, om alsoo na de volmaaktheijt vande wiek, deselve een weijnig voetsel toe te senden. [...] Ik kan niet na laten hier bij te voegen, dat ik voor desen verscheijde devoiren hebbe aan gewent, om tweederleij soort van vaaten, inde bladeren vande boomen, als andere bladeren, te ontdekken, om daar door na te spueren, of er een circulatie inde bladeren was, dog ik hebbe niet dan eene soort van vaaten, die het sap toe voeren, konnen sien. [...] In somma dan, de Wieken vande hier vooren verhaalde vliegende schepsels, nog de bladeren en vrugten vande boomen, en hebben geen circulatie van sappen noodig.“ — „I then considered whether the blood-vessels in the said wings did not consist of arteries and veins. But I could not see that there were vessels of more than one kind running through the wings [...] I further assumed it to be certain that there was no circulation of the blood in the wings and that these blood-vessels, which were undoubtedly Arteries, were solely intended to develop the wing with all its numerous feathers to its perfection, and further to conduct the blood very slowly through the vessels, so as to supply some nourishment to the wing when it was fully developed. [...] To sum up, neither the Wings of the aforesaid flying creatures nor the leaves and fruits of trees require any circulation of saps“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 9.62–65).

Nachdem er seine neuen Beobachtungen explizit mit seinen Untersuchungen an Rinderaugen in Verbindung gesetzt hatte (Leeuwenhoek 1939–1999, 9.80–91) schrieb Leeuwenhoek zur Funktion der Gefäße: „Ik hebbe veel maal mijn gedagten laten gaan, op de horisontale Hout-pijpjens (die ik voor desen vaaten hebbe genoemt) namentlijk, op wat wijse die mogten groot gemaakt werden, en [...] hoe die van een continuele voetsame stoffe mogten versien werden [...] Hoe veel observatien ik tot dit ondersoek te weeg hadde gebragt, soo en hebbe ik mijn selven niet konnen voldoen, als nu in mijn laaste observatien, wanneer ik quam te sien, dat die seer kleijne stipjens of punctagtige deelen, die ik op veel plaatsen inde op gaande Hout-pijpjens hadde ontdekt, ende die ik voor globule hadde aan gesien, inder daat geen stipjens, maar dat het waarlijk kleijne ronde openingen waren. [...] Dit siende stelde ik vast, dat dit de kleijne openingen waren, waar door niet alleen, de horisontale Hout-pijpjens aan de op gaande Hout-pijpjens, mogten sijn vereenigt, maar ik heb ook in gedagten genomen, of de op gaande Hout-pijpjens niet veele wel lugt vaaten mogten sijn, ende dat dese op gaande Hout-pijpjens te gelijk lugt en voetsame stoffe, aan de Horisontale Hout-pijpjens, soo danig souden verschaffen [...]“ — „I have frequently thought about the horizontal Wood-pipes (which I previously called vessels), namely, in what way they may have grown; and [...] how they could be supplied continually with a nutritive substance [...] However many observations I made for this investigation, I was unable to satisfy myself, except in my latest observations, when I saw that those very small dots or point-like particles which I had discovered in many places in the vertical Wood-pipes and which I had taken to be globules in actual fact were not dots, but in reality were small round holes. [...] on seeing this, I concluded not only that these were the small holes through which the horizontal Wood-pipes may be connected with the vertical Wood-pipes, but I also considered whether many of the vertical Wood-pipes may not be air-vessels, and these vertical Wood-pipes may not supply at the same time air and nutritive substance to the Horizontal Wood-pipes [...]“ (ebd. 9.90–93). Im gleichen Brief heißt es später: „Na dat ik dan alles wat ik dagt dat voor mij inde Bies was te beschouwen, hadde door sogt, heb ik vast gestelt, datter nog in verscheijde soort van Hout, vaaten waren, die bij mij niet en sijn ontdekt, en dat [...] alle op gaande vaaten, bij mij tot nog toe in 't Hout ontdekt, de meeste vande selvige geen Bloet-vaaten, ofte arterien of anders vaaten, die de stoffe toevoeren, maar alleen lugt-vaaten sijn.“ — „After I had examined everything that I thought there was for me to observe in the Rush, I assumed that there were also vessels in several species of Wood which I have not yet discovered, and that [...] most of the vertical vessels so far discovered by me in Wood are not Blood-vessels or arteries, or to put it differently, vessels supplying the substances, but merely air-vessels“ (ebd. 9.106–107).

Holz und Rinde wurden zumeist im Zusammenhang miteinander untersucht (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.4–13, 28–33; 3.150–181, 184; 6.30–33, 122). Die Wurzeln wurden hingegen wiederum kaum beachtet: Nach einigen kurzen Bemerkungen im August 1673 beschäftigte sich Leeuwenhoek erst im September 1687 noch einmal mit ihnen, als er die Eier von Schnecken untersuchte (ebd. 1.52; 12.182, 188–193).

Zu den Baustoffen siehe Leeuwenhoek (1939–1999, 1.46–53; 6.146–157), zu Muskatholz ebd. (10.212–223) und zu Zimt ebd. (2.14–19, 28, 34; 15.334).

Leeuwenhoek untersuchte Moxa 1677 und 1684: Die ersten Beobachtungen konzentrierten sich auf einen Vergleich mit Baumwolle und anderen ähnlichen Stoffen (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.229–233), spätere Beobachtungen bezogen den Tophus, der sich an den Gelenken von Gichtkranken bildet mit ein (ebd. 4.280–287; s.a. die weiteren Beobachtungen derartiger Tophi ebd. 3.86–97, 114–123, 142; 7.258–269; 8.214–223).

Im Februar 1675 schrieb Leeuwenhoek an Oldenburg: „De peper bij mij geobserveert, heb ick bevonden te bestaen uijt seer kleijne globule, die in cleijnheijt de globule van eenige saden, bij mij tot dees tijt besichticht, schenen te overtreffen, ick heb goet gedacht, een weijnich peper in regenwater te leggen [...] Ick heb een weijnich peper, door het vuijer ten deele laten wegh roocken, ende dese roock vangende en observerende, heb ick gesien, dat deselvige bestont uijt globule-achtige deeltgens, even als off wij ons inbeelden een druppel water, ende dat deselvige druppel water een ingeboge ront puttge boven op het opperste van het water hadde [...]“ — „I observed pepper and found it to consist of very small globules , much smaller than the globules of any seed that I have observed. I put some pepper in rainwater [...] I caused some pepper to evaporate in the fire and gathering this smoke I found it to consist of globule-like particles as if a drop of water had a little depression in its top [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.264–265). Für frühere Beobachtungen siehe ebd. (1.193). Während bei einer Untersuchung von Manna die Samen ebenfalls erwärmt wurden (ebd. 1.314), verlegte sich Leeuwenhoek nach den Beobachtungen an Zimtrinde wieder darauf, den zu untersuchenden Stoff in Wasser einzuweichen, da ihn die beobachteten Formen an Salz erinnerten (ebd. 2.14–19). Im Oktober 1676 weitete er die Beobachtungen auf die erwähnten anderen Gewürze, Weizen und Nüsse aus (ebd. 2.90, 134–143, 142, 145, 150–153), und entdeckte dabei im Wasser eine Vielzahl von Animalcula. Siehe hierzu unten S. 108114.

„Gelijk ick hier vooren verhaelt heb, hoe dat veele aderkens bij den anderen leggen, en haer vertoonen als off het een ader was, dit is mij niet alleen voort gecomen int Ruggemergh en soo nu en dan wel inde schorsachtige deelen vande Hersenen, Maer selffs oock inde Vruchten en Saaden, en voornamentl. inde aderen die inde Karstanje leggen, Alsmede inde harde bast, en in het dun schilletge, dat om den amandel leijt, jnde tweede bast vande swarte peper, jnde harde bast vande Haesnooten, in het sacht schilletge, dat van binnen, tegen de harde bast, vande Haesnoot leijt. ende in het sachte basje, dat de Pit vande selve noot omvanght, alwaer ick wel 15. à. 20. seer dunne vaatgens bij den anderen heb sien leggen. Ende noch in het schilletge, dat om de pit vande Walnoot leijt.“ — „I have already mentioned that many small veins lie close together and seem to be only one vein. I have observed this not only in the spinal marrow and occasionally in the cortical parts of the brain, but even in fruits and seeds, principally in veins in chestnuts; also in the hard shell and in the thin skin enclosing an almond, in the second rind of black pepper, in the hard shell of hazelnuts, in the soft skin lining the hard husk, and in the soft rind enveloping the kernel. In these I observed as many as 15 or 20 very thin vessels lying close together. Also in the skin enveloping the kernel of a walnut“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.226–227). Zu den vermeintlichen Gefäßen im menschlichen Samen s.u. S. 111114.

Siehe die Beobachtungen an Apfelkernen und Bohnen (Leeuwenhoek 1939–1999, 5.208–211) unter Berücksichtigung der im gleichen Brief erläuterten Untersuchungen der Gebärmütter von Hunden, Schafen, Hasen und Rindern. Es folgten umfangreiche Beobachtungen einer Vielzahl verschiedener Pflanzensamen (ebd. 5.216–269, 281–311; 6.4–13, 70–81, 90–101, 226–237, 252–307; 7.372–387).

„[...] so sullen wij daar benevens haast konnen begrijpen, dat de voorsigtige Natuijr in alle hare Werckingen, en voornamentlijk ontrent de voorttelingen op gelijke manier te werke gaat: want alle Zaaden van boomen en planten, en moeten niet alleen in haar hebben het begin vande plant; maar de Zaaden moeten daarenboven met een witte stoffe versien sijn [...] om dat deel van het Zaad, dat tot een boom of plant sal worden [...] te voeden [...]“ — „[...] then we shall perhaps also understand that provident Nature, in all her workings, and especially with respect to production, proceeds in one and the same manner. For, all seeds of trees and plants must have inside them not only the beginning of the plant; but the seeds must, in addition, be provided with a white substance [...] to nourish that part of the seed which will become a tree or a plant [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 5.230–233). S.a. die anschließenden Bemerkungen zur Sexualität von Bäumen und die Vergleiche mit der tierischen Fortpflanzung (ebd. 5.232–239, 246–255) sowie die widersprüchlichen Aussagen zur Fortpflanzung über Ableger (ebd. 5.302–305; 11.323).

„[...] en ik en twijffel niet bij aldien ik de Zaeden van bloemen ondersogt, of ik soude onder deselve veele Zaeden vinden, die niet anders in haer besloten soude hebben als de jonge planten, waer van ik al verscheijde preuven tsedert enige maenden hebbe genomen [...] en ik ben nu soo verre gecomen, dat het mij weijnig gemist heft, of ick hebbe alleen met het beschouwen vande buijten schors vande Zaeden connen Oordelen, off de Zaeden, alleen in haer besloten hadden, de jonge plant, dan of de jonge plant in een meelagtige stoffe lag.“ — „[...] I do not doubt that, if I should examine the Seeds of flowers, I should find among them many Seeds that would have nothing else inclosed within them but the young plants; of this I have already taken many proofs since a few months ago [...] and I have now come so far that I have seldom failed to be able to make a Judgement, from merely observing the outermost coat of the Seeds, whether the Seeds had inclosed within them only the young plant, or whether the young plant lay in a flour-like substance“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 6.306–307). Zur Funktion dieses Stoffes und seiner Abwesenheit in einigen Samen s.a. ebd. (6.224–229, 238–241).

Leeuwenhoek (1939–1999, 14.218–241) erwähnte 1703 explizit häufigere Beobachtungen an Samen von Zitrusfrüchten, das Phänomen der Polyembryonie hatte er jedoch schon 1687 bei Kaffee und Hafer festgestellt, ohne dass dies umfangreichere Studien nach sich gezogen zu haben scheint (ebd. 6.226, 272).

Muskatsamen waren bereits 1685 aufgrund ihrer fehlenden Reife erfolglos untersucht worden (Leeuwenhoek 1939–1999, 5.301), bevor Leeuwenhoek 1695 durch Kontakt zur Ostindien-Kompanie geeignetere Samen erhielt (ebd. 10.194, 210–213). Wie schon zuvor bei Kastanien stellte er dabei fest, dass der Keimling durch einen Strang von Gefäßen mit der Pflanze verbunden war (ebd. 6.74; 11.246–251). Dennoch schien ihm dies später wieder entfallen zu sein, denn 1703 erwähnte er, dass er dies erst unlängst beobachtet hätte (ebd. 14.242). Die von ihm untersuchten Mispelsteine erschienen ihm 1687 und 1692 durch unbekannte Ursachen deformiert (6.224–231; 9.122–129).

„Après cela il nous a faict voir une pulce qu'il a tuée pour la faire demeurer quoy et l'a mise sur un morceau de papier de cotton [...] Un des ces petits artisons ou mittes qui estoit demueré soubs le papier est repassé dessus, et s'en est allé grimper sur le dos de cette pulce, où il sembloit une mouche courante sur une escrevisse“ (Humbert 1951, 156–157). Einige Milben waren gewöhnlich auf Käse zu beobachten (ebd. 156), andere hatten ihren Namen von ihrer Anwesenheit auf bestimmten Steinen (ebd. 158), für Läuse wurde erwähnt, dass sie sich an Haaren festhalten können und zuweilen in der Wäsche zu finden seien (ebd. 157–158).

„Le pulce estoit semblable en forme, figure et grandeur à ces petits animaulx maritimes que nous appelons de la civade, et icy des chevrettes qui est une espèce des squilles, à sa̧voir comme des petits escrevisses de rivière en ce qui est de la forme, mais de la longeur d'un poulce ou environ. Sur le devant elle avoit sa teste ou museau comme les grillets avec les ieux en dehors des cornes et filaments et deux grosses pattes forchües comme les forcipes des escrevisses et composées de bras crustacés enchassés les uns dans les autres comme ceux des escrevisses et grillets, leurs autres jambes sont barbillonnées comme les autres moindres jambes des escrevisses“ (Humbert 1951, 157). Siehe auch die Beschreibung der Laus mit Bezügen auf Milben, Schildkröten, Wespen, Krebse, Spinnen, Muscheln und Meeresschildkröten (ebd. 157) sowie den Vergleich der Beine einer Wein-Mücke mit denen des Flusskrebses (ebd. 158).

Milben wurden hinsichtlich der Form ihres ganzen Körpers zunächst mit Grillen verglichen (Humbert 1951, 156) und später wiederum mittels Vergleichen aber auch Abgrenzungen beschrieben: „J'y ait faict mettre un ciron que j'ay trouvé beaucoup plus gros que les mittes mais de fort différente forme car il est quasi justement comme les petits animaux gris qui sont soubs les pierres nommés en provence des pourquets Notre Dame, et les Latins pedunculus saxatilis et paroissoit de pareille grosseur mais blanc comme un grain de sel et un peu transparant, il estoit quasi en figure d'ovalle sans guiéres de différance de la teste à la queüe, non plus que ces animaux saxatiles si ce n'est qu'au droict de la teste, il y a un petit grain aigu accompagné de quattre jambes fort courtes mais grossettes. Ils estoient garnis de quattre autres jambes petits, pour les costés, mais fort longues et fort desliées lesquelles ils traisnoient comme si c'estoient des queües et semble qu'il en ayt encor deux autres tout au derrieére qu'ils traisnent pareillement et qui sont quasi imperceptible lesquelles ils appuient en derrière pour salter en avant. Les dos estoit façonné comme les dos d'une tortüe ou d'un scarabeux et arrondy en deux bosses, gromeleuses. Les dessoubs estoit façonné et canellé comme les dessoubs d'un cancre marin ou favouille [...]“ (ebd. 158).

„Quid de oris, labiorum, ipsarumq[ue] LINGUARUM multiplicibus ad Mellificium instrumentis? [...] Apum LABORES cognoscere vis? ipsum CORPVSCVLVM spectato. Omni ex parte utile co[n]sidera, imo ipsius Utilitatis instrumentum. Nihil in eo est, quod reiectitiis voluptatibus addici debeat: ut operetur vivit [...]“ (Galluzi, Paolo und Luigi Guierrini 2006).

Bezüglich des Honigsammelns schrieb Stelluti: „Immediatamente sotto il rostro vi è lingua assai lingua [...] Questa si vede esser caua dentro, hauendo osseruato più volte che l' Ape la distende, e mette nelle cauità de' fiori per trarne il mele [...]“ (Stelluti 1630, 51). Die Beschreibung des Kornkäfers begann allerdings direkt mit einem Verweis auf dessen bevorzugtes Revier: „Curculio. E vn picciolo animaletto che rode il frumento detto quasi gurgulio per la gola lunga, ch'egli ha [...]“ (ebd. 126). Nach einigen Zitaten aus antiken Klassikern (s.o. S. 36, Fn.) beginnt dann die eigentliche Beschreibung mit den Mundwerkzeugen des Kornkäfers.

„Quis apum ASPECTVS? Taurina facies: Leonina iuba: aurea vestis. Apem coluerunt Aegyptii et Propatore[m] Apum, Apim: cuius Microscopii beneficio, quam referunt toto capite speciem, vide. [...] Tauro autem sponte progenitae sunt [...]“ (Galluzi, Paolo und Luigi Guierrini 2006). Die Ähnlichkeiten zu Löwe und Sonne wurden interessanterweise nicht weiter ausgeführt. Zur Zeugung von Bienen aus Rindern beziehungsweise Honig siehe Woolfson (2009, 1–2, 295–298) und Freedberg (2002, 165, 174–178).

Stelluti (1630, 53, 126); Pighetti (1961, 322–323, 325–327).

„Non dicam hic de mira corporum minutissimorum animaliumque constitutione, & fabrica, ut sunt Acari, Lentes, Cyni, aliique tam volatilium, quam reptilium insectorum vermiculi. Invenies naturam in minimis etiam exhibuisse Leones, Tauros, Equos, Canes, Feles, Asinos, Aquilas, anseres, aquatilium omnis generis. Quid pulex aliud nobis, nisi locustam sine ala refert? quid acarus, nisi ursum pilosum? & sic de reliquis“ (Kircher 1646, 834).

„Quaeritur hoc loco, unde Bombylius sive Bombyx pretiosi serici filator originem suam trahat? [...] Dixi ex moro nasci, quia si tum corticis tum foliorum mori texturam smicroscopium observes, naturam eam ita textuisse reperies, ut sericum flavum fibris suis proxime aemuletur“ (Kircher 1665, 2.360a). Diese Ansicht dürfte jedoch von den meisten Zeitgenossen eher nicht geteilt worden sein; siehe die Bemerkungen zur Zeugung des Seidenspinners bei Moffett (1634, 179) und die Beobachtungen Malpighis (s.u. S. 8990).

„Kirckerus ejus formam ad locustae sine aliis refert, alii ad cicadae; sed cancrum, ut dixi, potiùs, seu squillam imitatur, & cauda sua squammosa dolorem hominibus infert [...]“ (Borel 1656a); vgl. das Zitat von Kircher oben (S. 85, Fn. 85), s.a. Fontana (1646, 149–150).

Borel (1656a).

Borel (1656a). Der Vergleich mit den Katzenkrallen wurde von Fontana übernommen, ebenso der Vergleich mit dem Mund eines Hasen in der Beobachtung eines unbekannten Insektes (Borel (1656a) bzw. Fontana (1646, 149–150)).

Siehe Borel (1656a).

Siehe die Beobachtungen von Käsemilben (Borel 1656a), einem Falter, dessen Flügel Farnkraut ähneln sollten (ebd. LVI) und einem Insekt aus einer Lilienblüte (ebd. LXIX). Man beachte jedoch auch die Beschreibung einer spontanen Zeugung von Fliegen im Wasser im Korollar nach den Beobachtungen.

„Insectula viridia in foliis Sycomorri, vel Pseudoplatani, aceris specie sunt [...] per 24. horas vixit unum eorum [...] Credo fuisse Locustae rudimentum, ut reperiuntur in majali sputo coeli, in pratis, herbis adhaerente, & ideo oculos magnos habuit, quia erat animal adhuc recens natum: omnia enim animalia recens nata oculos habent magnos“ (Borel 1656a).

Besonders eindrücklich dürfte in diesem Zusammenhang die Entnahme von Eiern aus einem Floh gewesen sein: „[...] & si pulicem praegnantem exerentes, videbis ejus exta, intestina, ovaque [...]“ (Borel 1656a). Für weitere Beobachtungen von Insekteneiern siehe ebd. (X, XX, XXXIV, LVIII). Über die Küchenschaben schrieb Borel: „Clausiporcae feminae sub ventrea quasi è mammis pendentes, 12. circiter, minutulos faetus, secum ambulantes deferunt, in quibus tamen etiam oculi optimè distinguuntur“ (Borel 1656a).

Borel (1656a). Vgl. auch ebd. (XXI) und eine ähnliche Bemerkung bei Peiresc (Humbert 1951, 156). Siehe hierzu auch oben S. 35, Fn.

Power (1664, 2, 8, 12).

Es finden sich erneut vor allem Vergleiche mit Meerestieren, hinsichtlich der Flügel aber auch mit Vögeln (Power 1664, 1, 7, 19–21). Vergleiche mit anderen Insekten finden sich ausschließlich in den Beobachtungen von Läusen und Milben, hingen also scheinbar mit ihrer Größe zusammen (ebd. 9, 16–20).

Power (1664, 15, 32).

Man beachte die unaufgelösten Widersprüche in Powers Überlegungen: „Now, what this spumeous matter is, and into what animal this Insect is at last shaped or transpeciated, are Doubts that as yet have found no clear and experimental Decision. That the Spattle is a froathy kind of dew that falls from the Air, I doubt not [...] Secondly, That it is the sole exudation and secrement of Plants, I cannot believe [...] How should an excrement of so many several Plants, still bred one and the same Animal, when as we see that all Vegetables whatsoever produce their several Insects (as Muffet in his 19. and 20. Chapters has particularly enumerated.) I shall not deny but the Effluvium’s that continually perspire out of all Plants whatsoever, may advantage and promote the nutrition of the little Insect that breeds therein“ (Power 1664, 29–28). Bereits die beiden vorangestellten Beobachtungen legen einen Zusammenhang zwischen Pflanzen und Insektenzeugung nahe (ebd. 26–27).

„[...] both Fleas and Lice may have other Lice that feed upon them, as they do upon us [...] there can be no doubt that, but they have also a continual perspiration and exudation through the habit of their body: Of which excrement of the third and last Concoction, all these Vermin that pester the outside of Animals, are generated“ (Power 1664, 20). Ob es sich beim letzten Satz um eine Einschränkung handelt, oder ob eine derartige Zeugung auch für diejenigen Milben gilt, die in den vorigen Beobachtungen beschrieben wurden (ebd. 16–19) ist unklar.

Dies betraf den Bienenstachel, der mit Katzenkrallen und Schlangenzähnen verglichen wurde, die „Federn“ auf Insekten- und Vogelflügeln sowie Entsprechungen im Aufbau der Gliedmaßen verschiedener, zumeist kleinerer Insekten mit denen von Krabben (Hooke 1665, 163–164, 169–171, 172–174, 185, 194, 195–197, 199–200, 207–208, 213–214).

„This little creature [...] was a small scaled or cristed Animal, which I have often observ’d to be generated in Rain-water; I have also observ’d it both in Pond and River-water. It is suppos’d by some, to deduce its first original form from the putrifaction of Rain-water [...]“ (Hooke 1665, 185). Siehe auch ebd. (142, 215–216, 189–192).

Ausgehend von auf Planzenblättern abgelegten Insekteneiern schrieb Hooke: „Now the manner of their production, I suppose to be thus; that the Alwise Creator has as well implanted in every creature a faculty of knowing what place is convenient for the hatching, nutrition, and preservation of their Eggs and of-springs, whereby they are stimulated and directed to convenient places, which become, as ’twere the wombs that perform those offices: As he has also suited and adapted a property to those places wherby they grow and inclose those seeds, and having inclosed them, provide a convenient nourishment for them, but as soon as they have done the office of a womb, they die and wither“ (Hooke 1665, 189). Siehe auch ebd. (206–207, 214, 216).

Vgl. hierzu neben den o.g. Passagen auch die nicht mikroskopischen Beobachtungen bei Moffett (1634, 179).

„Ab Ovo, communi viventium principio, originem ducit. Hoc per annum conservatum, incalescentis in vere Aëris tempore, vel triduo foeminarum sinu fotum, Bombycem promit. Dum incubatur ova, Caerulea ex Violaceis, mox Sulphurea redduntur, & tandem Cinerea; quae successiva Colorum varietas à genito revolutòque intus verme, per corticem, veluti per diaphanum Cornu, erumpente, producitur. [...] Statim ac luce fruitur Bombyx, tenella Mori folia voraciter edit [...] Indies autem auctus sensim novum induit colorem [...] Continuata igitur Bombycis nutritione, Cranii color saturatior redditur, ut coracinus iterum reddatur“ (De bombyce (1668: Malpighi 1687, 2.8, 9)). Zur Ernährung siehe weiter ebd. (2.27–28).

Diese Perspektive wird deutlich durch Malpighis Kommentar bezüglich der Ruhephasen, auch wenn er letztlich einen direkten Zusammenhang mit der Metamorphose verneint: „Quis tamen tam laboriosam Metamorphosin, renovato capite, dentibus, corio, pilis, & fortè quibusdam musculis, Somnum appellet? [...] probabiliter reor, Bombyces singulae suae vitae diebus somni & vigiliae vicissitudine gaudent; etenim utplurimùm cibo, diverberato diu ad latera capite, deinde ad superiora erecto, immobiliter haerent per horam & alteram, & interdum dejecto capite cubant, quod bis in die repetitum vidi [...]“ (De bombyce (1668: Malpighi 1687, 2.10–11)). Zu Seide und Kokon siehe ebd. (2.11, 24–25, 29), zu Koitus und Eiablage ebd. (2.44–45).

S.u. S. 97100.

„[...] ità ut exacto hoc insectorum vectigali, privata plantarum oeconomia invertatur, vitiatísque alimenti viis, & corrupto ipsarum succo, nova partium configuratio succedat: morbosis frequenter subcrescentibus tumoribus, quos Gallarum nominibus exponemus“ (Anatomes plantarum pars altera (1679: Malpighi 1687, 1.112)). Später heißt es einleitend zur Behandlung weiterer Schwellungen von Pflanzen: „Hucusque Gallarum tumores, in multiplicibus plantarum partibus Muscarum, & consimilium Insectorum contagio erumpentes, lustravimus. Quoniam tamen alimentum non perpetuò debitos excurrit tubulos; sed interdum aberrando, in Tumores figitur, vel in monstruosas excrescit formas; ideo circa has aliquantulùm immorabimur“ (ebd. 1.133, s.a. 1.135, 141).

„Ex hucusque instituta indagine patet, exaratos quarundam plantarum tumores, reliquásque syderatas partes, Muscas & diversa Insectorum genera fovere, & alere, donec emancipata via sibi faciant. Plura enim Insecta sua edunt ova, omni ferè auctivo succo destituta; quorum aliqua cortice privantur; ità ut mollis primaeva partium compages occurrat, sub specie quasi vermis. Ut igitur inclusum animal debitam acquirat partium manifestationem & soliditatem; uterum, vel saltem ipsius vicariam opem exigit, quam in platis sagax Insectorum natura perquirit: Quare ex diversa ovorum, contentorúmque animalium indigentia à Parentibus Muscis variè diversis plantarum partibus ova committuntur, vel deponuntur; quae enim robusto cortice muniuntur, & alimoniam unà cum animali claudunt [...]“ (Anatomes plantarum pars altera (1679: Malpighi 1687, 1.130)). Zu den verschiedenen Legeapparaten siehe ebd. (1.128–131).

Swammerdam (1669, 71–72).

„dat de verrotting in de Kaas eygentlyk door de Wurmen selfs aldaar veroorsaakt wort, want sy brieselen die in veele stukskens, sy loofen daar in haare vuyligheden, en sy bevuylen die met haar kwyl. So dat het minste beginstel van verrotting, 't geen in de Kaas is, daar desse Wurmen in komen, datelyk tot een grooter verrotting door haar wort. [...] Ook heb ik gesien, dat de verrotting in de Kaas seer vermeerdert, als eenige van deese Wurmen daar in komen te sterven, dat dikmaals gebeurt, en het gebeurt altyd, indien sy daar niet buyten kunnen kruypen om in Poppen verandert te worden. Want als dan sterven sy nottsakelyk, ten sy dat se daar droog leggen, en verhart kunnen worden“ — „quae in Caseo observatur putredo, revera per ipsos Vermes ibi producatur: comminuunt enim hi Caseum in exiguas particulas, foeces suas in eum deponunt, saliva insuper sua inquinamentum augent; ut hinc, si vel minimum putredinis initium in Caseo, Vermibus hisce infestato, detur, necessario major mox putrefactio excitetur. [...] Observavi etiam, Casei putredinem plurimum augeri, si quando horumce Vermium nonnulli in eo moriantur: quod quidem saepius contingit, semperque contingat necesse est, cum Vermes isti, quo tempore in Nymphas abituri sunt, humidas Casei partes deserere nequeunt: nisi etiam tum succo loco decumbant, atque indurari possint, certissima eos mors manet“ (Swammerdam 1737–1738, 2.708). Man beachte auch die folgenden Vergleiche zu angeblich im Körper erzeugten Parasiten und aus Pflanzengallen schlüpfenden Insekten (ebd. 2.708–710) sowie spätere Ausführungen, welche die Regelmäßigkeit der Zeugung derartiger Insekten betonten (z.B. ebd. 2.735–737).

Leeuwenhoek (1939–1999, 1.32–35).

Siehe die vergleichenden Beobachtungen von Schnaken, die scheinbar auf Bitte eines Bauern auf seinem Feld gesammelt wurden (Leeuwenhoek 1939–1999, 9.271–291), Schlupfwespen (ebd. 13.212–223), verschiedenen Ameisen (ebd. 7.66–77; 12.288) sowie von „Federn“ und Blutgefäßen verschiedener Falter (ebd. 2.404–407; 9.56–61).

Leeuwenhoek (1939–1999, 2.244–253). Die Beobachtungen enthielten auch eine direkte Kritik an Swammerdams Äußerungen bezüglich der Metamorphose des Flohs, für einen vergleichenden Überblick der verschiedenen Beobachtungen beider Forscher siehe Bronswijk (1982). Ferner wurde ein Vergleich mit den Larven des Seidenspinners angestellt.

Für die Beobachtungen von Insekten aus Pflanzengallen, Blüten und Nüssen siehe Leeuwenhoek (1939–1999, 6.48–61, 64–67, 66–71; 10.182–189, 234–243; 13.247), bez. der Weinstöcke ebd. (3.230–233) und zum Befall der städtischen Vegetation ebd. (5.352; 6.332; 13.201). Hinsichtlich expliziter Äußerungen über das diesbezügliche Urteilsvermögen der Insekten siehe ebd. (7.113–115; 10.186, 238, 240, 244–249; 12.38; 13.204; 14.346).

Untersucht wurden zunächst Blattläuse von Kirschen, Pfirsichen, Kuranten und Pflaumen, inklusive des Versuches, einige von Kirschblättern auf Kurantenzweige zu übersiedeln (Leeuwenhoek 1939–1999, 10.268–301). Es folgten vergleichende Beobachtungen zu den Blattläusen von Rosen und Kirschen (ebd. 11.68–75), Linden (ebd. 12.32–39) sowie Dörrpflaumen, Kuranten und Haselnuss (ebd. 13.202–225). Zur Ernährung siehe ebd. (13.202).

Zu Beginn vermutete Leeuwenhoek (1939–1999, 10.278–281, 298–301) sogar, dass auch die Eier im Inneren der Blattläuse von Ameisen stammen könnten. Erst spätere Beobachtungen zeigten dann, dass diese von Schlupfwespen stammten und ließen Leeuwenhoek über die starke Abhängigkeit bestimmter Insekten voneinander staunen (ebd. 11.72).

Die „besondere“ Art der Fortpflanzung stellte Leeuwenhoek (1939–1999, 10.270–289) bereits bei seinen ersten Beobachtungen der Blattläuse fest.

Die Ostindien-Kompanie wird in Leeuwenhoeks Korrespondenz das erste Mal im Oktober 1687 erwähnt, als Leeuwenhoek das Gift des indischen Tausendfüßlers untersuchen wollte (Leeuwenhoek 1939–1999, 7.126), die Kompanie stellte ihm später zudem einen Skorpion und einen weiteren Tausendfüßler zur Verfügung (ebd. 12.324–329; 13.48–55). Dann führte Leeuwenhoek die angesprochenen Untersuchungen im Speicher durch und machte den Vorschlag, den Schädlingsbefall durch Streichen der Wände zu bekämpfen (ebd. 10.194, 208–211; 11.220–257). Es folgten zudem weitere Beobachtungen (ebd. 11.310–315; 12.60–63, 286–291).

Für einen Überblick über die späteren Streitigkeiten, die neben der Bestimmung des Ursprungs, später auch die Frage nach der Geschlechtlichkeit der Insekten umfassten, siehe Ratcliff (2009, 58–69).

Die diesbezüglichen Briefe vom August und September 1685 sind verloren, wurden aber zum Teil 1687 zitiert (Leeuwenhoek 1939–1999, 5.272–275; 7.136–155). Wann genau der Umschwung in Leeuwenhoeks Interpretation eintrat ist deswegen schwer auszumachen. Des weiteren scheinen die entsprechenden Beobachtungen von Boyle nicht an die Royal Society weitergeleitet worden zu sein. Zum einen war hier die Frage durch Beobachtungen schon im Juni 1685 geklärt worden (Birch 1756–1757, 4.405, 411), zum anderen erregte ein späterer Brief Leeuwenhoeks 1687 keinerlei Diskussion (ebd. 4.556). Bei seinen Untersuchungen von Muskat stieß Leeuwenhoek (1939–1999, 10.198–203) später auf einen weiteren Stoff, der auf Milben abschreckend bzw. tödlich wirkte.

Leeuwenhoek (1939–1999, 14.322–355; 15.14). Ein Artikel aus den Philosophical Transactions (16.1686–1692, Nr. 193, 502–504), den er in diesem Zusammenhang zitierte, enthielt bemerkenswerterweise nichts über die Fortpflanzung der Läuse.

„Sed notandum & hoc, hyeme, & frigidioribus tempestatibus exanguia aliqua (qualis est Cochlea) nihil pulsans habent, sed vitam magis plantae agere videntur, ut etiam reliqua que plant-animalia ideo dicuntur“ (Harvey 1628, 28). Später heißt es an anderer Stelle: „Cor non in omnibus animalibus invenio distinctam esse, & separatam particulam, alia enim (quasi dicas) plant-animalia cor non habent, quia quaedam animalia sunt frigidoria, exiguae corpulentiae, mollioris textur[a]e, similaris cuiusdam constitutionis, ut erucarum genus & Lumbricorum, & quae ex putredine oriuntur [...]“ (ebd. 64).

Der Nachweis von Sehorganen wird bei Odierna (Pighetti 1961, 324) zwar kurz erwähnt, dient aber vor allem dazu, sich von der naturhistorischen Tradition abzugrenzen (s.o. S. 37).

Verglichen werden die Augen von verschiedenen Fliegen, Moskitos, Ameisen, Schaben, Schmetterlingen, fliegenden Heuschrecken und Bienen (Pighetti 1961, 324–325). Der Auflösung des materiellen Kontextes entspricht auch die Reihung der Darstellungen vom ganzen Fliegenkopf über das abgetrennte Auge hin zum zerteilten Auge (ebd. 330).

„Ond'io, per primo Arcano della mia osseruatione, sti/mo che la sensatione del vedere, in quest'Animaletti, si produchi nell'istessa sustanza cerebrola, che risiede nell mezzo dell'Organo visiuo. E à creder ciò m'induce il vedere che nei capi di questo, non trouo altra sustanza cerebrosa, eccetto quella che occupa il centro dell'Occhio, e vien chiusa e terminata dall'vuea“ (Pighetti 1961, 327).

„Per terzo Arcano, si manifesta, ch'essendo l'Occhio degl'insetti, assai prominente, in rispetto all'Occhio humano, e potendosi d'ogni banda introdure le specie all'vuea, è necessario che vedano, e scorgano egualmente tutti gl'obbietti circostanti nell'emisfero, anzi maggior portione d'vn Emisfero; il che à noi non è concesso, eccetto scorgere quelli obbietti, che perpendicolare, vedendo il resto dell'Emisfero assai confusamente. Onde possiamo dire che essi, ne vedere sono più circonspetti“ (Pighetti 1961, 327–328). Im Anhang der Schrift werden zudem einige Besonderheiten von Augen größerer Lebewesen erwähnt, diese aber nicht direkt mit denen der Insekten verglichen (ebd. 333–334).

Vgl. die von Odierna übernommenen Beobachtungen an der Fliege (Borel 1656a) mit seinen eigenen Beobachtungen (ebd. XII, XXXIV, XC).

Borel (1656a). Man beachte die explizite Erwähnung des Blutkreislaufes (ebd. XI).

Borel (1656a). S.o. S. 5758.

Power (1664, 1–15).

Zu den Augen siehe Hooke (1665, v.a. 175–180). Ferner wurden als äußere Organe die Beine und Flügel verschiedener Insekten beschrieben (ebd. 169–174). Die Bemerkungen zu den inneren Organen beschränkten sich auf Beobachtungen von Insekten mit transparentem Thorax (ebd. 211–215).

Belloni (1967, 281) und Meli (2011a, 41–42) vermuten sogar ausgehend von Übereinstimmungen bei den verwendeten Techniken, dass Malpighi direkt durch Odiernas Beobachtungen inspiriert worden war.

„Pulmonariae molis divisio communiter sumitur à figura, & situ; duas enim habet partes intercedente mediastino, quae iterum in duos lobos in hominibus, praecipuè non rarò subdividuntur, in brutis autem multiplicantur. Mirabiliorem & altiorem observavi divisionem, pulmonum enim moles lobulis penè infinitis propria membrana circumseptis [...] conflatur [...] Ulterius cum frequenter vesiculas [...] in istis interstitiis observaveram, item in animalibus senibus, & aliis quibusdam morbo extinctis, puncta quaedam nigra [...]“ (Malpighi 1687, 2.322).

Mit Bezug auf die Beobachtungen an Fröschen und Schildkröten schrieb Malpighi: „Ex his igitur prima problemata resolvenda ex analogia, simplicitatèque qua utitur natura in suis operibus colligi potest rete illud, quod alias nerveum credidi vesicis, & sinibus immixtum vas esse deferens sanguineum corpus, seu idem efferens, & quamvis in perfectorum animantium pulmonibus in medio annulorum retis aliquando vas definere, & hiare videatur , probabile tamen est, prout sit in cellulis ranarum, & testudinum, illud vas minima ulterius propagata vasa ad modum retis habere, quae propter exiguitatem suam exquisitam etiam sensum effugiant“ (De pulmonibus (1661: Malpighi 1687, 2.329)).

Vgl. die Ausführungen in De cerebro (1665: Malpighi 1687, 2.115–118), die zudem auch auf Schildkröten Bezug nahmen, und De viscerum structura (1666: ebd. 2.269–270, 273).

Siehe De lingua (1665: Malpighi 1687, 2.167).

De externo tactus organo (1665: Malpighi 1687, 2.201, 203–204).

De viscerum structura (1666: Malpighi 1687, 2.251–254).

De viscerum structura (1666: Malpighi 1687, 2.279–281, 284).

De viscerum structura (1666: Malpighi 1687, 2.291, 292 294, 297, 301).

De pulmonibus (1661: Malpighi 1687, 2.329–330); De cerebro (1665: ebd. 2.116).

„Ex his, & consimilibus [...] cùm necessarium in animalibus sanguineis pulmonum opem conspicerem, & his otiantibus in foetu quandam molem in mulieribus uterinam placentam dictam, in quam ultimo terminantur umbilicalia vasa viderem, non incongruè fortasse credidi, hanc esse pulmonum vicariam, per hanc enim consimili ramificatione excurrunt propagata vasa, & à matre exsudans humor albus advenienti copioso sanguini per umbilicales arterias, ità exacte miscetur, ut jam factus sanguis ad cor iterum rehevatur, & indè in universum corporis habitum“ (De pulmonibus (1661: Malpighi 1687, 2.325)). Für die eher illustrativen Vergleiche siehe ebd. (2.329–330).

„hae [papillae] in bove, caprâ, ove, & ipso etiam homine, ex configuratione, & magnitudine sunt in triplici discrimine: observantur enim aliquae grandiores, quae ad latera praecipuè apicis linguae situantur [...] in basis autem lateribus aliquae, & insigniores: Hae substantia, & figura videntur aemulari cornua emissilia, & conductilia, quae in limacibus conspiciuntur [...] Exordium habent à nervoso & papillari corpore, continuitas enim, eadem accidentia, & substantia modus in utrisque consimilis observantur [...] Succedunt alterius ordinis papillae copiosiores exaratis [...] Circa basim linguae in cornuum situ papillae nervae enarratae foràs eminentes mutant figuram, & obtusiores, mox subrotundae, & depressiores fiunt, & harum insigniores non valdè absimiles sunt iis, quae ad radices dentium in buccis observantur“ (De lingua (1665: Malpighi 1687, 2.167)). Der Vergleich mit der Struktur von Zähnen war bereits kurz zuvor gezogen worden (ebd. 1.166). Dies deutet an, dass Malpighis Beobachtungen zu Knochen und Zähnen, die erst in seinen posthumen Werken (Malpighi 1697) veröffentlicht wurden, 1667 nicht erst begannen (vgl. Adelmann 1966, 1.321), sondern vielmehr intensiviert wurden.

De externo tactus organo (1665: Malpighi 1687, 2.201–204).

„Omentum conflatur quidem ex tenui extensa membrana, sed in sacculos, strias, seu mavis amplum vas excavata, & propagata [...] ea tamen lege, ut è tot stria, seu sacculo, minimi lobuli, diversae figurae pinguedine referti, propriis vasis irrigati, propriáque membrana obvelati, ut in pulmonaribus ramificationibus ex sibi invicem adaptis lobulis alias observavimus, contineatur, & investiantur. [...] observamus protuberantes, & elatas hujusmodi strias, quae in minores proportionaliter descrescentes in vasorum modum undique spargantur, & nonnumquam propagines ramis, & sinibus sibi invicem anastomosi occurrunt [...]“ (De omento (1665: Malpighi 1687, 2.228)). – „Cujus naturae sint haec corpora per Omentum copiosè dispersa, ambiguum videbitur, eò quia ob ipsorum exiliatem, & pinguedinis lentorem ligaturae administrari nequeunt, ideò quibusdam sensatis conjecturis ratione duce, incedendum venit“ (De omento (1665: Malpighi 1687, 2.230)). In seiner Vita schätzte Malpighi dieses Werk folgendermaßen ein: „Varia continentur in exarato opusculo, de quibus adhuc dubius sum. [...] Vasorum autem, seu ductuum adiposorum existentiam non adhuc integre afferere audeo, licet circa ipsa ex inde sollicitus plurimum me exercuerim“ (Malpighi 1697).

Dies lässt sich ausgehend von den Feststellungen erschließen, dass die Leber in gewisser Weise der Lunge zu ähneln schien (De viscerum structura (1666: Malpighi 1687, 2.253)), das Hirn wiederum der Leber (ebd. 2.271), und die Milz schließlich sowohl der Leber (ebd. 2.293) als auch der Lunge (ebd. 2.297–299).

De cerebro (1665: Malpighi 1687, 2.120–122); De viscerum structura (1666: Malpighi 1687, 2.275, 277).

Dies betraf die Verbindungen zu Milz, Magen, Hoden, Herz und Nieren (De omento (1665: Malpighi 1687, 2.230–232, 240–242)). Ferner wurden die Beobachtungen durch Vergleiche mit Knochenmark ergänzt, da dieses eine ähnliche Struktur wie Fett aufwies (ebd. 2.236).

In De cerebro finden sich anders als in den anderen Epistolae anatomicae keine Ausführungen zur Funktionsweise des Gehirns (vgl. Malpighi 1687, 2.113–124). Diesbezügliche Passagen in De viscerum structura beschränken sich auf die Hirnrinde, die als eine Art Filter verstanden wurde (ebd. 2.275–277). Bezüglich der Funktion der Fetthaut schrieb Malpighi: „Quare dicere quidem possumus, Mesenterium esse Adiposum, quo è Ventriculo, & tenuibus aliquando Intestinis elabens, seu percolata oleosa substantia per propria vasa, seu ductus transferatur, propriis etiam cellulis conservetur ad usus soli naturae fortè notos“ (ebd. 2.237).

Leeuwenhoek (1939–1999, 1.32–39).

„De lever van een schaep, en van een vet, en bloetrijck Koebeest, sijn bij mij geobserveert, ende bevinde die mede te bestaen, uijt seer kleijne Clootgens, welcke clootgens haer soo kleijn vertonen, als de clootgens van het bloet [...] De Hersenen van een Koebeest bij mij geobserveert, bevinde de Witte substantie, mede te bestaen, uijt seer subtijle clootgens [...]“ — „Again, I have observed the Liver of a Sheep, and that of a fat pletorick Cow, and they also consisted of very small Globuls, which appear’d so little as those of Blood [...] The Brains of a Cow being viewed by me, I found the White substance thereof to be made up also of very fine Globuls [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.106–107). S.a. die späteren Beobachtungen von Hirn (ebd. 1.214, 216–225) und Leber (ebd. 1.214), ferner die damit verbundenen Beschreibungen von Rückenmark (ebd. 1.108–109, 2.224–227) und Fett (ebd. 1.124–127) sowie die vorangegangenen Beobachtungen an Zähnen und Knochen (ebd. 1.86, 104). Weitere Beobachtungen von Organen und ihren Globen umfassten Augen (ebd. 1.138–151), Nerven (ebd. 1.150–153, 192–195, 214–217, 268–271), Harnblasen (ebd. 1.182) und Fleisch bzw. Muskeln (ebd. 1.182; 2.212–215, 314).

„Ick heb in mijn missive vanden .........geschreven hoe dat het been bestont uijt doorschijnende globulen, dit selffde heb ick aen verscheijde Heeren laten sien, die dit alle hebben toe gestaen, en estimeerden soo danigen vergroot glas, dat soo scharp sagh, seer hoogh; Jn dit gevoelen ben ick gebleven tot primo Meij [...] in dit ondersoeck heb ick gesien, dat de globulen, die ons seer naeckt voor de oogen schenen, en wij seeckerlijck mosten oordeelen, dat globulen waren: daer in quamen te dwalen, en voornamentlijck doen ick glasen gebruijckten, die veel scharper sagen, en meerder vergrootende waren, want doen konde ick seer klaer en naeckt sien, dat het gantsche been was te samen geset, uijt uijtsteeckende seer kleijne doorschijnende pijpjens.“ — „In my letter of .........I wrote to tell you that bone consists of transparent globules. I also demonstrated this to several gentlemen who all attested this and had a high opinion of a magnifying glass through which things were seen so sharp. I adhered to this opinion till the first of May [...] During this examination I found that we erred with regard to the globules, which we imagined to see so distinctly that we could not but take them for globules; especially when I used much stronger glasses, with greater magnification, for then I could see quite clearly and distinctly that the whole tooth was made up of very small transparent pipes“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.366–369). Der Verweis auf einen früheren Brief ist im Manuskript ohne Datum, zu beachten ist ferner, dass auch in früheren Beobachtungen nicht zwischen Zahn und Knochen unterschieden wurde. Bezüglich des Zweifels an den Globuli in Muskeln und Augen bei späteren Beobachtungen siehe ebd. (3.385–387; 4.225–227).

Rückenmark und Harnblase wurden in Leeuwenhoeks späterer Korrespondenz nicht mehr erwähnt, Untersuchungen der Leber hingegen nur noch im Zusammenhang mit Parasiten (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.416–419; 13.4; 14.252–258). Spätere Beobachtungen des Gehirns führten nicht zu einer ähnlichen Revision seiner Struktur aber zu einer Verlagerung zurück auf Insekten (ebd. 4.254–281; 10.128–131; 12.228–231). Auch bei Fett (ebd. 1.288; 15.300) und Nerven (ebd. 1.334; 5.320–323; 12.227–229) wurden keine Korrekturen für notwendig erachtet.

Leeuwenhoek ging von Anfang an davon aus, dass jedwede Haut aus Schuppen bestehen würde. Diese würden zu Schichten verbunden werden, die einerseits abgenutzt, andererseits wie bei pflanzlichem Wachstum durch darunter wachsende Schichte ersetzt werden würden (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.112–115, 370). Diese Idee war wahrscheinlich von der schuppigen Haut bestimmter Fische inspiriert, auch wenn Beobachtungen zu diesen erst später in seiner Korrespondenz auftauchten (ebd. 4.140–151). Neben diesen untersuchte Leeuwenhoek mehrfach seine eigene Haut (ebd. 2.382–387; 4.168–171) sowie von Menschen mit Hautkrankheiten (ebd. 4.176–181, 286–293) oder anderer Hautfarbe (ebd. 2.238; 4.244–251). Ein Problem für seine Theorie stellten Aale und Brassen dar, da diese über eine schleimige Haut verfügten: Zunächst charakterisierte Leeuwenhoek diese im Juli 1684 als einen bloßen Überzug auf der eigentlichen Haut (ebd. 4.292–299). Nach weiteren Beobachtungen änderte er seine Ansicht im Oktober 1685 dahingehend, dass auch auf dieser Schleimhaut eine Art Schuppen zu finden wäre, nebst Gefäßen, die für deren Wachstum verantwortlich seien. Auch in diesem Fall wurde analog die Interpretation der Strukturen beim Menschen korrigiert (ebd. 5.326–339). Im April 1686 wurde dies ausgehend von der Haut des Stintes erneut modifiziert, da Leeuwenhoek meinte hier einen Hinweis darauf zu erkennen, dass die Schuppen einzeln von ihrem Zentrum aus wachsen würden (ebd. 6.32–43). Schließlich änderte er 1696 seine Interpretation ausgehend von den unregelmäßigen Schuppen bei einem Aal ein drittes Mal und nahm (wiederum in Analogie zu Pflanzen) ein jährliches Wachstum der Schuppen an, die sich dann nach einer Pause mit neuen Schuppen verbinden würden (ebd. 11.108–113).

Nach einigen frühen Beobachtungen (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.108, 182; 2.210–213, 315) an nicht näher spezifizierten Muskeln von Rindern und Fischen schilderte Leeuwenhoek im März 1682 die Beobachtungen an Ochsenzungen, in denen er die Globuli als Schrumpfungen der Fasern verstand (ebd. 3.384–397). Das Gleiche stellte er im Anschluss für verschiedene Körperteile von Rindern, Aalen und anderen Fischen, Hasen, Austern, Schrimps und Hummern fest (ebd. 3.397–411, 420–431). Siehe auch die späteren Beobachtungen von Flöhen, Läusen und Fröschen, die explizit davon ausgingen, dass bei allen Tieren die gleichen Strukturen vorliegen würden (ebd. 4.18–21, 26–29, 84–87). Im April 1694 wandte sich Leeuwenhoek auf Bitten eines unbekannten Professors erneut dieser Frage zu und untersuchte erneut Ochsenzungen, aber auch die Herzen von Schafen, Ochsen, Enten und Dorschen. Hier wurden die Fasern nicht erwähnt, jedoch eingangs darauf hingewiesen, dass eine detailliertere Untersuchung zu viel Arbeit für Leeuwenhoek dargestellt hätte (ebd. 10.66–85).

Die erste Bemerkung zur Zirkulation findet sich bemerkenswerterweise in einer Beschreibung eines Eichenblattes (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.288), ab November 1683 wurden dann Versuche erwähnt, den Blutkreislauf direkt zu beobachten; zumeist an Insekten (ebd. 3.308–313, 326; 4.78, 258–263). Ein erster Hinweis auf das Gelingen dieses Vorhabens folgte erst im Juli 1688 (ebd. 7.276), gefolgt von einer langen Reihe von Beobachtungen an Fröschen (ebd. 8.20–27, 36–41; 12.336–351; 13.16, 340–343), Fischen (ebd. 8.40–53, 68–81, 94–105, 110–115, 132–135; 10.256; 11.308–311; 12.240–249; 13.132–137, 140–153; 14.4–9, 146), Krabben (ebd. 10.148–151, 168–177) und Eidechsen (ebd. 13.26–35).

„En moet tot Hare Hoogh Ed: seggen, dat ik uijt alle de observatien die ik hebbe gedaan, soo ontrent de kik-vors, Visschen, en Vleer-muijs, waar in ik mij de loop ofte circulatie van het bloet seer naakt hebbe voor de oogen gestelt; beelde ik mij sekerlijk in, dat de circulatie van het bloet, in alle Dieren, op eenderleij wijse wiert te weeg gebragt. Dog ik hebbe egter mijne observatien gecontinueert, omme was het mogelijk, in andere dieren den ommeloop van het bloet mede te ontdekken. Maar het is mij doorgaans gemist, alleen, om dat de deelen vande Lighamen, die ik quam te observeren, te dik waren.“ — „And I must tell Your Honours that, from all the observations which I have made, both in the frog, Fishes, and Bat, wherein I have very clearly put the course or circulation of the blood before my eyes, I have formed the positive conviction that the circulation of the blood in all Animals is caused in one and the same way. But I have nevertheless continued my observations, in order, if possible, to discover the circulation of the blood also in other animals. But I have generally failed in this, merely because the parts of the Bodies which I came to examine, were too thick“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 8.192–195). Siehe auch die erfolglosen Beobachtungen von Säugetieren und Vögeln (ebd. 8.154–169, 192–195, 200–203; 12.94–97), Schnecken (ebd. 12.184) und Skorpionen (ebd. 12.324).

„Vorders heb ik in gedagten genomen, of de bloet-vaaten, die inde geseijde wieken sijn, niet en bestonden uijt arterien en venae. Dog ik heb niet konnen sien, datter meer dan eenderleij vaaten, door de wieken liepen, hoe menigderleij soort van dese schepselen ik ook quam te observeeren, als alleen, dat ik mij inbeelde eens gesien te hebben, in het dunste vande wiek van een Sprink-haan, dat op de groote vaaten, die digst aan het lighaam geplaast lagen, een ander soort van vaaten lag. Wijders stelde ik vast, datter geen circulatie van het bloet inde wieken was [...]“ — „I then considered whether the blood-vessels in the said wings did not consist of arteries and veins. But I could not see that there were vessels of more than one kind running through the wings, however many species of these creatures I observed; only in one case did I imagine I had seen, in the thinnest part of the wing of a Grasshopper, that there were vessels of a different kind lying on the large vessels placed closest to the body. I further assumed it to be certain that there was no circulation of the blood in the wings [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 9.62–63). Siehe auch die Analogie zu pflanzlichen Gefäßen (s.o. S. 103, Fn.) und die vorangegangenen und späteren Beobachtungen (ebd. 9.54, 56–63; 168, 292–295; 13.320–323, 344, 358). Man beachte aber, dass die engl. Übersetzung in den letzten Abschnitten an wichtigen Punkten zu großen Teilen fehlerhaft ist und Leeuwenhoeks Bemerkungen zu Bewegungen des Blutes ohne Differenzierung durchweg mit „circulation“ wiedergibt.

„Als het nu mogelyk was, dat we den loop van het bloet in die vaaten konden sien loopen, en circuleeren, ende daer benevens dat beschouwen, hoe de vaaten de stoffe uit de Chyl overnamen, wat zouden we dan verbaest staen, over zoodanige uitwerkingen, daer we nu alleen ons moeten vergenoegen, met inbeeldingen daer van in onse herssenen te smeden.“ — „If it were possible for us to see the course and the circulation of blood in those vessels and moreover to see how the vessels took over the substance from the Chyle, how astonished we should be about these operations, whereas now we have to content ourselves with making mental imagination of it“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 12.96–97).

Siehe z.B. noch die Ausführungen bei Aldrovandi (1602, 701).

„Quis credere posset acetu[m], & lac innumerabili multitudine vermiu[m] scatere, nisi id smicroscopia ars hisce ultimis temporibus summa omnium admiratione docuisset?“ (Kircher 1646, 834).

Kircher (1646, 834).

Kircher (1658, 39, 42, 45, 50–51 141–142). Zur Idee des Contagium vivum siehe Wilson (1995, 140–175, bes. 148–153). Eine ähnliche Umkehrung der Verhältnisse in einer vermeintlichen spontanen Zeugung führte später auch Swammerdam durch, s.o. S. 91.

Borel (1656a).

„In Variolis etiam & Syronibus vermiculi latent, ut in cerasis, & fragis veteribus“ Borel (1656a). – „In Gonorrhea virulentia militis, seu in balano ejus, amicus meus, observavit Insectulum limaciformem, sed ferè invisibilem [...]“ (ebd. LIII).

Der entsprechende Kommentar befindet sich jedoch nicht in der Beobachtung zum Blut, sondern im Abschnitt über Essig (Borel 1656a). Auch in seinen medizinischen Beobachtungen, auf die er an dieser Stelle verwies, erwähnte Borel die Animalcula: „Ceti, seu baleni morpha animalia in sanguine humano tanquam in rubro Oceano natant [...] Existimandum est haec insecta (pedibus enim carent) ad usum corporis animalium perfectorum creata fuisse, utpote ad pravum sanguinem hauriendum vel, &c.“ (Borel 1656b, Cent. III, Obs. IV). Die Verwendung eines Mikroskops wird in diesem Text jedoch nicht erwähnt.

Borel (1656a). Das Fehlen entsprechender Bezüge fällt besonders dann auf, wenn Animalcula- und Insektenbeobachtungen aufeinander folgen (ebd. XXXVIII–XXXIX), sowie im Falle eines Insektes, das laut Borel aus einem Feigenblatt entstehe (ebd. LXVIII).

Dies trifft interessanterweise auch auf die Beschreibung von Käsemilben zu, die ausgehend von der Annahme ihrer spontanen Zeugung und des Fehlens einer Benennung scheinbar eher zu den Animalcula gezählt, aber hinsichtlich ihres Äußeren auch mit Stachelschweinen verglichen wurden (Borel 1656a).

Hooke (1665, 123). Die Frage der Animalcula im Blut hatte die Royal Society allerdings schon spätestens seit Juli 1663 beschäftigt und tauchte in ihren Sitzungen noch bis 1677 immer wieder sporadisch auf (Birch 1756–1757, 1.279, 449; 3.383–384).

Power (1664, 32–36).

„They are not to be found in all sorts of Vineger or Aleger, but onely in such, probably, as has arrived to some peculiar temper or putrefaction, of which I can give you no Characteristical Signs; for I have found them in all sorts of Vineger [...] and in all these sorts, you shall sometimes find none at all; and I have both found them, and also vainly sought them, in the former Liquors, at al[l] seasons and times of the year also“ (Power 1664, 32–33). Infolge der verschiedenen künstlich herbeigeführten Veränderungen im Essig starben die Aale entweder oder veränderten ihre Position im Glas (ebd. 34–35). Ferner nannte Power die mit dem bloßen Auge kaum zu registrierende Bewegung der kleinen Würmer als Beispiel für die innere Bewegung von Materie in der cartesianischen Naturphilosophie (ebd. 36).

„I shall add no other observations made on this minute Animal, being prevented herein by many excellent ones already publish’d by the ingenious, Doctor Power, among his Microscopical Observations [...]“ (Hooke 1665, 217). Zur Einschätzung von Powers Beobachtungen in anderen Fällen s.o. S. 28, Fn.

„For by it we have a very good instance of the curiosity of Nature in another kind of Animals which are remov’d, by reason of their minuteness, beyond the reach of our eyes, so that as there are several sorts of Insects, as Mites, and others, so small as not yet to have had any names; (some of which I shall afterwards describe) and small Fishes, as Leeches in Vineger; and small vegetables, as Moss, and Rose-Leave-plants; and small Mushrooms, as mould: so are there, it seems, small Shell-fish likewise, Nature shewing her curiosity in every Tribe of Animals, Vegetables, and Minerals“ (Hooke 1665, 80). Für die eigentlichen Beobachtungen siehe ebd. (216–217).

Hooke (1665, 217). Ähnlich wie bei Power findet sich auch hier ein zusätzliches naturphilosophisches Moment, nämlich Überlegungen hinsichtlich der Geschwindigkeit von Bewegungen im Zusammenhang mit der Dichte des Mediums; eine Überleitung zum folgenden Abschnitt über optische Phänomene in der Atmosphäre (ebd. 217).

„That as the Liquor (dropt upon your object-plate) spends and dries up, so you shall see those little Quicks to draw nearer and nearer together, and grow feebler in their motion; and when all the Vineger or Alegger is dried away, then they lie all dead, twisted and complicated all together, like a knot of Eels, and af[t]er a little time dry quite away to nothing“ (Power 1664, 34).

„Taking several of these out of their Pond of Vinegar, by the net of a small piece of filtring Paper, and laying them on a black smooth Glass plate, I found that they could wriggle and winde their body, as much as almost a Snake, which made me doubt whether they were a kind of Eel or Leech“ (Hooke 1665, 217).

Nach einleitenden Bemerkungen zum Berkelse Meere schrieb Leeuwenhoek im September 1674 an Oldenburg: „[...] ende nue laest inde voornoemde meer varende [...] nam ick in en glase flesje, een weijnich water mede, dit des anderen daeghs observerende, bevonde ick daer in te drijven, verscheijde aertsche deeltgens, ende eenige groene ranckjens [...] ende daer beneffens, seer veel kleijne diertgens, daer van eenige waren rontachtich, die een weijnich grooter waren, bestonden uijt een eijront; aen dese laeste heb ick twee beentgens gesien, ontrent het hooft, ende aen het achterste van het lichaem, twee vinnetgens, andere waren wat langer als een eijront, en dese waren seer traegh int bewegen, en weijnich in getal; dese voor verhaelde diertgens bestonden uijt verscheijde couleuren, als eenige witachtich ende doorschijnende andere uijt groene seer glinsterende schibbetgens, andere weder int midden groen, en voor en achter wit, andere uijt asgraeuw; ende de bewegingh van meest dese diertgens, was soo snel int water, ende met soo veel verscheijde bewegingen, soo om hoogh, als na om laegh, ende inde ronte, dat het verwonderens waerdich was om sien, en ick oordele dat eenige van dese diertgens, meer als duijsent mael kleijnder waren, als de kleijnste diertgens, dat ick tot noch toe, op de korst van de kaes int tarwen meel, in Schimmel, ende etc. heb gesien.“ — „Passing lately over this Sea [...] I took some [water] in a Glass-vessel which having view’d the next day, I found moving in it several Earthy particles, and some green streaks [...] among all which there crawled abundance of little animals, some of which were roundish; those that were somewhat bigger than others, were of an Oval figure: On the latter I saw two leggs near the head, and two little fins on the other end of their body: Others were somewhat larger than an Oval, and these were very slow in their motion, and few in number. These animalcula had divers colours, some being whitish, other pellucid; others had green and very shining little scales: others again were green in the middle, and before and being white, others grayish. And the motion of most of them in the water was so swift, and so various, upwards, downwards, and round about, that I confess I could not but wonder at it. I judge, that some of these little creatures were above a thousand times smaller than the smallest ones, which I have hitherto seen in the rind of cheese, wheaten flowers, mould, and the like“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.162–165). Man beachte, dass im niederländischen Original unklar ist, ob es sich bei den „rundartigen“ und den „eirunden“ Animalcula um ein und dieselbe Art handelt, die englische Übersetzung, die vermutlich von Oldenburg angefertigt wurde, dies hingegen nahelegt (vgl. auch die alternative Übersetzung bei Dobell (1960, 110)). Für weitere dieser kurzen Mitteilungen über Animalcula siehe ebd. (1.330, 346; 2.14) und für die Kenntnis von Essigaalen ebd. (2.124).

Nachdem die ersten Beobachtungen im September 1675 an Regenwasser erfolgt waren, das einige Tage in einem Porzellangefäß gestanden hatte, trug Leeuwenhoek im folgenden Mai dafür Sorge, dass ein neues Glas einige Male vom Regen ausgespült wurde, der vom Dach lief, bevor er das in ihm aufgefangene Wasser untersuchte. Zusätzlich sammelte er eine gewisse Menge Regenwasser in einem gleichfalls ausgespülten, freistehenden Porzellangefäß (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.64, 72–75). Hinsichtlich seiner Untersuchung von Meerwasser im Juli 1676 merkte er an: „[...] jk heb aen seeker Persoon, die in zee ging om hem te wassen, een nieuw glase flesje, bij mij tot dien eijnde gecogt, mede gegeven, en versogt, dat hij in zee sijnde, het selvige twee a drie mael soude uijtspoelen, en dan het vlesje vol water doen, dit soo op mijn ordre volbragt sijnde, heb ik het met een schoon blaesje digt toegebonden [...]“ — „I gave to a man, that went into the Sea to wash himself, a new Glass-bottle, brought on purpose for that end, intreating him, that being on the Sea, he would first wash it well twice or thrice, and then fill it full of the Sea-water; which desire of mine having been complied with, I tyed the bottle close with a clean bladder [...]“ (ebd. 2.86–89).

Den Ausgangspunkt der Beobachtungen waren hierbei die Untersuchung von Pfefferkörnern (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.90–125), die bereits mehrmals zuvor Gegenstand von Leeuwenhoeks Beobachtungen gewesen waren (ebd. 1.164, 264) und im späteren Verlauf des Briefes erneut detailliert beschrieben wurden (ebd. 2.128–131). Zudem wurden Lösungen mit Ingwer, Nelken und Nussschalen auf Animalcula untersucht (ebd. 2.134–137, 142–149, 150–155). Von diesen Gewürzen sollte jedoch in späteren Untersuchungen fast nur noch der Pfeffer eine größere Rolle spielen (ebd. 2.252–271, 318–321; 3.192, 260–267; 7.94–97). Zwar stellte Leeuwenhoek schon früh Übereinstimmungen verschiedener Flüssigkeiten hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Animalcula fest (ebd. 2.94, 100, 152), weil ja auch in dem für die Lösungen verwendeten Wasser meist schon Animalcula zu erkennen waren (z.B. ebd. 2.110, 118, 148). Es gab aber auch Fälle, in denen ihm Lebewesen auffielen, die scheinbar nur in einer bestimmten Lösung auftraten bzw. nicht eindeutig mit bereits bekannten Animalcula identifiziert werden konnten (ebd. 2.110, 112, 134, 136).

„deselve diertgens in soo een groote menigte siende toenemen, en daer aen niet cunnende bespeuren, dat deselve in groote toenamen, nog dat ik eenige diertgelijke schepselen in het water had sien drijven, heb ik gedagten gehad, of deselvige niet wel in een moment des tijts (om so te spreeken) en waren te samen gestelt, dog ik geef dit aen anderen over.“ — „Observing, that these creatures did augment into vast numbers, but not being able to see them increase in bigness, and neither having seen any such creatures in the water, I began to think whether they might not in a moment as ’twere be composed or put together: But this speculation I leave to others“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.100–101). Man beachte, dass diese recht freie Übersetzung (siehe meine Hervorhebungen) auf folgender Ansicht der Herausgeber beruht: „this investigator always rejected the doctrine of spontaneous generation. It is therefore inconceivable that L. would now have recourse to it“ (ebd.). Dahingegen scheint gerade aufgrund der Neuheit der Erfahrungen eine ähnliche Interpretation wie bei Dobell (1960, 136) naheliegend; nämlich dass Leeuwenhoek hier schlichtweg seine Ratlosigkeit über die Entstehung dieser Animalcula zum Ausdruck gebracht haben könnte.

„dese menigvuldige aeltgens, in dit 10 deelen peperige water, en een deel asijn siende, heb ik mij selven vast gejmagineert, dat deselve niet voortgebragt waren, uijt eenige deeltgens die in het peperige water mogten sijn, nog ook schoon die inden asijn mogten sijn gewest, dat deselvige met het peperige water, als onbequaem soude sijn geworden, tot voortbrenginge van levende schepsels, maer mij vastelijk ingebeelt, dat de geseijde aeltgens, bij voor teeling, sodanig waren vermenigvuldigt, ik heb dan middelen gebruijkt om dese seer klejne diertgens te ontdecken [...]“ — „Seeing this multitude of little eels in the mixture of 10 parts pepper-water and 1 part vinegar, I imagined that surely they were not produced from any particles probably present in the peppery water nor yet from such as might have been in the vinegar, seeing that these, mixed with pepper-water, would have become unfit for the production of living creatures, but firmly believed that the said little eels had thus increased by procreation. I then employed means to discover these very little animalcules [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.126–127).

Siehe Leeuwenhoek (1939–1999, 2.150–152). Im Dezember 1678 schrieb Leeuwenhoek schließlich, dass alle Animalcula in Pfefferwasser auch in gewöhnlichem Wasser zu finden seien, wenn auch in geringerer Anzahl, und dass er den Pfeffer dementsprechend nur noch als Hilfsmittel für seine Beobachtungen ansah (ebd. 2.402).

Nach den erwähnten Beobachtungen werden sie in der Korrespondenz nur noch zweimal kurz erwähnt (Leeuwenhoek 1939–1999, 3.76; 5.10–13). Am deutlichsten wird der Kontrast zu anderen Animalcula sicherlich in den Beobachtungen von Rotifera, die über die erstaunliche Fähigkeit verfügten, nach mehreren Jahren in getrocknetem Zustand durch Zugabe von Wasser wiederbelebt zu werden (ebd. 7.95–97; 14.56–71; 15.64–83).

„Ik herinner mij, dat ik 3 à 4 jaar geleden, op verzoek van wijlen den Heer Oldenburg, mannelijk teelzaad heb onderzocht en dat ik toen de genoemde diertjens als globulen heb beschouwd [...]“ — „I remember that some three or four years ago I examined seminal fluid at the request of the late Mr. Oldenburg and that I then considered those animalcules to be globules [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.290–291). S.o. S. 6264.

„Jam quod ad partes ipsas, ex quibus crassam seminis materiam, quoad majorem sui partem consistere saepius cum admiratione observavi, ea sunt tam varia ac multa omnis generis magna ac parva vasa, ut nullus dubitem ea esse nervos, arterias et venas: imo tanta multitudine haec vasa vidi, ut credam me in unica seminis gutta plura observasse, quam Anatomico per integrum diem subjectum aliquod secanti, occurrunt. Quibus visis firmiter credebam nullo in corpore humano, jam formato, esse vasa quae in semine virili, bene constituto, non reperiantur“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.292–294; s.a. 2.366, 336–341). Der niederländische Originaltext dieses Teils des Briefes ist nicht erhalten, in späteren Fassungen wurde der ganze Abschnitt gekürzt, da Leeuwenhoek ihn nun als Irrtum einstufte und auch explizit widerrief (s.u.). Die hier zitierte lateinische Fassung erschien in den Philosophical Transactions (12.1678, Nr. 142, 1040–1043) und bildete die Grundlage für alle anderen zeitgenössischen Übersetzungen.

Für eine eher theoriegeschichtliche Interpretation dieses Wandels siehe Lindeboom (1982, 138–139) und Ruestow (1996, 250–259).

Diese Beobachtungen bezogen sich vermutlich indirekt auf Kircher, da Rom als Ort von entsprechenden Beobachtungen angegeben wurde (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.412). Möglicherweise war Leeuwenhoek von der Royal Society auf diese hingewiesen worden, in deren Sitzungen zuweilen noch über sie gesprochen wurde (s.o. S. 107, Fn.). Zu den „Gefäßen“ im Samen schrieb er in diesem Zusammenhang: „[...] wanneer mij de eerste mael de verhaelde vaaten int saet, te vooren quamen, heb ik aenstonts Fluijmen, Quijl, en Speecksel, geobserveert, omme te sien, off ick daer in diergel. conde sien, Maer neen, daer is het minste (daer na gelijckende) mij te vooren gecomen.“ — „[...] when I first saw these vessels in the semen, I at once examined phlegms, slaver and saliva, in order to discover if these contained anything similar. But I failed to see anything like them“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.338–339).

Leeuwenhoek (1939–1999, 2.340).

Christiaan Huygens hatte Darstellungen der Animalcula angefertigt, die er selbst in Pfefferwasser beobachtet hatte, diese wurden von Leeuwenhoek (1939–1999, 2.398–403) im Dezember 1678 kommentiert. Bezüglich der Globen im Dorschsamen schrieb er dann: „hier over was ick, als met verwonderingh verset, en stelde bij mij vast dat het levendige dieren waren [...] als wanneer ick weder door gaens twijffelde, en in gedachten nam, off dese beweginge, door de weghwasemde vochticheijt mochte veroorsaeckt werden, en heb dan te meer mael, onvermoeijlijck de gedaente van dese deeltgens trachten te bekennen, en heb eijntelijck mijn selven seer naeckt voor de oogen gestelt, dat het selvige dierkens waren, versien met een langer en dunder staert, als de dierkens in het Mannelijck saet van Menschen, Honden, Conijnen etc. [...]“ — „I was amazed at this and concluded that they were living animals [...] then I doubted again and again, and wondered whether this movement might be occasioned by the evaporating moisture. And indefatigably I tried several times to distinguish the form of these particles and at last found very distinctly that they were the same animalcules as those in the male sperm of human beings, dogs, rabbits, etc. [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 2.420–421).

Leeuwenhoek (1939–1999, 3.6–21).

„Maer waer sullen wij seggen, dat het saet van daen comt waer uijt de dieren voortcomen, die inde mannelijcke testicullen van dieren, vogelen, (en na alle aparentie van menschen) en inde hommen van visschen sijn. en dit is oock det eenichste waer in ick mij niet en kan voldoen, want soo wij stellen, datse van ons geboorte aen in onse lichamen sijn gewest, off selfs wel vande voorttelingh, soo souden mijns oordeels de saden geen 16. off meer jaren in ons lichaem connen blijven, sonder leven voort te brengen, want ick beelt mij vastelijck in, dat wanneer alsr dieren inde testicullen sijn, die leven hebben ontfangen, datter dan een lust comt tot de versamelingh [...]“ — „But whence shall we say that the seed springs from which the animals originate which are present in the testicules of beasts, birds (and apparently of human beings) and in the milt of fish. And this indeed, is the only point that I cannot satisfactorily solve. For if we assume that they have been in our bodies from our birth or even the moment of procreation, the seeds, in my opinion, could not remain in our bodies sixteen years or more, without producing life, for I certainly believe that, when there are in the testicles animalcules that have received life, there must be a desire for coition [...]“ (Leeuwenhoek 1939–1999, 3.78–81). Noch im April 1680 spekulierte Leeuwenhoek, dass die Samen-Animalcula im Gegensatz zu den Essigaalen wahrscheinlich aus Eiern schlüpften (ebd. 3.205).

Leeuwenhoeks Brief zu Pflanzensamen vom Mai 1679 liegt zeitlich nahe an den genannten Untersuchungen von Samenflüssigkeiten, ist aber leider nicht erhalten (Leeuwenhoek 1939–1999, 3.42–43). Dass Leeuwenhoek sich gerade zu diesem Zeitpunkt wieder mit Pflanzensamen beschäftigt hat, nachdem seine letzten bekannten Beobachtungen hierzu auf Mai 1677 (ebd. 2.226) datiert sind, legt einen engeren Zusammenhang nahe. Zu den späteren Analogien zwischen beiden Bereichen siehe ebd. (4.14–19; 5.236–239, 246–255; 7.386–389; 14.240–243).

Zwar konnte Leeuwenhoek schon im November 1680 auch in den Samenflüssigkeiten von Insekten Animalcula nachweisen, er ging hier aber noch nicht soweit, von einer Zeugung aus letzteren zu sprechen, sondern nutzte diese Gemeinsamkeit mit größeren Lebewesen lediglich, um gegen die Annahme einer spontanen Zeugung der Insekten zu argumentieren (Leeuwenhoek 1939–1999, 3.328). Die besagte Analogie wurde dann 1685 unter explizitem Verweis auf die Beobachtungen von Flöhen und Fröschen in den Vorjahren formuliert (ebd. 4.24–27, 56–65; 5.172–181).

Leeuwenhoek war die Zeugung eines „Gleichen“ (gelijk) bei Läusen bereits spätestens 1692 bekannt, und die in diesem Zusammenhang erwähnte Erinnerung an Notizen zur Fortpflanzung von bestimmten Regenwasser-Animalcula mag den Gedanken an spätere Analogien bereits andeuten (Leeuwenhoek 1939–1999, 8.318–321). Als Antwort auf Kritik von Martin Lister führte er dann 1699 entsprechenden Gedanken für die Samen-Animalcula aus (ebd. 12.314–321), die in anderen Briefen wiederholt werden sollten (ebd. 13.208–211, 240).

Bereits 1674 hatte Leeuwenhoek Schafslebern untersucht, und 1702 sollten noch einmal Erkrankungen dieser Tiere den Ausgangspunkt für Beobachtungen bilden (Leeuwenhoek 1939–1999, 1.106; 14.96–91). In der Zwischenzeit fand er Animalcula in seinem eigenen Kot und dem von Hühnern (ebd. 3.366–373) sowie in Blut und Exkrementen von Fröschen (ebd. 4.74–79; 13.18–23); ferner in den Eingeweiden von Aalen u.a. Fischen (ebd. 2.240; 9.146–153, 324–343; 11.162–169), in einem menschlichen Knie (ebd. 7.98–113), in Zahnstein und schadhaften Zähnen (ebd. 4.124–137; 12.192–195; 13.164–173), in Blattläusen und anderen Insekten (ebd. 10.298; 13.126) und in Muscheln (ebd. 11.96, 126–139). Dahingegen verstand er Mitesser als Auswüchse, die lediglich die Form von Würmern hätten (ebd. 3.358–365; 4.136–141). Ferner sind die Beobachtungen an Pflanzensäften zu erwähnen: Hier zeigten sich zum einen Partikel, die für Animalcula gehalten werden konnten (ebd. 1.306–109), zum anderen Lebewesen, die letztlich aus dem Regenwasser zu stammen schienen (ebd. 3.168, 196, 212–215, 230–233).

Bereits 1681 hatte Leeuwenhoek vermutet, dass die Animalcula, die er im Kot von Hähnen gefunden hatte, eigentlich zum Samen gehörten, zumal sich in den Fäkalien anderer Tiere zumeist keine Animalcula fanden. Zwei Jahre später fand er jedoch in Blut und Fäkalien von Fröschen Animalcula, die sich deutlich von denen in deren Samen unterschieden (Leeuwenhoek 1939–1999, 3.366–377; 4.60–63, 74–79). Im August 1695 berichtete Leeuwenhoek schließlich, wie er innerhalb der Schalen von Austern auf mikroskopische Lebewesen gestoßen war, welche denen glichen, die er schon häufiger in verschiedenen Wassern gefunden hatte (ebd. 11.36–39). Kurz darauf entdeckte er auch in Schwanenmuscheln eine große Vielzahl von Animalcula, von denen er einige für den Samen hielt, während er bezüglich der anderen nur spekulieren konnte, ob diese eventuell als Nahrung für die Muschel dienen könnten. Diese Annahme musste er jedoch noch vor Jahresende revidieren, da es nun eher so erschien, als würden die Animalcula ihrerseits die Muscheln verzehren (ebd. 11.93, 96, 128–135). Dennoch hielt Leeuwenhoek bei späteren Gelegenheiten daran fest, mikroskopische Lebewesen als Nahrung für größere Tiere zu verorten, und überlegte sogar, was wiederum die Nahrung dieser Animalcula sein könnte (ebd. 11.174; 12.388; 13.14; 14.172).